Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Preißer
Rz. 25
Als Inländer i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gelten auch Personen, die im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die Definition des gewöhnlichen Aufenthalts findet sich in § 9 AO und lautet wie folgt: "Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert."
Rz. 26
Maßgeblich ist demnach, dass die natürliche Person sich, ohne einen Wohnsitz im Inland zu haben, tatsächlich über sechs Monate im Inland aufhält. Der gewöhnliche Aufenthalt setzt aber keine ständige Anwesenheit voraus. Er kann auch unterbrochen sein und muss nicht ständig in Anspruch genommen werden (BFH vom 27.04.2005, BFH/NV 2005, 1756). Ein gewöhnlicher Aufenthalt von mehr als 183 Tagen setzt daher keine ununterbrochene Anwesenheit voraus.
Die Sechsmonatsfrist muss auch nicht auf ein Kalenderjahr entfallen (BFH vom 22.06.2011, BFH/NV 2011, 2001). Nach dieser Entscheidung aus 2011 sind sogar kurzfristige Unterbrechungen in die Sechsmonatsfrist einzubeziehen (anders noch BFH vom 04.06.1975, BStBl II 1995, 708).
Rechtliche Hindernisse, wie eine fehlende Aufenthaltserlaubnis, sind für das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthalts unerheblich. Weitere Einzelheiten hierzu vgl. Buciek in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 9 AO Rn. 15 ff; Koenig in Pahlke/Koenig, AO, § 9 AO Rn. 5 ff.; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 9 AO Rn. 4 ff.
Rz. 27
Während eine natürliche Person mehrere Wohnsitze haben kann, kann gleichzeitig nur ein gewöhnlicher Aufenthaltsort vorliegen (BFH vom 25.01.1989, BStBl II 1990, 687).
Rz. 28
Der gewöhnliche Aufenthalt ist nur dann maßgeblich, wenn sich eine Person im Bundesgebiet aufhält, ohne einen festen Wohnsitz zu haben, etwa in wechselnden Hotelzimmern logiert
Rz. 29
vorläufig frei