Rz. 10

§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG normiert das Nettoprinzip, das der deutschen Erbschaftsteuer ihre Prägung als Erbanfallsteuer verleiht. Entscheidend ist nicht, welches Vermögen der Erblasser hinterlässt, sondern welches Vermögen der jeweilige Erwerber erwirbt. Nur die Bereicherung des Erwerbers unterliegt der Besteuerung, also der Saldo aller vermögenswerten Vor- und Nachteile, die sich für ihn aus einem steuerpflichtigen Vorgang ergeben.

 

Rz. 11

Dabei kommt es, anders als bei § 7 ErbStG, für die Frage einer Bereicherung nach § 10 ErbStG allein darauf an, ob auch bei einer Bewertung mit den Steuerwerten gem. § 12 ErbStG ein positiver Saldo und damit eine Bereicherung verbleibt. Bei der gemischten Schenkung und der Schenkung unter Auflage ist dabei zu beachten, dass die früher angewendete Trennungstheorie durch die Finanzverwaltung aufgegeben wurde (Einzelheiten bei § 7 Rn. 316 ff., 323). Bei der Berechnung der Bereicherung werden Gegenleistungen des Beschenkten und von ihm übernommene Auflagen aller Art vom Steuerwert der Zuwendung abgezogen. § 10 Abs. 6 ErbStG ist dabei zu beachten (s. Rn. 81 ff.).

 

Rz. 12

Liegt keine Bereicherung und damit auch kein steuerpflichtiger Erwerb vor, so handelt es sich um einen Vorgang, der für die Erbschaftsteuer keine Relevanz hat. Dies hat Auswirkungen insbesondere auf die Zusammenrechnung nach § 14 ErbStG, denn gem. § 14 Abs. 1 Satz 4 ErbStG bleiben frühere Erwerbe, für die sich kein positiver Wert ergeben hat, unberücksichtigt, so dass anders als z. B. bei der Einkommensteuer kein Ausgleich negativer Erwerbe mit früheren oder späteren positiven Erwerben stattfinden kann (s. § 14 Rn. 36).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?