Rz. 46
Zuwendender und Zuwendungsempfänger kann jede natürliche oder juristische Person (auch Körperschaften öffentlichen Rechts; s. BFH vom 26.08.2004, BFH/NV 2005, 57 und s. § 1 Rn. 11) sein. Bei Personengesellschaften findet ein Durchgriff auf die Gesellschafter statt, so dass diese anteilig Zuwendende bzw. Zuwendungsempfänger sind (BFH vom 15.07.1998, BStBl II 1998, 630; vom 05.02.2020, ZEV 2020, 570 m. Anm. Georg; FG Baden-Württemberg vom 01.03.2017, EFG 2017, 734 m. Anm. Wigand; Viskorf, ZEV 2018, 563, 568; Georg, ZEV 2018, 429; Bäuml, NWB 2020, 3030; krit. Wachter, GmbHR 2020, 1041. Einzelheiten hierzu s. § 1 Rn. 12 f.).
Rz. 47
Die Bestimmung des Zuwendenden und des Zuwendungsempfängers hat neben ihrer Steuerschuldnerschaft, der beide gem. § 20 Abs. 1 ErbStG gesamtschuldnerisch unterliegen, der grundsätzlichen Anzeigepflicht gem. § 30 Abs. 2 ErbStG, der ebenfalls beide unterliegen, und der örtlichen Finanzamtszuständigkeit, die sich gem. § 35 Abs. 1 ErbStG nach dem Wohnsitz des Zuwendenden richtet, insb. Belang für die Ermittlung der Steuerklasse (§ 15 ErbStG), von der die persönlichen Freibeträge (§§ 16, 17 ErbStG) und der Steuertarif abhängig sind.
Rz. 48
Abstrakt betrachtet ist Zuwendender derjenige, dessen Vermögen zugunsten eines anderen gemindert wird, und Zuwendungsempfänger derjenige, dessen Vermögensbestand infolge der Zuwendung erhöht wird (s. § 20 Rn. 10 ff. sowie Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 249). Überträgt eine Person Teile ihres Vermögens auf mehrere Zuwendungsempfänger oder übertragen mehrere Personen Teile ihres Vermögens auf einen Zuwendungsempfänger, liegen mehrere Zuwendungen vor. Stkl., Freibeträge und Steuertarif sind daher bei jeder einzelnen Zuwendung getrennt zu ermitteln und zu gewähren.
Rz. 48a
Nach englischem Recht besteht die Möglichkeit, eine Deed of Variation vorzusehen, die dem Erben ermöglicht, nach dem Ableben des Erblassers rückwirkend ohne weitere Gegenleistung eine von der Erbfolge abweichende Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses zu treffen. Nach englischem Recht erbt dann der aufgrund der Deed of Variation Benannte unmittelbar vom Erblasser. Ein solches Rechtsinstitut ist dem deutschen Erbrecht fremd. Unterfällt daher ein solcher Vorgang dem deutschen Erbschaftsteuerrecht, bspw. weil der durch die Deed of Variation Benannte im Inland ansässig ist, so erwirbt der Begünstigte nicht vom Erblasser gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, sondern vom Erben, der durch die nachträgliche Änderung des Erblasserwillens eine freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im Zeitpunkt der Verteilung des Nachlasses bewirkt. Eine Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG scheidet aus, da kein Erbfall vorliegt, der die Steuer auslöst (FG Münster vom 12.04.2018, ZEV 2019, 369; s. auch Christopeit, DStRK 2018, 273).
Rz. 49
In den meisten Fällen wird die Bestimmung des Zuwendenden und des Zuwendungsempfängers zweifelsfrei möglich sein und keine Probleme aufwerfen. Die nachfolgend dargestellten Fallkonstellationen betreffen daher nur Fälle, bei denen die Personifizierung des Zuwendenden und des Zuwendungsempfängers fraglich sein können.
2.3.1 Tod des Zuwendenden und Tod des Bedachten
Rz. 50
Stirbt der Zuwendende nach Abschluss des rechtswirksam begründeten Schenkungsversprechens (§ 518 Abs. 1 BGB), aber vor Übereignung des Zuwendungsgegenstandes, ist der (potenzielle) Zuwendungsempfänger noch nicht bereichert und die auf die Zuwendung entfallende Schenkungsteuer noch nicht entstanden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Das rechtswirksam begründete Schenkungsversprechen geht mit dem Tod des Zuwendenden auf die Erben über. Diese können die Leistungsverpflichtung – selbst dann, wenn das Schenkungsversprechen formunwirksam sein sollte – als Erblasserschuld i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abziehen (FG Hessen vom 09.12.2008, DStRE 2009, 1216). Mit Erfüllung des Schenkungsversprechens durch die Erben tritt die Bereicherung beim Zuwendungsempfänger ein und die Schenkung ist gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt. Die durch die Schenkung entstehende Schenkungsteuer bemisst sich in diesem Falle unbeachtet des zwischenzeitlichen Erbfalls gleichwohl nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers zum vorverstorbenen Schenker (BFH vom 14.07.1982, BStBl II 1983, 19). Anders ist dies allerdings dann, wenn im Zeitpunkt des Erbfalls nur ein Schenkungsangebot vorliegt. Dann ist bei dinglicher Durchführung der Schenkung eine freigebige Zuwendung des Erben an den Zuwendungsempfänger gegeben (BFH vom 28.10.2009, BFH/NV 2010, 893).
Rz. 51
Im umgekehrten Fall, also beim Tod des Bedachten nach Abschluss des rechtswirksam begründeten Schenkungsversprechens und vor Übereignung, ergibt sich das Beteiligtenverhältnis entsprechend zum obigen Fall. Auch hier bemisst sich die Schenkungsteuer nach dem Verhältnis des Zuwendenden zum (verstorbenen) Zuwendungsempfänger.
Rz. 52
Fraglich erscheint allerdings, ob in diesem Fall überhaupt Schenkungsteuer anfällt. Dies wird teilweise (Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 251) deshalb verneint, weil der Leistungsanspruch aus dem S...