Rz. 31
Es ist nach § 28a Abs. 1 Satz 2 ErbStG zu beachten, dass ein Erwerber nicht die Verschonungsbedarfsprüfung durchlaufen kann, wenn und soweit er begünstigtes Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2–8 ErbStG aufgrund einer letztwilligen Verfügung des EL oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des EL oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss. Nach § 28a Abs. 1 Satz 2 und 3 ErbStG kann ein Erwerber die Verschonungsbedarfsprüfung nicht in Anspruch nehmen, soweit er das erworbene begünstigte Vermögen aufgrund einer letztwilligen Verfügung des EL oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des EL oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss. Die Regelung entspricht der des § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG (s. § 13a Rn. 94 ff.), die wiederum der des früheren § 13a Abs. 3 Satz 1 ErbStG a. F. entspricht.
Rz. 32
Letztwillige Verfügung ist dabei das Testament, rechtsgeschäftliche Verfügung ist z. B. ein Erbvertrag oder ein Vertrag zugunsten Dritter oder auch der Schenkungsvertrag selbst.
Sobald also eine entsprechende Weitergabeverpflichtung durch den EL willentlich statuiert worden ist, kommt eine Verschonungsbedarfsprüfung des erworbenen begünstigten Vermögens für den Erben nicht mehr in Betracht. Mithin muss zunächst die Prüfung erfolgen, ob überhaupt der Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 ErbStG zugängliches Vermögen nach § 28a Abs. 1 Satz 2 ErbStG vorliegt. Die Regelung des § 28a Abs. 1 Satz 1 ErbStG kann nur auf Vermögen angewendet werden, das diese Vorprüfung positiv durchlaufen hat.
Rz. 33
Die Prüfung des Verschonungsbedarfs bei Vermögensweitergabe kann jedoch nur für die Fälle gelten, in denen der Erwerb des Dritten aufgrund letztwilliger Anordnung des EL oder rechtsgeschäftlicher Verfügung des EL oder Schenkers erfolgt. Findet der Erwerb dagegen durch eine eigenständige Übertragungsverfügung des Erben oder Beschenkten statt, kann die Verschonungsregelung weder vom Erwerber noch vom Dritten geltend gemacht werden. Damit muss notwendigerweise auch der Dritte in Beziehung zum EL bzw. Schenker stehen und durch diesen zumindest als Auflagenberechtigter bedacht sein.
Rz. 34
Eine letztwillige Verfügung des EL in diesem Sinne liegt vor, wenn eine Verfügung i. S. d. § 1937 BGB getroffen wurde. Darunter fallen als einseitige Verfügungen von Todes wegen das Testament und letztwillige Verfügungen, die den bzw. die Erben bestimmen. Die Verfügung von Todes wegen wird als rechtsgeschäftliche Anordnung des EL, die erst mit dessen Tod Wirkung erlangen soll und in spezifisch erbrechtlichen Formen erfolgt, definiert (s. Leipold in MüKo, 8. Aufl. 2020, § 1937 BGB Rn. 4). Das Testament stellt eine einseitige Verfügung von Todes wegen dar, d. h. eine Verfügung durch einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung des EL. Der Inhalt der Verfügung kann eine Erbeinsetzung (s. auch §§ 2096, 2100, 1938 BGB), Vermächtniszuwendung oder auch Teilungsanordnung sein (s. Leipold in MüKo, § 1937 BGB Rn. 6). Folgende weitere erbrechtliche Verfügungen sind denkbar: Vermächtnisanordnung (s. § 1939 BGB), Auflagenbestimmung (s. § 1940 BGB), Entziehung des Voraus (s. § 1932 BGB), Entziehung des Dreißigsten (s. § 1969 BGB), Ausschluss der Auseinandersetzung (s. § 2044 BGB), Teilungsanordnung (s. § 2048 BGB) oder Anordnungen mit aufschiebenden oder auflösenden Bedingungen (s. §§ 2074ff. BGB). Zu den Gründen, die eine verschonungsschädliche Übertragungsverpflichtung verursachen, zählt auch, wenn die Übertragung aufgrund einer qualifizierten Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag oder einer landwirtschaftlichen Sondererbfolgeregelung, z. B. nach der Höfeordnung, erfolgen muss.
Rz. 35
Alternativ kann sich nach § 28a Abs. 1 Satz 2 ErbStG die Übertragungsverpflichtung des Erwerbers auch aus rechtsgeschäftlicher Anordnung ergeben. Damit ist ein Rechtsgeschäft unter Lebenden gemeint, mit dem Rechtsfolgen gesetzt werden, die erst mit dem Tod eines Beteiligten eintreten (s. Leipold in MüKo, § 1937 BGB Rn. 4). Diesbezüglich sind insb. der Erbvertrag i. S. d. § 2278 BGB und das Schenkungsversprechen auf den Tod i. S. d. § 2301 BGB zu nennen. Dazu gehören auch sog. Verträge zugunsten Dritter wie die formlose Vereinbarung mit einem Kreditinstitut, ein Kontoguthaben, Wertpapierdepot oder Sparguthaben, das bei der Bank verwahrt wird, auf den Zeitpunkt des Todes auf einen Dritten zu übereignen (s. Kanzleiter in Staudinger, BGB, § 2301 Rn. 44 ff.).
Rz. 36
Die Folgen des § 28a Abs. 1 Satz 2 ErbStG treten unmittelbar bei Vorliegen einer Weitergabeverpflichtung ein und nicht erst dann, wenn diese Verpflichtung erfüllt wird (so Geck in K/E, 2000, § 13a Rn. 66 für § 13a ErbStG a. F., der eine entsprechende Regelung für die Freibeträge und verminderte Wertansätze für das BV enthielt; entsprechend auch R E 13d Abs. 8 Sätze 1–3 ErbStR). Der zur Weitergabe des begünstigten Vermögens verpflichtete Erwerber wird dann so besteuert, als ob das weiterzugebende Vermögen auf ihn als nicht begünstigtes Vermögen übergegangen sei. Eine Verschonungsbedarfsprüfung ka...