Ein Vater schenkt seinem Sohn in 2020 Bargeld i. H. v. 0,5 Mio. EUR und schenkt (vererbt) ihm 1 Mio. EUR in 2021. (Im Beispiel wird mit den Steuersätzen des ErbStRG gerechnet.)
Lösung:
Nachdem die Steuer in 2020 tatsächlich nach dem Steuersatz von 11 % mit 11.000 EUR berechnet wurde, führt die Zusammenrechnung nach § 14 ErbStG hier und in vielen Fällen wegen des Kaskadensprunges (Progression) zu einer Nachversteuerung.
Hinweise: Die Berücksichtigung der Vorerwerbe mit den aktuell gültigen quantitativen Steuermerkmalen (Freibetrag, Steuersatz) führt dazu, dass die frühere Steuer – berechnet nach den aktuellen Merkmalen – aus dem Gesamtsteuerbetrag des Letzterwerbs herausgelöst wird. Für den Fall, dass in der Vergangenheit tatsächlich eine höhere Steuer (z. B. ursprünglich fehlendes Verwandtschaftsverhältnis oder Vorerwerb in der DDR) anfiel, hat der BFH in ständiger Rechtsprechung (Auslöser: BFH vom 18.02.1987, BStBl II 1987, 717; vorläufig letztes Urteil: BFH vom 02.03.2005, BStBl II 2005, 728) immer schon gefordert, dass diese (höhere) Steuer berücksichtigt werden müsse.
Im Jahre 1996 ist der Gesetzgeber diesem Petitum mit Einfügung von § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG gefolgt (Abzug der tatsächlich höheren Vorsteuer). Dies führt zwanglos in der Übertragungs-Praxis nach durchgeführter Erstschenkung zu einer Gestaltungsberechnung, die in der "profiskalischen" Literatur massiv angegriffen wird (Weinmann in M/W, § 14 Rn. 21: "Steuergeschenk"):
Bei geänderten persönlichen Verhältnissen zwischen Übergeber und Übernehmer lässt sich die Höhe steuerfreier Nachschenkungen, der sog. optimale Zuschenkungsbetrag, aus dem Vergleich der Steuerberechnungen Vorerwerb/Letzterwerb unschwer ableiten.