Rz. 37
Der Grundvoraussetzung des Nachweises bezüglich des öffentlichen Interesses aufgrund der Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft sowie der Nutzbarmachung zu Forschungszwecken oder zur Volksbildung kann i. d. R. durch ein Gutachten der landesrechtlich zuständigen Behörde erbracht werden (z. B. in Baden-Württemberg nach der Verwaltungsreform zum 01.01.2005 vom Landesamt für Denkmalpflege beim Regierungspräsidium Stuttgart). Bei Denkmälern gilt der Nachweis als gegeben, sofern sie in die Denkmalliste oder ein entsprechendes Verzeichnis eingetragen sind. Die FinVerw hat in ihrem gleichlautenden Ländererlass vom 19.08.2020 klargestellt, dass nicht zwingend eine Eintragung in eine Denkmalliste erforderlich sei, da auch ohne hoheitlichen Akt ein Denkmal gegeben sein könne. Entscheidend sei die Bereitschaft, den Gegenstand oder die Sammlung den geltenden Bestimmungen der Denkmalpflege zu unterstellen, selbst wenn bspw. bewegliche Gegenstände je nach maßgebendem Landesdenkmalschutzgesetz nicht unter Schutz gestellt werden könnten. In manchen Ländern wird der Schutz an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die über die allgemeine Denkmaleigenschaft hinausgehen. Bspw. in Hessen muss es sich um einen beweglichen Gegenstand handeln, dessen Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ort historisch begründet ist und dessen Verbleib an Ort und Stelle im öffentlichen Interesse liegt.
Bezüglich der Nutzbarmachung zur Volksbildung ist bspw. keine dauerhafte Ausstellung einer Kunstsammlung erforderlich, mehrere gelegentliche Leihgaben an Museen etc. dürften ausreichend sein. Dabei können die steuerbefreiten Gegenstände grundsätzlich auch im Privatbereich des Erwerbers verwahrt werden (mit Einschränkungen vgl. BFH vom 24.05.2016, BFH/NV 2016, 1253, worin das Gericht die beantragte Gemeinnützigkeit einer Stiftung u. a. deswegen ablehnte, weil der Stifter durch die Lagerung von auf die Stiftung übertragenen Kunstobjekten in seiner Wohnung bzw. in der Nähe liegenden Räumlichkeiten weiterhin mittelbar über diese Gegenstände verfüge) und müssen lediglich auf Anforderung jederzeit zur Verfügung gestellt werden. Das Leihverhältnis muss dabei tatsächlich gelebt und vollzogen werden (vgl. BFH vom 12.05.2016, BFH/NV 2016, 1385).
Bei gem. § 32 GrStG grundsteuerlich begünstigtem Grundbesitz (Erlass möglich für Kulturgüter und Grünanlagen) kann eventuell auf das von der Gemeinde eingeholte Gutachten zurückgegriffen werden (s. Eisele in T/E, § 32 Rn. 4).
Rz. 38
Des Weiteren müssen die befreiten Gegenstände entsprechend der gesetzlichen Befreiungsvorschrift in einem "den Verhältnissen entsprechenden Umfang […] nutzbar gemacht werden". Hierbei sind verschiedene Interessen wie die der Allgemeinheit, d. h. der Steuerbürger und auch die des Eigentümers, einzubeziehen. Denkbar sind persönliche und sachliche Aspekte, wie z. B. ein zeitlich nur beschränkter Zugang in privaten Räumen oder Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung und Erhalt des Gegenstands (z. B. gegen Diebstahl, Beschädigung). Auch das Wirtschaftsgut selbst kann z. B. aufgrund des physischen Zustandes Einschränkungen unterworfen sein. Denkbar wäre ein Wandgemälde, das aufgrund des schädlichen Einflusses von zu viel Luftfeuchtigkeit täglich nur einer beschränkten Anzahl von Besuchern zugänglich sein kann. Eine Möglichkeit der Nutzbarmachung ist sicherlich auch die Leihgabe an ein Museum, wobei aufgrund von teilweise wechselnden Ausstellungen kurze Unterbrechungen innerhalb der Behaltensfrist unschädlich sein dürften. Die Gegenstände müssen der Allgemeinheit, mindestens jedoch einem interessierten Kreis ohne weiteres zugänglich sein, was allgemein erkennbar sein muss (z. B. Aushang von Öffnungszeiten, Informationen mittels Internetauftritt, Zeitungsanzeigen). Allein die bildhafte Darstellung des Objekts in einem Internetauftritt dürfte einer Nutzbarmachung wohl nicht genügen, kann jedoch mit dem Hinweis auf Besichtigungstermine auf Anfrage verbunden werden.