Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Rz. 23
Der Antrag nach § 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG für Erwerbe begünstigten Vermögens über 26 Mio. EUR scheint auf den ersten Blick attraktiv, da ein verringerter Verschonungsabschlag für den Steuerpflichtigen immer noch besser erscheint, als durch ein Unterlassen des Antrags überhaupt keinen Verschonungsabschlag gewährt zu bekommen. Allerdings sollte in der Beratungspraxis vor jedem Erwerb begünstigten Vermögens bzw. vor der Stellung des Antrags auf abschmelzende Verschonung durch einen Steuerbelastungsvergleich geprüft werden, ob der Antrag nach § 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG wirklich zu einer Verringerung der Steuerbelastung führt oder ob nicht doch ein Antrag nach § 28a ErbStG auf die Verschonungsbedarfsprüfung sinnvoller erscheint. So kann die Verschonungsbedarfsprüfung insb. dann gegenüber der abschmelzenden Verschonung nach § 13c ErbStG einen Vorteil bieten, wenn der Erwerber außer dem begünstigten Vermögen kein oder nur in sehr geringem Umfang nicht begünstigtes Vermögen erworben hat und ihm im Zeitpunkt des Erwerbs kein nennenswertes verfügbares Vermögen i. S. d. § 28a Abs. 2 Nr. 2 ErbStG gehört. Ist zunächst nicht sicher, ob eine Anwendung des Abschmelzungsmodells gegenüber der Verschonungsbedarfsprüfung klar vorteilhaft ist, so sollte zunächst ein Antrag nach § 28a Abs. 1 ErbStG gestellt werden. Dieser kann im Nachhinein zurückgenommen und bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung durch einen Antrag nach § 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG "ersetzt" werden, falls zwischenzeitlich (bspw. aufgrund sorgfältiger Prüfung oder aktualisierter Daten) die Erkenntnis vorliegt, dass das Abschmelzungsmodell vorteilhafter ist.
Rz. 24
Bei größeren Erwerben begünstigten Vermögens sollte nicht nur überlegt werden, ob ein Antrag auf Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG ggf. zu einer geringeren Steuerbelastung führt, sondern auch – insb. wenn die Verschonungsbedarfsprüfung (z. B. aufgrund von umfangreichem nicht begünstigtem Privatvermögen des Erwerbs) im Vergleich zum Antrag nach § 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu keiner Entlastung führt –, ob das begünstigte Vermögen bspw. durch Umwidmung in Verwaltungsvermögen oder durch Entnahmen kurz vor der Übertragung des begünstigten Vermögens reduziert und so aus der Verschonung ausgenommen wird (Jülicher in T/G/J/G, § 13c Rz. 5). Hintergrund dieser auf den ersten Blick fragwürdigen Überlegung sind zwei gegenläufige Effekte, auf die Korezkij (DStR 2017, 189) zu Recht hinweist und die er anhand von Berechnungen anschaulich darstellt.
Rz. 25
Der erste Effekt besteht darin, dass sich bei Erhöhung des begünstigten Vermögens um 750.000 EUR der absolute Betrag des Verschonungsabschlags um 1 %-Punkt des bisherigen begünstigen Vermögens verringert. Bei einer Erhöhung des begünstigten Vermögens von bspw. 50 Mio. EUR auf 50,75 Mio. EUR bedeutet dies also eine Verringerung des Verschonungsabschlags um 500.000 EUR.
begünstigtes Vermögen |
50.000.000 EUR |
Verschonungsabschlag in % (Regelverschonung) |
53 % |
Verschonungsabschlag |
26.500.000 EUR |
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Erhöhung des begünstigten Vermögens um 750.000 EUR: |
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bisheriges begünstigtes Vermögen |
50.000.000 EUR |
Verschonungsabschlag in % (neu) |
52 % |
Verschonungsabschlag auf bisheriges begünstigtes Vermögen |
26.000.000 EUR |
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Differenz |
500.000 EUR |
Rz. 26
Da der Verschonungsabschlag nicht nur auf den Betrag des bisherigen begünstigten Vermögens, sondern auf das gesamte begünstigte Vermögen Anwendung findet, kommt nun der gegenläufige zweite Effekt hinzu. Dies bedeutet, dass zu den 26 Mio. EUR Verschonungsabschlag auf das bisherige begünstigte Vermögen noch der Verschonungsabschlag auf die zusätzlichen 750.000 EUR hinzugerechnet werden muss. Bei einem Verschonungsabschlag von 52 % entspricht dies einer absoluten Verschonung auf die zusätzlichen 750.000 EUR i. H. v. 390.000 EUR. Der zweite Effekt besteht also darin, dass der absolute Betrag des Verschonungsabschlags (hier: 26 Mio. EUR) um den Verschonungsabschlag auf den Erhöhungsbetrag des begünstigten Vermögens (hier: 390.000 EUR) steigt. Der Verschonungsabschlag bei einer Erhöhung des begünstigten Vermögens von 50 Mio. EUR auf 50,75 Mio. EUR setzt sich also wie folgt zusammen:
Verschonungsabschlag auf bisheriges begünstigtes Vermögen |
26.000.000 EUR |
Verschonungsabschlag auf die Erhöhung des begünstigten Vermögens von 750.000 EUR |
390.000 EUR |
Verschonungsabschlag |
26.390.000 EUR |
Rz. 27
Nach den zutreffenden Ausführungen von Korezkij steigt die negative Wirkung des ersten Effekts, d. h. die Verringerung des absoluten Betrags des Verschonungsabschlags, mit jeder Erhöhung des Werts des begünstigten Vermögens, während gleichzeitig die positive Wirkung des zweiten Effekts, also die Erhöhung des Verschonungsabschlags auf den Erhöhungsbetrag, sinkt. So beträgt im Fall der Regelverschonung der absolute Betrag des Verschonungsabschlags in entsprechender Anwendung des zuvor dargestellten Beispiels von 50,75 Mio. EUR auf 51,5 Mio. EUR nur noch 26.265.000 EUR und damit 125.000 EUR weniger als bei Überschreitu...