2.5.1 Erbengemeinschaft und Erbauseinandersetzung

 

Rz. 60

Sind mehrere Erben vorhanden, so bilden diese mit dem Tod des Erblassers gem. § 2032 BGB eine Erbengemeinschaft (s. § 3 Rn. 153). Ziel einer Erbengemeinschaft ist es grundsätzlich, die Erbauseinandersetzung herbeizuführen. Jeder Miterbe kann deshalb jederzeit gem. § 2042 Abs. 1 BGB die Auseinandersetzung verlangen. Die Miterben können aber auch einstimmig beschließen, dass sie die Auseinandersetzung auf Zeit oder auf Dauer ausschließen. Dies kann auch vom Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung angeordnet werden (s. § 2044 BGB). Die Auseinandersetzung ist dann nur aus wichtigem Grund möglich.

 

Rz. 61

Grundsätzlich sind vor der Verteilung des Nachlasses die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen (s. § 2046 Abs. 1 BGB), denn nach der Teilung des Nachlasses haben die Gläubiger die Möglichkeit, auch auf das Privatvermögen der Erben zuzugreifen (s. § 2059 BGB). Die Miterben können jedoch einstimmig beschließen, dass einzelne Schulden im Rahmen der Erbauseinandersetzung von einem der Erben zu übernehmen sind. Dies ist jedoch eine reine Vereinbarung im Innenverhältnis und hindert die Gläubiger nicht daran, auch gegen die anderen Miterben vorzugehen.

 

Rz. 62

Sind sich die Erben über die Verteilung des Nachlasses einig, so können sie grundsätzlich formfrei einen Vertrag über die Auseinandersetzung schließen (Ausnahme: Grundstücke bzw. GmbH-Geschäftsanteile im Nachlass). Die Verteilung der einzelnen Nachlassgegenstände richtet sich nach den Vorschriften, die für die Übertragung der einzelnen Vermögensgegenstände gelten. Können sich die Erben nicht einigen, so muss die Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Verteilungsregeln der §§ 2042 Abs. 2, 750–758 BGB erfolgen. Das bedeutet, dass zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen sind, danach erfolgt eine Teilung in Natur, sofern teilbare bzw. gleichartige Gegenstände vorhanden sind, andernfalls sind die Nachlassgegenstände zu veräußern und der Erlös ist zu teilen (s. § 753 BGB).

 

Rz. 63

Da die Erbschaftsteuer bereits mit dem Tod des Erblassers entsteht, kann die Erbauseinandersetzung keinen Einfluss auf die Besteuerung bei der Erbschaftsteuer haben. Den einzelnen Miterben werden daher die Nachlassgegenstände anteilig gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zugerechnet (s. aber Klein, AO, § 39 Rn. 5, wonach § 39 AO für die ErbSt nicht anwendbar sein soll). Wer im Rahmen der Erbauseinandersetzung welchen Nachlassgegenstand erhält, ist ohne Bedeutung. Dies gilt auch nach dem ErbStRG. Zwar wird nach dem ErbStRG bei verschiedenen Steuerentlastungsvorschriften die Erbauseinandersetzung berücksichtigt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b, c, § 13a Abs. 3, § 13b Abs. 3, § 13c Abs. 2, § 19a Abs. 2 ErbStG), eine Gesamtrechtsanalogie verbietet sich jedoch, da sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden hat, gezielte Einzelbestimmungen zu schaffen (s. Wälzholz, ZEV 2009, 113 (114)).

 
Praxis-Beispiel

Erben des E sind A und B zu gleichen Teilen. Im Nachlass enthalten sind ein Grundstück (Steuerwert: 800.000 EUR, Verkehrswert 1.000.000 EUR) und Aktien (Kurswert: 1.000.000 EUR). Im Rahmen der Erbauseinandersetzung einigen sich A und B darauf, dass A die Aktien und B das Grundstück bekommt.

Lösung:

A und B müssen jeweils das halbe Grundstück (400.000 EUR) und die Hälfte der Aktien (500.000 EUR) versteuern.

2.5.2 Erbauseinandersetzung bei Ausgleichspflicht für Vorempfänge

 

Rz. 64

In der Regel erfolgt die Verteilung des Vermögens im Verhältnis der Erbquoten (s. § 2047 Abs. 1 BGB). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn eine Ausgleichspflicht gem. § 2050 BGB besteht. Dies ist bei folgenden Fallgruppen der Fall:

  • der Erblasser hat dem Erben eine Ausstattung gewährt. Ausstattung sind Gegenstände, die einem Abkömmling anlässlich einer Heirat oder zur Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zugewendet werden. Neben der heute eher ungebräuchlichen Aussteuer fällt hierunter z. B. auch die Einräumung einer Teilhaberschaft an der Firma des Erblassers, sofern diese zu günstigeren Konditionen erfolgt, als sie einem Dritten gewährt worden wären (s. Werner in Staudinger, § 2050 Rn. 24),
  • bei Zuschüssen, die der Erblasser dem Erben zu dessen Unterhalt oder zu Ausbildungszwecken gewährt, sofern sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben;
  • bei allen anderen Zuwendungen, bei denen der Erblasser dies vor oder zum Zeitpunkt der Zuwendung angeordnet hat.
 

Rz. 65

Eine Ausgleichspflicht besteht nur für Abkömmlinge und auch nur bei gesetzlicher Erbfolge oder einer gewillkürten Erbeinsetzung, die in der Höhe der gesetzlichen Erbfolge entspricht (s. § 2052 BGB), andernfalls hat der Erblasser die Möglichkeit, Vorabschenkungen schon bei der Bestimmung der Erbteile zu berücksichtigen. Besteht eine Ausgleichspflicht, so sind die Zuwendungen gem. § 2050 BGB dem Nachlass mit ihrem Wert zum Zeitpunkt der Zuwendung zuzurechnen und beim Erben, der sie erhalten hat, von dessen Anteil abzuziehen.

Für die anteilige Zurechnung der Vermögensgegenstände bei der Erbschaftsteuer gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ist entscheidend, was die Erben im Fall einer Auseinandersetzung erhalten. S...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?