Ausgewählte Literaturhinweise:

Fiedler, Zur Besteuerung des Erwerbs einer gemischt-fälligen Kapitallebensversicherung von Todes wegen, DStR 2005, 1966;

Fromm, Ende der 2/3-Bewertung von 5/7er Kapitallebensversicherungen?, DStR 2005, 1465, 1969;

Fuhrmann, Bezugsrechte von Kapitallebensversicherungen zugunsten naher Angehöriger, ErbStB 2005, 355 und 2006, 13;

Gebel, Mittelbare Schenkung einer Versicherungssumme durch unentgeltliche Einräumung eines Bezugsrechts aus einer Kapitallebensversicherung, ZEV 2005, 236;

Halaczinsky, Lebensversicherungen im Erbschaftsteuerrecht, ZErb 2002, 306;

Lehmann, Die Erbschaftsbesteuerung von Versicherungsverträgen, ZEV 2004, 398;

Wedemann, Trans- und postmortale Vollmachten für unentgeltliche Zuwendungen: Eine erbschaft- und schenkungsteuerliche Problemquelle, ZEV 2013, 581;

Welker, Die Lebensversicherung im Erbfall, NWB 2012, 2403;

Welker, Die Lebensversicherung in der Nachlass- und Nachfolgeplanung, NWB-EV 2012, 6.

Ausgewählte Rechtsprechung:

BFH vom 30.06.1999, BStBl II 1999, 742;

BFH vom 23.10.2002 BStBl II 2003, 162;

BFH vom 10.01.2005, BStBl II 2005, 408.

2.8.1.1 Zivilrechtliche Konzeption, Begriffsbestimmung

 

Rz. 489

Schenkungen können nicht nur in zweiseitigen Rechtsverhältnissen bewirkt werden, vielmehr kann man hierfür auch mehrseitige Rechtsverhältnisse nutzen. Das Zivilrecht stellt hierfür die Rechtsfigur des Vertrags zugunsten Dritter (§§ 328ff. BGB) zur Verfügung.

 

Rz. 490

Danach kann durch Vertrag eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Erwirbt der Dritte ein eigenes Recht, die Leistung zu fordern, spricht man von einem echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB). Kann nur der Gläubiger (Versprechensempfänger), nicht aber der Dritte die Leistung vom Schuldner (Versprechender) verlangen, liegt ein unechter Vertrag zugunsten Dritter vor. Schenkungsteuerlich ist dies für die Frage der Entstehung der Steuer relevant, da im ersten Fall die Schenkung bereits mit Erwerb des Forderungsrechts vollzogen ist, im letzten Fall erst mit Übertragung des Schenkungsgegenstandes an den Drittbegünstigten.

 

Rz. 491

Typisch für Verträge zugunsten Dritter ist das Entstehen eines Dreiecksverhältnisses. Zu unterscheiden ist zwischen dem sog. Deckungsverhältnis, das zwischen dem Gläubiger oder Versprechensempfänger und dem Schuldner oder Versprechenden, der regelmäßig die Leistung physisch bewirkt, besteht und dem sog. Valutaverhältnis, das zwischen dem Gläubiger (Versprechensempfänger) und dem Drittbedachten oder Drittbegünstigten besteht. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner (Versprechender oder Leistender) und dem Bedachten (Drittbegünstigten) wird als Vollzugsverhältnis oder Leistungsverhältnis bezeichnet, wobei hier typischerweise nur bei echten Verträgen zugunsten Dritter ein Rechtsverhältnis besteht, ansonsten lediglich die physische Leistungserbringung stattfindet.

 

Rz. 492

Grafisch lassen sich die zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse zugunsten Dritter wie folgt darstellen:

 

Rz. 493

In Folge der unterschiedlichen Rechtsbeziehungen ist jeweils exakt darauf zu achten, in welchem Rechtsverhältnis sich die Zuwendung vollzieht. Die Bezeichnungen "Gläubiger" und "Schuldner" werden vom Deckungsverhältnis her bestimmt. Im Valutaverhältnis ist wiederum der "Dritte" Gläubiger und der "Versprechensempfänger" Schuldner der danach zu erbringenden Leistung.

 

Beispiel 1:

Der Ehemann E (Versicherungsnehmer) schließt mit der Versicherungsgesellschaft V eine Kapitallebensversicherung ab, die bei Erreichen des 65. Lebensjahres des E ausgezahlt werden soll. E benennt als Begünstigten seine Ehefrau F.

Lösung:

Das Beispiel stellt einen typischen Fall eines Vertrages zugunsten Dritter dar. Im Deckungsverhältnis (E-V) besteht ein (entgeltlicher) Versicherungsvertrag. Dieser begünstigt F, die bei Auszahlung die Versicherungssumme erhält. Rechtsgrund im Valutaverhältnis (E-F) stellt ein Schenkungsvertrag dar. Mit Auszahlung der Versicherungssumme vollzieht sich die Zuwendung von E an F, unbeachtet der Tatsache, dass die physische Leistungserbringung von V erfolgt.

 

Beispiel 2:

Vater V zahlt während des Studiums seines Sohnes S dessen Miete am Studienort. Den Mietvertrag hat S mit dem Vermieter D abgeschlossen.

Lösung:

Mit Zahlung der Miete tilgt V die Verbindlichkeit des S im Valutaverhältnis gegenüber D. Im Deckungsverhältnis (V-S) liegt eine Schenkung vor, sofern V gegenüber S auf ein eventuell bestehendes Rückforderungsrecht verzichtet. Dass vorliegend ein unechter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, da D kein Forderungsrecht gegenüber V besitzt (§ 328 Abs. 2 BGB), ist lediglich für die Bestimmung des Zeitpunkts der Zuwendung, nicht aber für das Vorliegen der Zuwendung relevant.

 

Beispiel 3:

Der verwitwete Vater V schließt mit seinem Sohn S und seiner Tochter T einen Übergabevertrag in Wege der vorweggenommenen Erbfolge des Inhalts, dass S das gesamte Betriebsvermögen erhält und er an seine Schwester T eine Gleichstellungszahlung vornehmen muss.

Lösung:

Hier liegen zwei Zuwendungen...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?