Rz. 28
Wie in Rz. 22 ausgeführt, setzt sich das BV einer Mitunternehmerschaft aus dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, soweit es BV ist (vgl. R B 97.4 Abs. 1 Satz 1 ErbStR) und dem Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter (vgl. R B 97.2 ErbStR) zusammen. Beide Vermögensteile sind getrennt zu bewerten (§ 97 Abs. 1a Satz 1 und Abs. 1 Nr. 2 BewG). Im Rahmen der getrennten Bewertung kommt es grds. (Ausnahme: § 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BewG) zu keiner bewertenden Korrektur der Rechtsgeschäfte zwischen Mitunternehmerschaft und Mitunternehmer, sodass unangemessene Vergütungen nicht korrigiert werden (vgl. R B 97.2 Satz 6 ErbStR, kritisch dazu Wälzholz in V/S/W, § 97 Rz. 29 m. w. N.).
Einem Mitunternehmer wird i. R. d. Aufteilung des BV gem. § 97 Abs. 1a BewG sein Anteil am Gesamthandsvermögen zugeordnet und anschließend sein Sonder-BV berücksichtigt. Im Rahmen des § 97 Abs. 1a BewG erfolgt daher im ersten Schritt eine Aufteilung des nach den §§ 109 Abs. 2, 11 Abs. 2 BewG ermittelten Gesamtwertes des Gesamthandsvermögens nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG auf die einzelnen Gesellschafter. Das jeweilige Sonder-BV wird mit seinem im Wege der Einzelbewertung ermittelten gemeinen Wert dem Betrag des Anteils des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen gem. § 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG hinzuaddiert (vgl. R B 97.4 Abs. 4 ErbStR). Dabei ist es ausreichend, nur das Sonder-BV für den zu bewertenden Mitunternehmeranteil zu ermitteln, da sich die Bewertung nur auf den Mitunternehmeranteil erstreckt, der unentgeltlich übertragen wurde (vgl. R B 97.4 Abs. 1 Satz 3 ErbStR).
Rz. 29
Gemäß § 97 Abs. 1a BewG ist der gemeine Wert eines Anteils am BV einer Mitunternehmerschaft i. S. d. § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG wie folgt zu ermitteln und aufzuteilen (vgl. Kreutziger in K/S/S, § 97 Rz. 56; ausführliche Beispielrechnung in H B 97.4 ErbStR):
- Ermittlung des gemeinen Werts des Gesamthandsvermögens (§ 109 Abs. 2 BewG i. V. m. §§ 9, 11 Abs. 2 BewG) gem. § 97 Abs. 1a Satz 1 BewG;
- Aufteilung des gemeinen Werts des Gesamthandsvermögens durch Vorwegzurechnung der Kapitalkonten auf die einzelnen Mitunternehmer ohne Ansätze aus Ergänzungsbilanzen (siehe Rz. 24) gem. § 97 Abs. 1a Nr. 1a BewG
- Aufteilung des danach verbleibenden Werts des gesamthänderischen BBV nach dem für die Gesellschaft maßgeblichen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter ohne Vorabgewinne zu berücksichtigen (s. R B 97.4 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStR) gem. § 97 Abs. 1a Nr. 1b BewG;
- gesonderte Ermittlung des gemeinen Werts der Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonder-BV des Gesellschafters gem. § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG;
- Addition des Anteils am Gesamthandsvermögen des betroffenen Gesellschafters und des Werts seines Sonder-BV gem. § 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG.
Der vorstehend skizzierte Aufteilungsmechanismus ist als typisierende Regelung auch dann zwingend zu beachten, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass der danach ermittelte Wert eines Anteils (z. B. durch die Zuordnung des Kapitalkontos) vom gemeinen Wert abweicht, weil andere Gesellschafter negative Kapitalkonten haben, so dass das Unternehmen wertlos ist (vgl. BFH vom 17.06.2020, DStR 2020, 2596). Er kommt nicht zur Anwendung, wenn der anteilige Wert des Mitunternehmeranteils am Gesamthandsvermögen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus Verkäufen abgeleitet (Verkaufswert) oder mittels einer allgemein anerkannten Bewertungsmethode (Gutachtenswert) ermittelt wird (vgl. BFH vom 17.06.2020, DStR 2020, 2596; R B 97.4 Abs. 2 Satz 2 ErbStR; Eisele in R/T, § 97 Rz. 32). In diesen Fällen sind der Verkaufswert bzw. der Gutachtenswert dem Gesellschafter anteilig (nach seiner Beteiligungsquote) zuzurechnen und anschließend der gemeine Wert seines Sonder-BV gem. 97 Abs. 3 BewG hinzuzuaddieren (vgl. R B 97.4 Abs. 5 und 6 ErbStR).
Rz. 30
Bei der Vorwegzurechnung der Kapitalkonten als Anteil am Wert des Gesamthandsvermögens sind alle Eigenkapitalkonten, also Festkapitalkonten, variable Kapitalkonten, gesellschafterbezogene Rücklagenkonten und die Anteile an gesamthänderisch gebundenen Rücklagen der Steuerbilanz als Kapitalkonten zu berücksichtigen (vgl. Kreutziger in K/S/S, § 97 Rz. 57; Eisele in R/T, § 97 Rz. 28).
Im Einzelfall kann die Vorwegzurechnung der Kapitalkonten dazu führen, dass einem Mitunternehmer ein positiver Wert aufgrund seines positiven Kapitalkontos zugerechnet wird, obwohl der gemeine Wert der Mitunternehmerschaft wegen der negativen Kapitalkonten anderer Mitunternehmer insgesamt negativ ist. Nach der Rechtsprechung des BFH sind solche Verwerfungen aufgrund der typisierenden und generalisierenden Regelung des § 97 Abs. 1a BewG verfassungsrechtlich zulässig und hinzunehmen (vgl. BFH vom 17.06.2020, DStR 2020, 2596).
Rz. 31
Nach der Vorwegzurechnung der Kapitalkonten ist der nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilende verbleibende Wert der Betrag der stillen Reserven, der sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert in der Steuerbilanz und dem gem. § 109 BewG ermittelten gemeinen Wert des BV ergibt. Der verbleibende Wert kan...