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Eine besondere Härte soll nach § 28a Abs. 3 Satz 2 ErbStG vorliegen, wenn der Erwerber für die Steuerzahlung einen Kredit aufnehmen oder verfügbares Einkommen i. S. d. § 28a Abs. 2 ErbStG veräußern müsste. Die Anforderungen an die Notwendigkeit der Kreditaufnahme wird der Erwerber nachzuweisen haben. Es ist aber fraglich, ob ein ggf. nicht liquider Erwerber oder gar ein älterer Erwerber unter den heutigen Bedingungen nach Basel II und nun Basel III mit den entsprechenden Kreditrichtlinien der Banken überhaupt noch als kreditwürdig und -fähig erachtet werden wird. Sollte dies nicht der Fall sein und könnte der Erwerber gar keinen Kredit erhalten, wäre er einzig auf das in das Ermessen der FinVerw gestellte Wohlwollen für eine Stundung angewiesen. Ob dann die zweite Bedingung, nämlich, dass der Anspruch nicht gefährdet erscheinen darf, allerdings von Seiten der FinVerw positiv beurteilt werden würde, ist höchst zweifelhaft, denn aus Sicht der FinVerw dürfte ein Anspruch nicht gesichert sein, wenn selbst ein Kreditinstitut dafür keinen Kredit auskehren würde. Zudem sind die Zinsen, die durch § 28a ErbStG verlangt werden würden, in der aktuellen, langanhaltenden Niedrigzinsphase ein weiteres Kriterium, welches gegen die Anwendung des § 28a ErbStG für den Erwerber sprechen würde, sofern sie nicht selbst eine besondere Härte darstellen könnten. Weiteres Kriterium – sofern es nicht zu einer Kreditvergabe kommen sollte – ist die Veräußerung von verfügbarem Vermögen nach § 28a Abs. 2 ErbStG. Damit ist nun sämtliches, dem Erwerber sei es durch den aktuellen Erwerb zuzurechnendes VV oder sei es das bereits vorhandene oder das noch später zu erwerbende Vermögen gemeint. Ob das als VV qualifizierte BV aber tatsächlich für den jeweiligen Erwerber liquidier- und einsetzbar ist und ob dem nicht betriebliche oder auch gesellschaftsrechtliche Hürden entgegenstehen, erscheint insb. beim Erwerb von Unternehmensbeteiligungen fraglich. Die Formulierung ist zudem unglücklich, denn selbstverständlich stellt jede Liquidierbarmachung beispielsweise eines Wertpapiervermögens auch aus dem vorhandenen PV eine "Veräußerung" dar. Das würde bedeuten, dass selbst bei vorhandenem Wertpapiervermögen § 28a Abs. 3 ErbStG Anwendung finden könnte. Es steht aber zu befürchten, dass hier die FinVerw einen engen Ermessenspielraum ansetzen und stets verlangen wird, dass ein solches Vermögen zunächst veräußert und zur Steuerzahlung herangezogen werden wird, denn ansonsten müsste das FA prüfen, ob und wie werthaltig ein solches Wertpapierdepot ist, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Anspruch nach Abs. 3 Satz 1 beispielsweise durch Kurs- oder Währungsschwankungen gefährdet erscheint.

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