Rz. 20

Das Problem beim Tarif gem. § 19 Abs. 1 ErbStG besteht darin, dass bei einem knappen Überschreiten der Wertgrenze der Steueranstieg höher ausfallen kann als der Mehrerwerb, so dass der Erwerber netto weniger erhält.

 
Praxis-Beispiel

Erbe des E ist seine Lebensgefährtin N (Steuerklasse III). Der steuerpflichtige Erwerb beträgt

  1. 6.000.000 EUR,
  2. 6.000.100 EUR.

Lösung ohne Anwendung von § 19 Abs. 3 ErbStG:

 

Rz. 21

Dieser Effekt würde einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip darstellen und wird durch den sog. Härteausgleich des § 19 Abs. 3 ErbStG vermieden. Dadurch wird sichergestellt, dass der die Wertgrenze übersteigende Erwerb maximal mit 75 % versteuert wird.

 

Lösung mit Anwendung von § 19 Abs. 3 ErbStG:

 

Rz. 22

Der Härteausgleich lässt sich am einfachsten berechnen, indem zunächst die Steuer auf die Wertgrenze berechnet und zu dieser dann die Differenz zwischen tatsächlichem Erwerb und der Wertgrenze multipliziert mit 50 % (§ 19 Abs. 3 Buchst. a ErbStG) bzw. 75 % (§ 19 Abs. 3 Buchst. b ErbStG) addiert wird. Ist die so errechnete Steuer niedriger als die gem. § 19 Abs. 1 ErbStG, so ist § 19 Abs. 3 ErbStG anwendbar und das ist die zu erhebende Steuer. Andernfalls ist § 19 Abs. 3 ErbStG nicht anwendbar und es verbleibt bei der Steuer gem. § 19 Abs. 1 ErbStG.

 

Lösung nach dem obigen Beispiel:

Da die Steuer niedriger ist als die gem. § 19 Abs. 1 ErbStG i. H. v. 3.000.050 EUR, ist § 19 Abs. 3 Buchst. b ErbStG anwendbar, so dass die festzusetzende Erbschaftsteuer lediglich 1.800.075 EUR beträgt.

 

Rz. 23

Ob die Differenz mit 75 % oder mit 50 % versteuert wird, hängt davon ab, ob der Steuersatz gem. § 19 Abs. 1 ErbStG bis zu 30 % beträgt, dann sind es 50 % (§ 19 Abs. 3 Buchst. a ErbStG), oder ob er mehr als 30 % beträgt, dann sind es 75 % (§ 19 Abs. 3 Buchst. b ErbStG). Der Härteausgleich ist in folgenden Fällen anwendbar:

Tabelle der maßgebenden Grenzwerte für die Anwendung des Härteausgleichs (H E 19 "Härteausgleich/Tabelle der maßgebenden Grenzwerte für die Anwendung des Härteausgleichs" ErbStH):

 

Rz. 24

Die Härtefallregelung ist integraler Bestandteil des Steuertarifs und kommt daher auch in den Fällen der §§ 6 Abs. 2, 10 Abs. 2, 14 und 15 Abs. 3, 19a und 23 ErbStG sowie bei § 25 ErbStG a. F. zur Anwendung (H E 19 "Härteausgleich" ErbStH). In diesen Fällen muss zunächst ein Durchschnittssteuersatz errechnet werden, der dann zur Anwendung kommt. Dies geschieht dadurch, dass die Steuer gem. § 19 Abs. 3 ErbStG ins Verhältnis gesetzt wird zum steuerpflichtigen Erwerb.

 
Praxis-Beispiel

E hat in seinem Testament seiner Mutter M eine Leibrente vermacht, deren Kapitalwert nach § 14 Abs. 1 BewG 433.224 EUR beträgt.

Lösung:

Zur Berechnung der Jahressteuer i. S. d. § 23 Abs. 1 ErbStG anzuwendender Steuersatz: 49.600 EUR/333.200 EUR = 14,88 %.

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