Rz. 12

Durch Verweis auf den Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG übernimmt § 95 Abs. 1 BewG zum einen in sachlicher Hinsicht die einkommensteuerliche Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 2 EStG und zum anderen in personeller Hinsicht den in § 15 Abs. 1 EStG genannten Kreis der Gewerbetreibenden (s. Kreutziger in K/S/S, § 95 Rz. 7). Daher ist bei Anwendung des § 95 BewG keine eigenständige bewertungsrechtliche Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG vorliegt, vorzunehmen (BFH vom 25.10.2000, BStBl II 2001, 92). Formalrechtlich liegt jedoch keine Bindung des Bewertungsrechts an die einkommensteuerliche Veranlagung vor, sodass bei fehlerhafter einkommenssteuerrechtlicher Beurteilung, wie z. B. Nichterkennen einer Betriebsaufspaltung, bewertungsrechtlich die materiell-rechtlich richtige Beurteilung zugrunde zu legen ist (vgl. Wälzholz in V/S/W, § 95 Rz. 6).

Wesensmerkmale eines Gewerbebetriebs sind gemäß § 15 Abs. 2 EStG (s. Wacker in Schmidt, § 15 Rz. 8 ff. m. w. N.; Eisele in R/T, § 95 Rz. 5), dass die Tätigkeit

  • selbstständig,
  • nachhaltig und
  • mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeführt wird und sich als
  • Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt,
  • ohne Ausübung von Land- und Forstwirtschaft und
  • ohne Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit i. S. d. § 18 EStG zu sein, und
  • über bloße Vermögensverwaltung (§ 14 Abs. 3 AO) hinausgeht.

Liebhaberei ist wegen der erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht vom Anwendungsbereich des § 95 BewG ausgeschlossen.

 

Rz. 13

Auch für die Frage, ob ein oder mehrere selbstständig zu bewertende Gewerbebetriebe einer natürlichen Person vorliegen, ist auf die ertragsteuerrechtlichen Beurteilungskriterien abzustellen (vgl. Wälzholz in V/S/W, § 95 Rz. 11 m. w. N.; Eisele in R/T, § 95 Rz. 6; zu den Kriterien siehe R 2.4 GewStR sowie Wacker in Schmidt, § 15 Rz. 125 m. w. N.).

Hält eine natürliche Person mehrere mitunternehmerische Beteiligungen, liegen mehrere selbstständig zu bewertende gewerbliche Einheiten vor (s. Eisele in R/T, § 95 Rz. 16 m. w. N.).

PersG können gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb haben; mehrere Gewerbebetriebe setzen auch mehrere (ggf. beteiligungsidentische) PersG voraus (vgl. Wacker in Schmidt, § 15 Rz. 186 und 194 jeweils m. w. N.).

 

Rz. 14

Durch den Verweis auf den Gewerbebetrieb i. S. d. EStG kommen insb. auch die ertragsteuerlichen Wertungen für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs in Sonderfällen zur Anwendung.

 

Rz. 15

Im Falle einer Betriebsaufspaltung aufgrund sachlicher und personeller Verpflichtung zwischen zwei Unternehmen (s. Wacker in Schmidt, § 15 Rz. 808 ff.) sind das Besitzunternehmen und das Betriebsunternehmen wie bei der Einkommensteuer (vgl. Wacker in Schmidt, § 15 Rz. 870 m. w. N.) auch bewertungsrechtlich zwei Gewerbebetriebe, die selbstständig zu bewerten sind (vgl. Wälzholz in V/S/W, § 95 Rz. 12 m. w. N.; Kreutziger in K/S/S, § 95 Rz. 34; Eisele in R/T, § 95 Rz. 40). Es ist damit primär eine Gesamtbewertung jedes einzelnen Gewerbebetriebs (z. B. im vereinfachten Ertragswertverfahren nach den §§ 199 ff. BewG) durchzuführen (vgl. Wälzholz in V/S/W, § 95 Rz. 12 m. w. N.) und mit dem im Wege der Einzelbewertung zu ermittelnden Substanzwert gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG als Untergrenze zu vergleichen.

Soweit Anteile an dem Betriebsunternehmen Sonder-BV bei Gesellschaftern des Besitzunternehmens sind, sind sie bei diesen gem. 97 Abs. 1 Nr. 2 BewG zu berücksichtigen.

Die vom Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen vermieteten oder verpachteten Wirtschaftsgüter bleiben BV des Besitzunternehmens (BFH vom 11.12.1985, BStBl II 1986, 296; BFH vom 22.01.1954, BStBl III 1954, 91).

 

Rz. 16

Im Falle einer Betriebsverpachtung gilt das verpachtete Unternehmen gemäß § 16 Abs. 3b EStG so lange als Gewerbebetrieb, bis die Betriebsaufgabe erklärt oder durch Umgestaltung eingetreten ist, sodass eine spätere Betriebsfortführung nicht mehr möglich ist (vgl. Wacker in Schmidt, § 16 Rz. 166 ff.). Aufgrund dieser ertragsteuerlichen Einordnung liegt auch unter bewertungsrechtlichen Gesichtspunkten ein Gewerbebetrieb vor (BFH vom 17.02.1993, BStBl II 1993, 584; zu den Anforderungen für die erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen s. § 13b Abs. 4 ErbStG i. V. m. § 13a Abs. 1 und 10 ErbStG).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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