Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 72
Durch das BeitrRLUmsG vom 07.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) wurde dem § 15 ErbStG ein Abs. 4 angefügt. Diese Änderung griff die Grundsätze der Rspr. des BFH (z. B. BFH vom 09.12.2009, BStBl II 2010, 566 und vom 07.11.2007, BStBl II 2008, 258) zur Behandlung von Schenkungen im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften auf und entwickelte sie in Richtung auf eine gleichheitsgerechte Besteuerung von Schenkungen fort.
Rz. 73
Durch § 15 Abs. 4 Satz 1 ErbStG sollen Härten vermieden werden, die sich aus der unmittelbaren zivilrechtlichen Betrachtung einer Zuwendung durch eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ergeben können.
Rz. 74
Liegt also ein Fall einer Schenkung i. S. d. § 7 Abs. 8 Sätze 2 und 3 ErbStG vor (im Einzelnen vgl. R E 7.5 ErbStR und die dazu ergangenen Hinweise in H E 7.5 ErbStH), richtet sich die Steuerklasse nach § 15 Abs. 4 ErbStG. Danach ist das persönliche Verhältnis des Erwerbers (unmittelbar oder mittelbar an der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligte natürliche Person oder Stiftung) zu der die Zuwendung veranlassenden Person maßgebend. § 15 Abs. 4 ErbStG betrifft nur die Rechtsfolgen der Steuerberechnung des Beschenkten. Die Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft bleibt aber Zuwendende.
I.R.d. Zusammenrechnung mit früheren Erwerben nach § 14 ErbStG ist ebenfalls auf die Verhältnisse zu dem veranlassenden Gesellschafter abzustellen. Die Zuwendung der Kapitalgesellschaft ist ebenso bei späteren Schenkungen des veranlassenden Gesellschafters, der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft oder anderer Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, an der der veranlassende Gesellschafter beteiligt ist, nach § 14 ErbStG zu berücksichtigen.
Kommen mehrere Personen als Veranlassende in Betracht (z. B. Vater und Onkel des Beschenkten), kann eine quotale Mitveranlassung aller Beteiligten angenommen werden. Es kann jedoch nach Auffassung der FinVerw auch im Einzelfall konkret dargelegt werden, welche Person die Zuwendung veranlasst hat (R E 15.4 Abs. 3 Satz 2 ErbStR).
Das für die Besteuerung der Zuwendung einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zuständige FA hat sich für Zwecke der Anwendung des § 15 Abs. 4 ErbStG mit dem FA in Verbindung zu setzen, das für die Besteuerung einer Direktzuwendung des veranlassenden Gesellschafters nach § 35 ErbStG zuständig wäre. Das letztgenannte FA teilt dem für die Besteuerung zuständigen FA die Vorschenkungen und die für die Zusammenrechnung i. S. d. § 14 ErbStG notwendigen Informationen mit und ist in ein etwaiges Rechtsbehelfsverfahren, soweit es um die Anwendung des § 15 Abs. 4 ErbStG geht, von dem zuständigen FA im Wege der Amtshilfe einzubinden. Zum Zweck der künftigen zutreffenden Zusammenrechnung aller Vorerwerbe i. S. d. § 14 ErbStG sind die Erkenntnisse bei dem FA zusammenzuführen, das für eine Direktzuwendung des veranlassenden Gesellschafters zuständig wäre. Das für die Besteuerung der Zuwendung der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zuständige FA teilt diesem daher die insoweit benötigten Veranlagungsdaten mit. Zudem haben alle beteiligten FÄ einander zeitnah über eventuell später eintretende Änderungen zu unterrichten, die Auswirkungen i. R.d. § 14 ErbStG haben können (R E 15.4 ErbStR).