Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
2.4.3.3.1 Allgemeines
Rz. 64
Bewertungsmaßstab ist der gemeine Wert. Dies wird ausdrücklich in § 162 Abs. 1 Satz 1 BewG bzgl. des Wirtschaftsteils und durch § 167 Abs. 1 i. V. m. § 177 BewG für die Bewertung der Betriebswohnungen und des Wohnteils konstatiert. Der gemeine Wert nach § 9 BewG entspricht dem Verkehrswert. Dies ergibt sich aus § 194 BauGB, in dem der Begriff des Verkehrswerts (Marktwerts) inhaltlich übereinstimmend mit dem Begriff des gemeinen Werts in § 9 Abs. 2 BewG definiert wird.
Rz. 65
Die Teile der wirtschaftlichen Einheit "Betrieb der Land- und Forstwirtschaft" werden (inhaltlich unverändert gegenüber § 141 Abs. 1 BewG a. F., mit der Einschränkung, dass der "Betriebsteil" nunmehr als "Wirtschaftsteil" bezeichnet wird) in § 160 Abs. 1 BewG beschrieben. Die Zuordnung des Wohnteils zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ist aufgrund der örtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen weiterhin vorzunehmen.
Rz. 66
Die Ermittlung des Grundbesitzwerts stellt sich grds. wie folgt dar:
Rz. 67
Vergleichsberechnungen zu der bisherigen und der neuen Rechtslage finden sich bei Eisele (NWB 2008, 1207). Anhand eines Musterfalls wird die komplexe Bewertung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft von Krause (NWB 2012, 1768) dargestellt. Erste praktische Erfahrungen der Finanzämter i. R. d. Bearbeitung von einschlägigen Fällen führen zu Anwendungsfragen und Praxisproblemen, die Krause aufzeigt und entsprechenden Lösungsansätzen zuführt (NWB 2012, 3864). Durch die gleich lautenden Ländererlasse vom 04.12.2014 (BStBl I 2014, 1577) hat die FinVerw zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in Fällen der Nutzungsüberlassung Stellung genommen, die von Eisele (NWB 2015, 1381) unter Einbindung entsprechender Beispielsrechnungen erläutert werden.
2.4.3.3.2 Wirtschaftsteil/Wirtschaftswert
2.4.3.3.2.1 Umfang
Rz. 68
In § 160 Abs. 2 Satz 1 BewG wird der Umfang des Wirtschaftsteils – nach den bewährten Regelungen des § 34 BewG – festgelegt und werden die Nutzungen als Gesamtheit der jeweils hierzu gehörenden Wirtschaftsgüter abschließend aufgezählt. Der Begriff "Nutzung" umfasst alle Wirtschaftsgüter, die ihrem entsprechenden Zweck dienen. Besteht ein Betrieb nur aus einer Nutzung, entspricht der Wert dieser Nutzung gleichzeitig dem Wirtschaftswert. Durch § 160 Abs. 2 Satz 2 BewG werden die Sondernutzungen von der landwirtschaftlichen Nutzung abgegrenzt. Weitere Ausführungen (insbesondere die Definition der einzelnen Nutzungen, Nutzungsteile) enthalten R B 160.1 bis 160.20 ErbStR i. V. m. den entsprechenden ErbStH.
2.4.3.3.2.2 Ertragswertverfahren
Rz. 69
Der Ermittlung des Wirtschaftswerts ist als Bewertungsmaßstab der gemeine Wert zugrunde zu legen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 BewG). Er wird nach § 162 Abs. 1 Satz 2 BewG als Fortführungswert definiert. Dies ist der Wert, der den Nutzungen, Nebenbetrieben und übrigen Wirtschaftsgütern im fortgeführten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unter objektiven ökonomischen Bedingungen beizumessen ist. Er ist grds. im Ertragswertverfahren zu ermitteln (§ 162 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 163 BewG).
Rz. 70
Grundlage des Ertragswertverfahrens ist die nachhaltige Ertragsfähigkeit des zu bewertenden Betriebs (§ 163 Abs. 1 BewG). Bei der Beurteilung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit ist nicht das individuell durch den Land- und Forstwirt erwirtschaftete Ergebnis zu berücksichtigen, sondern der im Allgemeinen zu erzielende Reingewinn. Es ist nicht auf Muster- oder Spitzenbetriebe abzustellen, sondern auf die Betriebsergebnisse vergleichbarer Betriebe. Dabei sind alle Umstände, die auf den Wirtschaftserfolg Einfluss nehmen oder von denen die Verwertung der gewonnenen Erzeugnisse abhängig ist, heranzuziehen. Hierzu kann auf die Agrarberichterstattung zurückgegriffen werden.
Rz. 71
Ausgangsbasis zur Ermittlung der jeweiligen Wirtschaftswerte ist der nachhaltig erzielbare Reingewinn (nutzungsbezogene Ermittlungsvorgaben nach § 163 Abs. 2 bis 10 BewG i. V. m. Anlage 14 bis 18 zum BewG). Der so ermittelte jeweilige Reingewinn ist zu kapitalisieren (§ 163 Abs. 11 BewG). Der anzuwendende Zinssatz i. H. v. 5,5 % setzt sich aus einem Basiszins von 4,5 % und einem Zuschlag von 1 % zusammen. Der Kapitalisierungsfaktor von 18,6 wurde auf der Grundlage des Zinssatzes von 5,5 % einer mittelschüssig zu zahlenden Zeitrente von unendlicher Dauer (18,681818) abgeleitet.
Rz. 72
Für die flächenabhängigen Nutzungen ist der kapitalisierte Reingewinn pro Hektar zu berechnen. Der Wirtschaftswert ergibt sich durch Multiplikation des Hektarwerts einer Nutzung mit der Eigentumsfläche des Betriebs, die dieser Nutzung zuzurechnen ist (§ 163 Abs. 12 BewG). Durch diese Vorgehensweise steht ein einfaches und praktikables Bewertungsverfahren zur Verfügung; H B 163 Abs. 3 bis 163 Abs. 7 ErbStH enthalten dazu anschauliche Berechnungsbeispiele.
Rz. 73
§ 163 Abs. 14 BewG ermächtigt das BMF mit Zustimmung des Bundesrats zum Erlass einer Rechtsverordnung, die eine Anpassung der Reingewinne (Anlage 14 bis 18 zum BewG) in Abhängigkeit von den Erhebungen nach § 2 des Landwirtschaftsgesetzes ermöglicht. Dadurch wird einem dynamische...