Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Preißer
Rz. 173
Im gesellschaftsrechtlichen Idealfall folgt der rechtlichen Auflösung einer Personengesellschaft deren faktische Abwicklung (Liquidation). Danach ist die Gesellschaft handelsrechtlich beendigt. Während dieser Vorgang für Kapitalgesellschaften ausdrücklich in § 11 KStG geregelt ist, gibt es für Personengesellschaften kein Pendant.
Die Miterbengemeinschaft kann durch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Steuerauswirkungen beendet werden.
Die Erbauseinandersetzung erfolgt in Form der Realteilung, deren steuerliche Auswirkungen davon abhängig sind, ob es sich bei der Auseinandersetzung um Betriebsvermögen, Privatvermögen oder um Mischnachlass handelt und ob im Rahmen der jeweiligen Auseinandersetzung Abfindungszahlungen geleistet wurden. Im Falle der Realteilung wird den Miterben bei der Erbauseinandersetzung so viel des Vermögens zugeteilt, wie ihnen nach ihrer Erbquote zustünde. Nur in solchen Fällen ist die Erbauseinandersetzung steuerneutral (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 3 Rn. 33).
Rz. 174
Exkurs: Realteilung
Die Verwaltung veröffentlichte am 28.02.2006 (BStBl I 2006, 228; aktualisiert durch BMF vom 20.12.2016, BStBl I 2017, 36) Verwaltungsgrundsätze zur Realteilung (nachfolgend zitiert als "VwReal06").
Eine aufzulösende Personengesellschaft
Die Auflösung einer Personengesellschaft ist neben der Liquidation auch in der Form möglich, dass den Gesellschaftern (hier: den Realteilern) einzelne Vermögensgegenstände direkt zugewiesen werden. Gesellschaftsrechtlich wird aus der bisherigen Gesamthandsberechtigung eines jeden Gesellschafters an allen WG der Personengesellschaft nunmehr Alleineigentum an den zugewiesenen einzelnen Gegenständen. Diese Form der Auflösung wird Realteilung genannt. Die zugewiesenen Gegenstände heißen "Teilungsmassen" oder "Realteilungsmassen".
Lösung:
Eine Realteilung liegt dann vor, wenn die Gesellschafter A und B die Teilungsmassen TB I und TB II jeweils zu Alleineigentum erhalten.
Rz. 175
Der BFH hatte im ersten Urteil aus dem Jahre 1972 für die Realteilung noch auf die einzelnen Gesellschafter einer Personengesellschaft abgestellt und den Sachverhalt der Realteilung als Veräußerung/Aufgabe des einzelnen Mitunternehmer-Anteils gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 EStG behandelt. Unter dem Einfluss der immer stärker ins Blickfeld rückenden Personengesellschaft als Tatbestandssubjekt hat der BFH 1982 die Realteilung als Unterfall der Betriebsaufgabe einer Personengesellschaft nach § 16 Abs. 3 EStG behandelt. Dem heutigen Gesetzgeber (des UntStFG) ist trotz der positivrechtlichen Erfassung der Realteilung bei § 16 Abs. 3 Sätze 2–4 EStG in der subjektiven Zuordnung nicht zu entnehmen, ob er die Realteilung mehr der Mitunternehmerschaft oder eher den einzelnen Mitunternehmern zuordnet. Allein dadurch wird die Realteilung heute stärker in die Nähe einer betrieblichen Umstrukturierungsmaßnahme einer Personengesellschaft gerückt.
Rz. 176
Die Beendigung der Personengesellschaft war für die Realteilung zwingend vorausgesetzt (Tz. I VwReal06); nach neuer Erkenntnis aufgrund des BFH-Urteils vom 17.09.2015 (GmbHR 2016, 370) und aufgrund des BMF vom 20.12.2016, BStBl I 2017, 36 wird jedoch eine gewinnneutrale Realteilung auch dann bejaht, wenn die RealteilungsG fortbesteht (sog. unechte Realteilung). Näheres dazu unter Rn. 197). Dies hat vor allem Bedeutung für die Frage, welche Rolle übernommene Verbindlichkeiten spielen (nur bei der Realteilung gilt die Einheitstheorie, der zufolge übernommene Schulden nicht zu einem (teil-)entgeltlichen Anschaffungs- bzw. zu einem Veräußerungsvorgang führen).
Keine Realteilung liegt vor, wenn einer der Mitgesellschafter bei der Auflösung der Personengesellschaft mit Geld abgefunden wird. Dieser Fall stellt vielmehr einen Anwendungsfall zu § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Dies hat der BFH im Urteil vom 20.02.2003 (BStBl II 2003, 700) auch für den Fall bestätigt, dass zwei personenidentische Personengesellschaften in der Form auseinandergesetzt werden, dass jeder der Gesellschafter einen Betrieb als Einzelunternehmer fortführt und der jeweils andere in Geld abgefunden wird.
Rz. 177
Die steuerlichen Rechtsfolgen der Realteilung werden nur dann gewährt, wenn die Teilungsmassen in inländisches BV überführt werden, da nur dadurch die Versteuerung der stillen Reserven sichergestellt sei (Tz. V der Verwaltungsgrundsätze Realteilung 06; kurz VwReal 06). Die Verwaltung verweist dabei auf den Fall der Übertragung in eine ausländische Betriebsstätte, deren Einkünfte nach DBA freigestellt sind. Dass diese Anordnung, die auch nicht mit dem SEStEG abgestimmt ist, europarechtlichen Bedenken standhält, ist ernstlich zweifelhaft. Bei den aufnehmenden "Betrieben" kann es sich nach den VwReal06 um land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche und freiberufliche Betriebe handeln; ebenso ist die Übertragung auf ein Sonder-BV oder auf Unternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zulässig. Nur so ist ("inländisches" BV) sichergestellt, dass die stillen R...