Ausgewählte Rechtsprechung:
BFH vom 08.10.2003, BStBl II 2004, 234;
BFH vom 26.08.2004, BFH/NV 2005, 57;
BFH vom 11.05.2005, BFH/NV 2005, 2011;
BFH vom 24.08.2005, DStR 2006, 178.
Rz. 285
Eine freigebige Zuwendung liegt nur dann vor, wenn ihr keine Gegenleistung gegenübersteht, die den Vermögenszuwachs des Bedachten kompensiert. Der Wert der Gegenleistung ist dabei nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen zu ermitteln. Ebenso fehlt es an der Unentgeltlichkeit, wenn mit der Zuwendung eine bereits bestehende Rechtspflicht gegenüber dem Zuwendungsempfänger erfüllt wird, die bereits aus einem anderen Rechtsgrund besteht. Der Zuwendung steht sodann das Erlöschen der Forderung (§ 362 BGB) gegenüber, so dass lediglich eine Vermögensumschichtung stattfindet. Stehen sich Zuwendung und Gegenleistung wertmäßig nicht in gleicher Höhe gegenüber, sondern ist die Gegenleistung niedriger als der Wert des Zuwendungsgegenstandes, so liegt eine gemischt-freigebige Zuwendung vor (Einzelheiten zur gemischt-freigebigen Zuwendung s. Rn. 312 ff.). Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass mehrere Gegenstände auf den Bedachten übertragen werden, dieser jedoch für einzelne Gegenstände eine (zuordenbare) Gegenleistung zu erbringen hat. Dann liegen verschiedene Rechtsgeschäfte vor, die, soweit hierfür eine Gegenleistung erbracht wird, entgeltlich vorgenommen werden und – soweit sie unentgeltlich geschehen – eine freigebige Zuwendung darstellen.
Rz. 286
Die Gegenleistung muss bis zum Zuwendungszeitpunkt begründet sein, sie kann allerdings zeitlich vor der freigebigen Zuwendung erfolgen (FG Rheinland-Pfalz vom 22.11.2002, DStRE 2002, 551). Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei der Schenkungsteuer um eine Stichtagssteuer handelt und der Vermögenszuwachs dem Bedachten nicht dauerhaft verbleiben muss. Daraus folgt, dass das Vorliegen einer Gegenleistung im Zuwendungszeitpunkt (Zeitpunkt der Entstehung der Steuer) nicht dadurch nachträglich entfällt, dass die Gegenleistung abredewidrig nicht erbracht wird. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn bereits von Anfang an beabsichtigt war, die Gegenleistung nicht zu erbringen (Scheingeschäft). Gegenleistungen, die erst nach Ausführung der Zuwendung vereinbart werden, sind daher nicht zu berücksichtigen (BFH vom 06.03.1990, BFH/NV 1990, 809). Eine Zahlung für den Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht, das der Zuwendende sich bei Übertragung des Grundstücks vorbehalten hat, kann daher nicht als Gegenleistung für die Grundstücksübertragung angesehen werden (BFH vom 19.12.2007, BStBl II 2008, 260). Auch die nachträgliche Umwandlung einer freigebigen Zuwendung in ein entgeltliches Rechtsgeschäft (Darlehen statt Schenkung) kann – unabhängig von der zivilrechtlich bestehenden Möglichkeit einer derartigen Vertragsänderung (Kollhosser in MüKo, § 516 BGB Rn. 18) – keine Gegenleistung begründen (BFH vom 02.10.1957, BStBl III 1957, 449).
Rz. 287
Leistungen des Bedachten, die dieser im Hinblick auf bestehende Rückforderungsrechte oder Herausgabeansprüche des Zuwendenden erbringt, sind keine Gegenleistungen. In Betracht kommt allerdings ein rückwirkender Wegfall der Schenkungsteuer gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Besteht ein Rückforderungsrecht oder ein Herausgabeanspruch des Zuwendenden und leistet der Bedachte zur Abwendung der Herausgabepflicht eine Zahlung an den Zuwendenden, so stellt auch dies keine (nachträgliche) Gegenleistung dar und führt nicht zu einer Entgeltlichkeit der ursprünglichen Zuwendung. In Betracht kommt allerdings § 29 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (s. § 29 Rn. 48 ff.). Wird eine Zahlung jedoch zur Abwendung der Herausgabe gem. § 2329 Abs. 2 BGB erbracht, besteht die Möglichkeit, die Zahlung wie eine Erbfallschuld nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG bereicherungsmindernd abzuziehen (BFH vom 08.10.2003, BStBl II 2004, 234; vom 11.05.2005, BFH/NV 2005, 2011).
Rz. 288
Die Gegenleistung muss, um die Unentgeltlichkeit der Zuwendung entfallen zu lassen, mit der Leistung in einem rechtlichen Zusammenhang stehen. Ein rein faktisches Nebeneinanderstehen von Forderung und Verbindlichkeit reicht nicht aus (BFH vom 21.05.2001, BFH/NV 2001, 1404). Dieser rechtliche Zusammenhang kann entweder synallagmatischer, konditionaler oder kausaler Natur sein. Während ein synallagmatischer Zusammenhang immer dann gegeben ist, wenn die Zuwendung und die Erbringung der Gegenleistung als Hauptpflicht (typisches Beispiel: Kaufvertrag) erbracht wird, ist eine konditionale Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung gegeben, wenn die Gegenleistung eine Wirksamkeitsvoraussetzung (Bedingung, § 158 BGB) der Leistung darstellt. Eine kausale Verknüpfung ist gegeben, wenn in der Gegenleistung die Geschäftsgrundlage der Leistung zu sehen ist. Der Bedachte ist daher bei einer konditionalen oder kausalen Verknüpfung zu einer Gegenleistung nicht verpflichtet, die Gegenleistung stellt vielmehr – bei der konditionalen Verknüpfung – eine Bedingung der Zuwendung dar bzw. wird – bei der kausalen Verknüpfung – vom Zuwendenden für den Leistungsempfänger...