Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 33
Damit die Übertragung eines Mitunternehmeranteils begünstigungsfähig ist, muss der Erwerber aufgrund des übertragenen Anteils sowohl Gesellschafter als auch Mitunternehmer werden. Auch die Mitunternehmerschaft des Zuwendenden muss für den Übergang von steuerbegünstigtem Betriebsvermögen gewährleistet sein. Problematisch wird es, wenn bei kurzen Behaltenszeiten Mitunternehmerrisiko und -initiative des Zuwendenden zweifelhaft sind (vgl. Jülicher in T/G/J/G, ErbStG § 13b Rz. 112).
Rz. 34
Zum begünstigungsfähigen Vermögen zählt der übertragene Anteil am Gesamthandsvermögens und das mitübertragene Sonderbetriebsvermögen. Der Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter aus dem Sonderbetriebsvermögen ist nicht begünstigt, wenn nicht unmittelbar damit der zeitgleiche Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung verbunden ist (vgl. R E 13b.5 Abs. 3 S. 9 ErbStR).
Rz. 35
Vom Grundsatz der Übertragung eines gesamten Mitunternehmeranteils gibt es Ausnahmen, bei denen die Übertragung trotzdem begünstigungsfähig sein kann:
- Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, die isoliert aus dem Sonderbetriebsvermögen übertragen werden,
- die Übertragung von Mitunternehmeranteilen unter Nießbrauchsvorbehalt, wenn damit die Übertragung einer Mitunternehmerstellung verbunden ist (vgl. IDW, Neuregelung der Erbschaftsteuer, Erläuterungen und Praxishinweise, Rz. 75.),
- die Fälle des § 7 Abs. 6 ErbStG, bei dem eine Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet wird, und die Rückforderung der Schenkung eines Mitunternehmeranteils und Besteuerung zwischenzeitlicher Gewinne als fiktiver Nießbrauch, wenn der Erwerber bis zum Widerruf der Schenkung Mitunternehmer war (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG Rz. 34).
Hinweis:
Aus ertragsteuerlicher Sicht ist zu beachten, dass bei Übertragung eines Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt eine Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 EStG nicht mehr möglich ist. Für eine Buchwertfortführung muss der bisherige Inhaber des Betriebs seine gewerbliche Tätigkeit zwingend einstellen, was bei einer Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt nicht gegeben ist (s. BFH vom 25.1.2017, BStBl. II 2019, 730). Bei Mitunternehmeranteilen ist die Übertragung nach Klarstellung durch die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 20.11.2019 (IV C6 – S 2241/15/10003 Rn. 7) weiter möglich.
Rz. 36
Kommt dem Erwerber die Mitunternehmerstellung nur zu, weil er vor Übertragung bereits an der Personengesellschaft beteiligt war, liegt kein begünstigtes Vermögen vor, welches auf den Erwerber übergegangen ist. In diesem Fall wurde keine Mitunternehmerstellung durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt. Dies ist z. B. der Fall, wenn sich der Schenker einen Vorbehaltsnießbrauch am Gesellschaftsanteil bestellt und somit die Mitunternehmerstellung bei ihm verbleibt (BFH vom 23.02.2010, DStR 2010, 868 (869)). Dies führt immer und vorweg zu einer zusätzlichen einkommensteuerlichen Prüfung bezüglich der rechtlichen Qualität der übertragenen Beteiligungen an Personengesellschaften.
Rz. 37
Bei Beteiligungen an Personengesellschaften ist das Verwaltungsvermögen aus dem Gesamthandsvermögen und dem übertragenen Sonderbetriebsvermögen zu berücksichtigen (vgl. R E 13b.12 Abs. 4 S. 1 ErbStR). Zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehören zum einen Wirtschaftsgüter, die der Gesellschaft dinglich zugeordnet sind. Zum anderen zählen hierzu auch Wirtschaftsgüter, bei denen die Personengesellschaft als wirtschaftliche Eigentümerin einzustufen ist (vgl. Eisele in R/T, § 97 Rn. 27). Beim Sonderbetriebsvermögen I und II handelt es sich um Wirtschaftsgüter und Schulden, die im Eigentum eines Gesellschafters, mehrerer oder aller Gesellschafter stehen, soweit sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehören. Die Wirtschaftsgüter und Schulden sind hierbei beim jeweiligen Gesellschafter mit dem gemeinen Wert zu bewerten (vgl. Eisele in R/T, § 97 Rn. 27a).
2.3.4.1 Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG)
Rz. 38
Die Mitunternehmerstellung ist bei gewerblich tätigen Personengesellschaften i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG regelmäßig kein Problem. Demzufolge ist jedes Betriebsvermögen, das in Verbindung mit einer Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft steht, stets begünstigungsfähig.
Beispiel:
A führt sein Autohaus in München in Form einer OHG zusammen mit seinem besten Freund Frank F. Die OHG erwirtschaftet Gewinne durch Verkauf und Reparatur von Autos und Autoteilen. A findet, er ist alt genug und möchte seinen 50 %-igen Anteil an der OHG an seine Tochter T übertragen und in Rente gehen. Kann A steuerbegünstigt übertragen?
Lösung:
Ja, eine begünstigte Übertragung ist möglich. Die OHG ist durch Autoverkauf und Reparaturen gewerblich tätig gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. A sowie sein Freund F gehen Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative ein. Die beiden Gesellschafter erhalten Beteiligungseinkünfte. Begünstigungsfähiges Vermögen liegt vor nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG.
2.3.4.2 Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 EStG)
Rz. ...