Rz. 410
Die lebzeitige Aufnahme eines Unternehmensnachfolgers, meist im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, ist ein in der Praxis häufig beschrittener und sachgerechter Weg. Erfolgt die Aufnahme un- oder teilentgeltlich, so ist darin eine Zuwendung des Anteile abgebenden Gesellschafters an den Neugesellschafter bzw. bei Teilentgeltlichkeit eine gemischt-freigebige Zuwendung zu sehen. Die Übernahme von Verpflichtungen des Neugesellschafters, z. B. die Pflicht zur Mitarbeit oder die Haftung für Schulden der Gesellschaft sowie das Verlustrisiko, haben keine Auswirkungen auf die Bereichung durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils (RFH vom 10.07.1941, RStBl 1941, 854; BFH vom 01.07.1992, BStBl II 1992, 923; vom 14.12.1995, BStBl II 1996, 546). Daraus folgt sodann, dass die unentgeltliche Übertragung eines Personengesellschaftsanteils durch die Übernahme dieser dem Gesellschaftsverhältnis entspringenden Verpflichtungen nicht zu einer gemischt-freigebigen Zuwendung führt.
Rz. 411
Nach der Rspr. des BFH (Urteile vom 14.09.1994, BStBl II 1995, 81; vom 15.07.1998, BStBl II 1998, 630; vom 05.02.2020, DStR 2020, 1721; vgl. auch Daragan, NWB 2017, 1601; Georg, ZEV 2018, 429; Bäuml, NWB 2020, 3030; Christopeit, DB 2021, 1229 und krit. hierzu Wachter, GmbHR 2020, 1041) ist eine Personengesellschaft kein taugliches Erbschaftsteuersubjekt. Zuwendende bzw. Bedachte sind vielmehr die dahinter stehenden Gesellschafter (Transparenzprinzip). Dies hat zur Folge, dass bei Zuwendungen an eine Personengesellschaft Bedachte jeweils die dahinter stehenden Gesellschafter entsprechend ihrem Kapitalanteil sind. Aber auch hier gilt der Grundsatz, dass Vermögenshingaben an eine Personengesellschaft, die im Rahmen des Gemeinschaftszwecks getätigt werden, mangels Unentgeltlichkeit nicht der Schenkungsteuer unterfallen. Eine freigebige Zuwendung an die Mitgesellschafter (anteilig) ist erst dann gegeben, wenn infolge der Zuwendung das innergesellschaftliche Leistungsverhältnis nicht mehr als ausgewogen anzusehen ist (vgl. hierzu auch Höne, NWB-EV 2011, 135).
Rz. 412
Auch bei Vermögenshingaben der Personengesellschaft an einzelne Gesellschafter kann es zu freigebigen Zuwendungen kommen. Eine verdeckte Erfolgsteilhabe (ohne adäquate Leistungszuwendung) ist bspw. mittels sog. Sondervergütungen (s. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) oder durch verschleierte Vorteilszuwendungen mittels "Drittgeschäften" gestaltbar. Auch hier kann eine freigebige Zuwendung aber erst dann angenommen werden, wenn sich die Vermögenshingabe außerhalb des Gesellschaftszwecks befindet. Werden z. B. verschleierte Vorteilszuwendungen durch Drittgeschäfte regelmäßig von der Gesellschaft durchgeführt und begünstigen sie jeweils unterschiedliche Gesellschafter, und nicht nur einseitig einen Gesellschafter, so bewegt sich dieses Vorgehen – unabhängig der ertragsteuerrechtlichen Einordnung – noch i. R.d. Gemeinschaftszwecks (keine nachhaltige Störung des Äquivalenzprinzips) und führt nicht zu einer freigebigen Zuwendung. Eine solche kann erst dann angenommen werden, wenn z. B. die Drittgeschäfte immer nur einen Gesellschafter bevorteilen. Ob in diesen Fällen, wie von Gebel (in T/G/J/G, § 7 Rn. 195) vertreten, die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung bei Kapitalgesellschaften entsprechend anzuwenden sind, wurde vom BFH bislang nicht entschieden (vgl. auch Rn. 433 ff. sowie Wachter, GmbHR 2020, 1041).
Rz. 413
Gründen Eltern mit ihren Kindern eine vermögensverwaltende Familien-Personengesellschaft, in die die Eltern im Rahmen der Gründung Grundbesitz einbringen, während die Kinder keine Einlage zu leisten haben, so liegt in der unentgeltlichen Vermögensübertragung bei Gründung der Personengesellschaft eine mittelbare Zuwendung der (werthaltigen) Gesellschaftsanteile an die Kinder (BFH vom 14.12.1995, BStBl II 1996, 546; FG Münster vom 16.05.2002, EFG 2002, 1101). Werden mit dem Grundvermögen verbundene Verbindlichkeiten übernommen, greift im Falle einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG ein, mit der Folge, dass eine gemischt-freigebige Zuwendung anzunehmen ist (ertragsteuerlich liegt dann ein Teilerwerb vor). Weitere Einzelheiten zu vermögensverwaltenden Familien-Personengesellschaften vgl. Rn. 563 ff.
Rz. 414
Erhält ein Neugesellschafter im Rahmen einer Kapitalerhöhung einen neu geschaffenen Gesellschaftsanteil zum Nennwert, so kann im Übergang der anteiligen stillen Reserven vom Altgesellschafter auf den Neugesellschafter eine freigebige Zuwendung liegen (FG Münster vom 16.05.2002, EFG 2002, 1101).
Rz. 415–416
vorläufig frei