Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
2.4.3.3.2.1 Umfang
Rz. 68
In § 160 Abs. 2 Satz 1 BewG wird der Umfang des Wirtschaftsteils – nach den bewährten Regelungen des § 34 BewG – festgelegt und werden die Nutzungen als Gesamtheit der jeweils hierzu gehörenden Wirtschaftsgüter abschließend aufgezählt. Der Begriff "Nutzung" umfasst alle Wirtschaftsgüter, die ihrem entsprechenden Zweck dienen. Besteht ein Betrieb nur aus einer Nutzung, entspricht der Wert dieser Nutzung gleichzeitig dem Wirtschaftswert. Durch § 160 Abs. 2 Satz 2 BewG werden die Sondernutzungen von der landwirtschaftlichen Nutzung abgegrenzt. Weitere Ausführungen (insbesondere die Definition der einzelnen Nutzungen, Nutzungsteile) enthalten R B 160.1 bis 160.20 ErbStR i. V. m. den entsprechenden ErbStH.
2.4.3.3.2.2 Ertragswertverfahren
Rz. 69
Der Ermittlung des Wirtschaftswerts ist als Bewertungsmaßstab der gemeine Wert zugrunde zu legen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 BewG). Er wird nach § 162 Abs. 1 Satz 2 BewG als Fortführungswert definiert. Dies ist der Wert, der den Nutzungen, Nebenbetrieben und übrigen Wirtschaftsgütern im fortgeführten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unter objektiven ökonomischen Bedingungen beizumessen ist. Er ist grds. im Ertragswertverfahren zu ermitteln (§ 162 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 163 BewG).
Rz. 70
Grundlage des Ertragswertverfahrens ist die nachhaltige Ertragsfähigkeit des zu bewertenden Betriebs (§ 163 Abs. 1 BewG). Bei der Beurteilung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit ist nicht das individuell durch den Land- und Forstwirt erwirtschaftete Ergebnis zu berücksichtigen, sondern der im Allgemeinen zu erzielende Reingewinn. Es ist nicht auf Muster- oder Spitzenbetriebe abzustellen, sondern auf die Betriebsergebnisse vergleichbarer Betriebe. Dabei sind alle Umstände, die auf den Wirtschaftserfolg Einfluss nehmen oder von denen die Verwertung der gewonnenen Erzeugnisse abhängig ist, heranzuziehen. Hierzu kann auf die Agrarberichterstattung zurückgegriffen werden.
Rz. 71
Ausgangsbasis zur Ermittlung der jeweiligen Wirtschaftswerte ist der nachhaltig erzielbare Reingewinn (nutzungsbezogene Ermittlungsvorgaben nach § 163 Abs. 2 bis 10 BewG i. V. m. Anlage 14 bis 18 zum BewG). Der so ermittelte jeweilige Reingewinn ist zu kapitalisieren (§ 163 Abs. 11 BewG). Der anzuwendende Zinssatz i. H. v. 5,5 % setzt sich aus einem Basiszins von 4,5 % und einem Zuschlag von 1 % zusammen. Der Kapitalisierungsfaktor von 18,6 wurde auf der Grundlage des Zinssatzes von 5,5 % einer mittelschüssig zu zahlenden Zeitrente von unendlicher Dauer (18,681818) abgeleitet.
Rz. 72
Für die flächenabhängigen Nutzungen ist der kapitalisierte Reingewinn pro Hektar zu berechnen. Der Wirtschaftswert ergibt sich durch Multiplikation des Hektarwerts einer Nutzung mit der Eigentumsfläche des Betriebs, die dieser Nutzung zuzurechnen ist (§ 163 Abs. 12 BewG). Durch diese Vorgehensweise steht ein einfaches und praktikables Bewertungsverfahren zur Verfügung; H B 163 Abs. 3 bis 163 Abs. 7 ErbStH enthalten dazu anschauliche Berechnungsbeispiele.
Rz. 73
§ 163 Abs. 14 BewG ermächtigt das BMF mit Zustimmung des Bundesrats zum Erlass einer Rechtsverordnung, die eine Anpassung der Reingewinne (Anlage 14 bis 18 zum BewG) in Abhängigkeit von den Erhebungen nach § 2 des Landwirtschaftsgesetzes ermöglicht. Dadurch wird einem dynamischen Bedarfsbewertungsverfahren Rechnung getragen.
2.4.3.3.2.3 Mindestwert
Rz. 74
Im Durchschnitt erwirtschaften kleine und mittlere land- und forstwirtschaftliche Betriebe nur einen geringen oder gar negativen Reinertrag. Der sich daraus ergebende rechnerische Ertragswert stellt für die Erbschaftsbesteuerung keine plausible und gerechtfertigte Ausgangsbasis dar. Daher ist nach § 164 BewG ein Mindestwert anzusetzen. Das Verfahren zur Ermittlung des Mindestwerts wird im Einzelnen nach § 164 Abs. 2 bis 6 BewG bestimmt; vgl. dazu die Berechnungsbeispiele in H B 164 Abs. 1 bis 164 Abs. 9 ErbStH.
2.4.3.3.2.4 Liquidationswert
Rz. 75
§ 162 Abs. 3 und 4 i. V. m. § 166 BewG regelt die abweichende Bewertung des Wirtschaftsteils, insb. für den Fall der Veräußerung des ganzen Betriebs innerhalb von 15 Jahren nach dem Bewertungsstichtag; vgl. dazu die Berechnungsbeispiele in H B 166 Abs. 2 und Abs. 3 ErbStH. Der Nachbewertungs- und Nachversteuerungsvorbehalt entspricht den üblichen zivilrechtlicher Erbregelungen in der Land- und Forstwirtschaft. Es liegt ein Ereignis vor, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit entfaltet (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) und eine Änderung des bisher festgestellten Grundbesitzwerts zur Folge hat. Die Erbschaftsteuer wird nach der sich danach ergebenden geänderten Bemessungsgrundlage rückwirkend neu festgesetzt.
Rz. 76–78
vorläufig frei