2.1 Bekanntgabe an Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter (§ 32 Abs. 1 Satz 1 ErbStG)

 

Rz. 6

Ein Testamentsvollstrecker ist eine i. d. R. vom EL ernannte Person, die die letztwilligen Verfügungen des EL auszuführen hat (s. §§ 2197 bis 2228 BGB und s. § 31 Rn. 19). Informationen über dessen Einsetzung erfolgen durch das Nachlassgericht.

 

Rz. 7

Ein Nachlassverwalter ist eine vom Nachlassgericht eingesetzte Person, die den Nachlass anstelle des Erben verwaltet und darüber verfügt (§§ 1975 bis 1992 BGB, s. § 31 Rn. 26). Gleichzeitig haftet der Erbe für Nachlassverbindlichkeiten nur noch mit dem Nachlass selbst und nicht mit seinem eigenen Vermögen. Informationen über Einleitung oder Aufhebung einer Nachlassverwaltung erfolgen durch das Nachlassgericht (s. § 31 Rn. 26).

 

Rz. 8

Entsprechend § 31 Abs. 5 ErbStG (s. § 31 Rn. 23 und s. § 31 Rn. 28) haben Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter abweichend von § 122 Abs. 1 Satz 1 AO – nach Aufforderung durch das FA, BFH vom 11.06.2013, BStBl II 2013, 924 – die Steuererklärung abzugeben (s. Siebert, ZEV 2010, 121). Ergänzend bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, dass sie auch Bekanntgabeempfänger des Steuerbescheids sind.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Testamentsvollstrecker bzw. Nachlasspfleger damit selbst zum Steuerschuldner wird. Die hinreichende Bestimmtheit eines an einen Vertreter adressierten Steuerbescheids erfordert daher, dass darauf hinzuweisen ist, dass der Bescheid dem Testamentsvollstrecker in eben dieser Eigenschaft bekannt gegeben wird (und der Vertreter nicht selbst als Steuerschuldner in Anspruch genommen wird). Sollte ein solcher Hinweis fehlen, führt dies jedoch nicht zur Nichtigkeit des Bescheids, wenn sich die Stellung des Bekanntgabeadressaten aus seiner allen Beteiligten bekannten Testamentsvollstreckereigenschaft ergibt und er unter keinen denkbaren Voraussetzungen als Steuerschuldner des mit dem Bescheid erfassten Erwerbs in Betracht kommen kann.

 

Rz. 9

Ein Testamentsvollstrecker kann nur insoweit Bekanntgabeadressat sein, als ihm zivilrechtlich Rechte und Pflichten als Testamentsvollstrecker zustehen. Somit kann § 32 ErbStG grds. nur im Verhältnis zum Erben zur Anwendung kommen, und nicht bei Bescheiden gegen (nicht erbende) Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte oder Personen, die aufgrund vom EL geschlossener Verträge auf den Todesfall erwerben (s. FG Düsseldorf vom 26.01.2011, EFG 2011, 1081). Ausgenommen hiervon sind Fälle, in denen der Erbe beispielsweise zusätzlich ein Vorausvermächtnis erhält und die Steuer für den gesamten Erwerb in einem Steuerbescheid festgesetzt wird oder bspw. die Testamentsvollstreckung für ein Vermächtnis angeordnet wird, § 2223 BGB (s. FG München vom 23.08.2000, EFG 2001, 301).

 

Rz. 10

Ungeklärt ist dagegen, wie § 32 ErbStG anzuwenden ist, wenn sich die Testamentsvollstreckung nicht über den ganzen Nachlass erstreckt (z. B. nur bei einzelnen Erben). Hier dürfte der Grundsatz gelten, dass die Bekanntgabe nur insoweit zulässig ist, wie die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Vertreters reicht (s. Kien-Hümbert in M/W, § 32 Rn. 14). Bei einer gegenständlichen Beschränkung ist der Steuerbescheid sowohl dem Vertreter als auch dem Erwerber bekannt zu geben (eine aufgespaltene Steuerberechnung ist nicht möglich). Dies gilt auch, wenn der Vertreter die – gesamte – Steuererklärung abgegeben hat.

Muss die Erbschaftsteuerschuld eines Vermächtnisnehmers dank Anordnung des EL aus dem Nachlass entrichtet werden, ist die Steuerverbindlichkeit eine vom Testamentsvollstrecker zu begleichende Nachlassschuld, entsprechend ist – zumindest nach Ansicht der FinVerw – eine vertretungsweise Bekanntgabe möglich.

 

Rz. 11–13

vorläufig frei

2.2 Bekanntgabe an Nachlasspfleger (§ 32 Abs. 2 Satz 1 ErbStG)

 

Rz. 14

Die Nachlasspflegschaft (§ 1960 BGB) ist eine durch das Nachlassgericht angeordnete Maßnahme zur Sicherung des Nachlasses, insb. durch Bestellung eines Nachlasspflegers (s. § 31 Rn. 29). Der Nachlasspfleger ist dabei gesetzlicher Vertreter des bzw. der unbekannten Erben und hat u. a. die Aufgabe, diese/n zu ermitteln und die Nachlassangelegenheit abzuwickeln.

Entsprechend § 31 Abs. 6 ErbStG (s. § 31 Rn. 30) hat der Nachlasspfleger die Steuererklärung und eine ggf. erforderliche Feststellungserklärung abzugeben. Ergänzend bestimmt § 32 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, dass er ebenfalls Bekanntgabeempfänger des Steuerbescheids ist. Dies gilt auch dann, wenn die Erben bereits feststehen, die Nachlasspflegschaft jedoch noch nicht formell aufgehoben wurde.

Eine Steuerfestsetzung ist bereits zulässig, wenn die Erben noch nicht vollständig bekannt und damit die/den letztendliche/n Erbquote/Steuerklasse/persönlichen Freibetrag mit Unsicherheiten behaftet ist (BFH vom 21.12.2004, BFH/NV 2005, 704). Jedoch müssen zumindest Anhaltspunkte über die künftigen Erwerber bekannt sein, eine Festsetzung nach unangemessen kurzer Zeit oder ins Blaue hinein wäre ermessensfehlerhaft (s. FinMin NRW vom 12.11.2007, S 3843 – 11 V A 2 aufgrund FG Düsseldorf vom 22.08.2007, 4 K 298/05 Erb, LEXinform 5005791).

 

Rz. 15–17

vorläufig frei

2.3 Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 ErbStG

 

Rz. 18

Nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage, was verfahrensrechtlich mit dem S...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?