Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Preißer
Rz. 183
Obwohl die frühere Bezugsnorm (§ 24 UmwStG) für die Einbringung steuerliche Funktionseinheiten voraussetzt, erstreckte der BFH im Urteil vom 01.12.1992, BStBl II 1994, 607 die Grundsätze der Realteilung auch auf Einzel-WG.
Realteilung mit Einzel-WG
Die Zielsetzung der Beteiligten E, F geht dahin, dem E die Einzel-WG – zusammen mit den Schulden – für dessen Betrieb zu übertragen, während F den Mitunternehmer-Anteil an der X-KG erhält. Damit kann zunächst ohne Ausgleichszahlungen eine Auflösung der E-KG erreicht werden.
Lösung:
Zunächst gilt einvernehmlich die Aussage, dass die einseitige Übernahme von Betriebsschulden – wie hier durch E, der alle Schulden der E-KG übernimmt – nicht als Gegenleistung bzw. als sog. "Spitzenausgleich" zu werten ist (Ausfluss der Einheitstheorie). Hieraus ergibt sich eine sehr flexible Gestaltung der Realteilung, da durch disquotale Übernahme von Betriebsschulden für einen steuerunschädlichen adäquaten Ausgleich gesorgt werden kann. Eine vergleichbare Möglichkeit besteht auch durch die über-/unterquotale Übernahme evtl. vorhandener liquider Mittel (z. B.: Kasse-, Bankguthaben, da es sich insoweit nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen handeln kann; s. Tz. 3.3. der VwReal06).
Rz. 184
Beide Möglichkeiten setzen "taugliche Teilungsmassen" auf der Aktivseite voraus. Im Beispiel fehlt es an einer zweiten steuerfunktionalen Einheit: Die Summe von Einzel-WG vermochte allein keine Realteilung zu ermöglichen. Der extensiven Auslegung des BFH vom 01.12.1992 (BStBl II 1994, 607) und der Erstreckung auf Einzel-WG folgte ein Nichtanwendungserlass (s. BMF vom 11.08.1994, BStBl I 1994, 601).
Rz. 185
Zunächst wurde der nur vom BFH eingeräumten Möglichkeit (Realteilung mit Einzel-WG) ab 01.01.1999 mit § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG i. d. F. des StEntlG der Riegel vorgeschoben: Ab 1999 wurden Realteilungen mit Einzel-WG nach § 16 EStG als Aufgabe eines Mitunternehmer-Anteils angesehen; dies bedeutete zumindest nach § 16 EStG Realisationszwang.
Rz. 186
Konträr zu dieser gesetzlichen Regelung legte der Gesetzgeber zwei Jahre später mit dem StSenkG und dem StSenkErgG 2001 eine geschlossene Regelung zur Übertragung von Sachgesamtheiten vor. Mit der Abschaffung bislang geltender Wahlrechte kehrte er mit § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (2001) in der Frage der Steuerentstrickung bei Mitunternehmerschaften zum alten Mitunternehmer-Erlass (1977) zurück. Danach galt für alle Übertragungen – auch von Einzel-WG – im Kreis der Mitunternehmer nunmehr Buchwertzwang. Damit ergab sich in einer kurzen Übergangsphase ein Normenwiderspruch zwischen § 6 Abs. 5 EStG und § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG.
Rz. 187
§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG in der letzten Fassung des UntStFG löst nunmehr (als späteres Gesetz) den Normenwiderspruch auf und spricht sich – mit "rückwirkender" Geltung ab 01.01.2001 – auch bei der Zuteilung von Einzel-WG für den Buchwertzwang aus.
Rz. 188
Dabei werden als zusätzliche Voraussetzung für die neutrale Überführung von bestimmten Einzel-WG (Gebäude, Grund und Boden bzw. "wesentliche Betriebsgrundlagen") nach Satz 3 Sperr- oder Haltefristen für die betroffenen WG festgeschrieben. Drei Jahre nach Abgabe der Feststellungserklärung enden diese Fristen. Der Begriff der steuerschädlichen Veräußerung (bzw. Entnahme) wird dabei von den VwReal06 (BStBl I 2006, 228) sehr weit gefasst. So fallen hierunter (Tz. VIII):
- Tatbestände wie die spätere Aufnahme eines weiteren Gesellschafters oder
- die Einbringung der betroffenen Sachgesamtheiten nach §§ 20, 24 UmwStG oder
- die Verwendung im Rahmen eines Formwechsels gem. § 25 UmwStG.
Dabei gilt diese Sperrfrist nur für wesentliche WG wie Grund und Boden, Gebäude und andere wesentliche Betriebsgrundlagen.
Rz. 189
Ebenso gilt nach Satz 4 die Körperschaftsklausel, die bei einer direkten oder reflexartigen Übertragung von Einzel-WG auf eine Kapitalgesellschaft zur Realisation zwingt. Dies ist immer dann der Fall, wenn die GmbH vermögensmäßig an der neuen Mitunternehmerschaft (KG) beteiligt ist, d. h. bei einer GmbH & Co. KG, in die die Teilungsmassen eingebracht werden. Letzteres gilt auch dann, wenn die Überführung der Einzel-WG auf eine Mitunternehmer-Beteiligung des Realteilers mit einer GmbH im Sonder-BV erfolgt.
Rz. 190
Als Fazit hat für die Rechtslage ab 2001 (s. § 52 Abs. 34 Satz 3 EStG) eine Realteilung auch mit Einzel-WG zu Buchwerten zu erfolgen. Dies wird nachträglich korrigiert (Aufdeckungszwang), wenn ein wesentliches Einzel-WG innerhalb der Sperrfrist veräußert wird. "Profitiert" von der Übertragung eine Kapitalgesellschaft direkt oder indirekt, so ist insoweit bereits im Zeitpunkt der Zuteilung eine anteilige Aufdeckung der Reserven geboten.