Rz. 24
Auf Antrag des Erwerbers wird bei Überschreiten der Prüfschwelle von 26 Mio. EUR – bzw. 37 Mio. EUR (unter Anwendung des § 13a Abs. 9 ErbStG (30 % max. Vorwegabschlag bei bestimmten Familienunternehmen)) – eine Verschonungsbedarfsprüfung durchgeführt. Dem Erwerber soll in diesem Zusammenhang zugemutet werden, in bestimmten Umfang sein sog. verfügbares Vermögen gem. § 28a Abs. 2 ErbStG zur Steuerzahlung einzusetzen. Wann und in welcher Form dieser Antrag an die FinVerw auf Durchführung der Verschonungsbedarfsprüfung zu stellen ist, regelt das Gesetz ebenso wenig, wie es eine Ausgestaltung der beim FA einzureichenden Informationen und Unterlagen oder etwaige Anforderungen an dieselben statuiert. Nach R E 28a.1 Abs. 2 ErbStR ist der Antrag vom Erwerber bei dem für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer zuständigen FA schriftlich zu stellen oder zur Niederschrift zu erklären und ist widerruflich. Er soll ausgeschlossen sein, wenn der Erwerber unwiderruflich beantragt hat, das Abschmelzungsmodell nach § 13c ErbStG anwenden zu wollen (so R E 28a.1 Abs. 2 Satz 3 unter Verweis auf §§ 13c Abs. 2 Satz 6 i. V. m. 28a Abs. 8 ErbStG).
Rz. 25
Das Antragsrecht ist nicht befristet (Hannes, ZEV 2015, 371, 376); der Antrag ist auch nach formeller und materieller Bestandskraft des zugrundeliegenden Steuerbescheides noch möglich bis zum Eintritt der Zahlungsverjährung (so R E 28a.1 Abs. 2 Satz 2 ErbStR).
Aufgrund der Problematik des Zusammenwirkens mit § 13c ErbStG ist zunächst fraglich, wann ein Antrag nach § 28a Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu stellen ist, um sich nicht den Weg nach § 13c ErbStG "zu verbauen". Der Antrag ist nach R E 28a.1 Abs. 2 Satz 3 ErbStR ausgeschlossen, wenn bereits das Abschmelzungsmodell nach § 13c ErbStG unwiderruflich gewählt wurde (vgl. §§ 13c Abs. 6 Satz 6, 28a Abs. 8 ErbStG). Sinnvoll wäre, zunächst das Bewertungsverfahren für den Übertragungsvorgang abzuwarten, um sicher zu wissen, welcher Antrag sinnvollerweise zu stellen ist. Ob dies in der Praxis, in der die Bewertung als Teil des Besteuerungsverfahrens der Abgabe der Steuererklärung nachgelagert ist, tatsächlich so umsetzbar sein wird, bleibt abzuwarten. Zu Beginn der Einführungszeit der neuen Regelung bietet sich sicher ein mit dem jeweiligen FA abgestimmtes, zeitlich gestuftes Verfahren an, um rechtliche Unklarheiten und Unsicherheiten zu umgehen.
Da der Antrag nach § 28a Abs. 1 Satz 1 ErbStG widerruflich (§ 28a ErbStG enthält keine ausdrückliche Regelung zur Unwiderruflichkeit) gestellt werden kann, während der Antrag nach § 13c ErbStG unwiderruflich gestellt werden muss, und ein solcher Antrag eine Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG gem. § 13c Abs. 2 Satz 6 ErbStG ausschließt, empfiehlt es sich, bei Unklarheiten jedenfalls nicht den Antrag nach § 13c ErbStG zuerst zu stellen.
Rz. 26
Nicht geregelt ist, in welcher Form der Antrag zu stellen ist, insb. ob und ggf. welche konkreten Unterlagen für das verfügbare Vermögen einzureichen sein werden. Nach dem Wortlaut dürfte es genügen, wenn der Erwerber lediglich mitteilt, eine Verschonungsbedarfsprüfung solle durchgeführt werden. Diese ist dann von Amts wegen durchzuführen, wobei den Erwerber sicher zahlreiche Auskunfts- und Mitwirkungspflichten – insb. auch hinsichtlich der Bewertung von verfügbarem Vermögen – treffen werden.
Da es an einer eindeutigen gesetzlichen Regelung fehlt, ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Antrag auf Verschonungsbedarfsprüfung nur einmal pro Erwerb und einheitlich für den gesamten Erwerb stellen kann. Das bedeutet, dass der Erwerber auch im Erbfall keine Möglichkeit hat, einzelne Vermögensgegenstände nach § 13c ErbStG und andere nach § 28a ErbStG verschonen zu lassen. Der Antrag ist einheitlich für den gesamten Erwerb des begünstigten Vermögens (BV, Anteile an KapG, land- und forstwirtschaftliches Vermögen) zu stellen. Dies entspricht dem Gedanken des RE 13a.1 Abs. 2 Satz 3 ErbStR. Bei Schenkungen mit beispielsweise verschiedenen Betriebsübertragungen in unterschiedlichen Schenkungsverträgen soll bei Vorliegen eines einheitlichen Schenkerwillens nur von einer Schenkung auszugehen sein.