Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 45
Der gemeine Wert eines Anteils ist demzufolge nach den für die KapG auch für außersteuerliche Zwecke üblicherweise angewandten Bewertungsverfahren zu berechnen. I.d.R. wird zumindest bei Beteiligungen an großen KapG die Ertragswertmethode zur Anwendung kommen, weil sie von der Fragestellung ausgeht, welches Kapital ein gedachter Investor einsetzen würde, um aus seinem Investment eine angemessene Rendite zu erzielen. Das Ertragswertverfahren als Ausprägung eines Gesamtbewertungsverfahrens ermittelt den Unternehmenswert durch Diskontierung der in der Zukunft zu erwartenden Erträge; der Ertragswert entspricht demnach der Summe der abgezinsten zukünftigen Unternehmensgewinne.
Rz. 46
Die Ertragswertmethode ist jedoch nicht für die Bewertung eines jeden Unternehmens geeignet bzw. an jedem Markt üblich. Kommen demnach andere gebräuchliche Bewertungsmethoden zur Preisfindung zum Einsatz, sind diese zu übernehmen. Andere Bewertungsmethoden i. d. S. sind bspw. vergleichsorientierte Methoden oder Multiplikatorenmethoden. Ein bestimmtes Bewertungsverfahren wird somit vom Gesetzgeber (bewusst) nicht vorgegeben, sondern dem jeweiligen Einzelfall überlassen. Der Steuerpflichtige kann demnach den gemeinen Wert des Anteils durch Vorlage eines methodisch nicht zu beanstandenden Gutachtens nachweisen, das auf den für die Verwendung in einem solchen Verfahren üblichen Daten der betroffenen KapG aufbaut. Die Gutachterkosten wären in diesem Fall als Nachlassverbindlichkeiten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigen (H E 10.7 "Steuerberatungskosten" ErbStH). Das Gleiche gilt i. R. einer Schenkung; dort wären sie ebenfalls in vollem Umfang bereicherungsmindernd abzugsfähig (R E 7.4 Abs. 4 ErbStR i. V. m. gleichlautenden Erlassen der Länder vom 23.03.2015, BStBl I 2015, 264).
Anhaltspunkte dafür, dass ein Erwerber neben den ertragswertorientierten Verfahren eine andere übliche Methode zugrunde legen kann, können sich insb. aus branchenspezifischen Veröffentlichungen (z. B. Kammern) ergeben (R B 11.2 Abs. 2 Satz 3 ErbStR).
Rz. 47
vorläufig frei