Rz. 433
Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter oder diesen nahestehenden Personen kommen insb. bei verdeckten Gewinnausschüttungen vor, die ein Spiegelbild zu den Einlagefällen bilden. Die Beurteillung derartiger Fälle fußt auf zwei Grundaussagen des BFH:
- Mit Urteil vom 30.01.2013 (BStBl II 2013, 930; ebenso Beschluss vom 02.09.2015, BFH/NV 2015, 1586) hat der BFH entschieden, dass im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen gibt. Damit hat der BFH unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass verdeckte Gewinnausschüttungen dem Ertragsteuerbereich zugeordnet werden, nicht aber der Schenkungsteuer. Verdeckte Gewinnausschüttungen haben daher immer eine gesellschaftsbezogene Begründung, die eine freigebige Zuwendung der Gesellschaft an den begünstigten Gesellschafter ausschließen. Auch liegt in diesen Fällen keine freigebige Zuwendung zwischen den Gesellschaftern vor, da es insoweit an einer substanziellen Vermögensverschiebung fehlt (vgl. auch Kotzenberg/Lorenz, DStR 2018, 1346, 1352). Die FinVerw hat sich dieser Auffassung angeschlossen (R E 7.5 Abs. 7 Satz 1 ErbStR).
- Mit Urteilen vom 13.09.2017 (BStBl II 2018, 292, 296, 299) hat der BFH des Weiteren festgehalten, dass verdeckte Gewinnausschüttungen an nahestehende Personen des Gesellschafters keine gemischt-freigebige Zuwendung der GmbH i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person darstellen, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. Auch in diesem Fall beruht die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter. Dies gilt auch dann, wenn mehrere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind, von denen zumindest einer bei der Vereinbarung zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat. Gleichzeitig führt der BFH in seinen Entscheidungen in einem obiter dictum aus, dass in derartigen Gestaltungen eine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person in Betracht kommt, was von der Ausgestaltung der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehungen abhängt. Als mögliche Rechtsbeziehung nennt der BFH Schenkungsabrede, Darlehen, Kaufvertrag. Damit hat der BFH sein obiter dictum aus dem Urteil vom 07.11.2007 (BStBl II 2008, 258), in dem er noch eine (gemischt-)freigebige Zuwendung der Gesellschaft an die dem Gesellschafter nahestehende Person für möglich hielt, revidiert und zieht nunmehr eine (gemischt-)freigebige Zuwendung des Gesellschafters an die ihm nahestehende Person in Betracht. Begründet wird dies damit, dass der Gesellschafter durch die Mitwirkung an der verdeckten Gewinnausschüttung auf einen Teil seines Gewinnausschüttungsanspruchs gem. § 29 GmbHG verfügt oder eine Entnahme tätigt. Darin liegt die Vermögensminderung beim Gesellschafter, die spiegelbildlich bei der nahestehenden Person zu einer Vermögensmehrung führt.
Bei verdeckten Gewinnausschüttungen an nahestehende Personen sind daher zwei verschiedene Rechtsbeziehungen zu unterscheiden und jeweils getrennt zu betrachten: Zum einen das Verhältnis zwischen der dem Gesellschafter nahestehenden Person und der Gesellschaft. Hier liegt keine freigebige Zuwendung vor. Zum anderen das Verhältnis zwischen Gesellschafter und der ihm nahestehenden Person. Hier hält der BFH eine freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG für möglich, je nach der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehung (Schenkungsabrede, Darlehen, Kaufvertrag).
Die FinVerw ist auch in diesem Punkt im Grundsatz der Auffassung des BFH gefolgt (R E 7.5 Abs. 7 Satz 2 ErbStR).
Rz. 434
vorläufig frei
Rz. 435
Mit dem Urteil vom 30.01.2013 ist nunmehr klargestellt, dass verdeckte Gewinnausschüttungen an Gesellschafter keine (gemischt-)freigebige Zuwendung der Gesellschaft an den durch die verdeckte Gewinnausschüttung begünstigten Gesellschafter darstellen. Dies gilt auch dann, wenn an der Gesellschaft mehrere Gesellschafter beteiligt sind. Hiervon zu unterscheiden ist allerdings der Fall, dass im Rahmen einer (offenen) Gewinnausschüttung ein Gesellschafter zugunsten seiner Mitgesellschafter auf einen bereits entstandenen Gewinnanspruch verzichtet. Es liegt dann zwar auch keine freigebige Zuwendung der Gesellschaft an den begünstigten Gesellschafter vor, allerdings greift § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im Verhältnis von verzichtendem Gesellschafter und seinen Mitgesellschaftern ein (R E 7.5 Abs. 7 Satz 10 ErbStR). Nach Verwaltungsauffassung soll dies auch in Fällen einer nicht leistungsbezogenen bestimmten disquotalen Gewinnausschüttung gelten können (R E 7.5 Abs. 7 Satz 11 ErbStR; ebenso Höne, NWB-EV 2018, 236; vgl. aber auch Götz, NWB 2018, 2098, 2102).
Rz. 436
vorläufig ...