Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Dr. Christoph Regierer
Rz. 40
Bei der Inanspruchnahme der Jahresversteuerung ist zu beachten, dass die Steuer abhängig von der tatsächlichen Laufzeit des Rechts ist. Dies unterscheidet die Jahresversteuerung von der Sofortversteuerung, bei der die tatsächliche Laufzeit sich grundsätzlich nicht auswirkt. Die Sofortbesteuerung bemisst sich nach der statistischen Lebenserwartung des Berechtigten der Rente oder Nutzung. Lebt der Berechtigte länger als die statistische Lebenserwartung, ist die Sofortverteuerung vorteilhaft. Lebt der Berechtigte dagegen kürzer als die statistische Lebenserwartung, ist die Jahresversteuerung vorzuziehen (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 23 Rn. 9).
Rz. 41
Bei steuerpflichtigen Vorgängen vor dem 01.01.2009 erfolgte die Sofortversteuerung gemäß § 14 BewG i. V. m. Anlage 9 auf Basis eines Kapitalwerts, dem die veralteten Sterbetafeln 1986/88 zugrunde lagen. Die Sofortversteuerung ging somit aufgrund der zwischenzeitlich deutlich gestiegenen Lebenserwartung von einer zu kurzen Lebenserwartung aus. Dies führte grundsätzlich zu einem Vorteil der Sofortversteuerung gegenüber der Jahresversteuerung. Durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 wird der Kapitalwert seit 01.01.2009 durch § 14 BewG i. V. m. einem jährlich veröffentlichten BMF-Schreiben auf Basis aktueller Sterbetafeln berechnet (s. Rn. 23). Bei der Jahresversteuerung geht der Kapitalwert nur über die Bestimmung des Steuersatzes in die Steuerberechnung mit ein. So kann die Annahme einer zu kurzen Lebenserwartung zwar grundsätzlich zur Anwendung eines niedrigeren Steuersatzes führen. Diese Steuer wird jedoch dann auf die tatsächliche Lebensdauer erhoben.
Rz. 42
Ein weiterer Nachteil der Jahresversteuerung besteht darin, dass sie jährlich im Voraus zu entrichten ist. Die Berechnung der Sofortsteuer nach dem Kapitalwert geht dagegen gem. der BMF-Schreiben zur Bewertung einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung von einer mittelschüssigen Zahlung aus.
Rz. 43
Die Kürzungsmethode führt darüber hinaus dazu, dass auch die Höhe des in Anspruch genommenen Freibetrags von der Laufzeit abhängt. Entspricht die tatsächliche Laufzeit des Rechts der Lebenserwartung des Berechtigten, entspricht der in Anspruch genommene Freibetrag dem im Gesetz festgeschriebenen Betrag. Lebt der Berechtigte kürzer, entfällt ein Teil des Freibetrags. Lebt der Berechtigte dagegen länger, ist der in Anspruch genommene Freibetrag höher als der im Gesetz festgeschriebene Betrag.
Rz. 44
Bei der Inanspruchnahme der Jahressteuer sollte außerdem in Erwägung gezogen werden, dass eine spätere Ablösung der Steuer zu einer höheren Gesamtsteuerbelastung führt als die Sofortversteuerung (s. Rn. 90 ff.). Vorteilhaft bei der Wahl der Jahressteuer ist jedoch der Liquiditätsvorteil. Durch die jährliche Besteuerung ist der Erwerber nicht gezwungen, die Steuer auf den Kapitalwert des erlangten Rechts aus vorhandenen Mitteln zu begleichen. Stattdessen kann die Steuer aus dem jährlichen Zufluss geleistet werden. Eine Minderung der Einkommensteuer ist jedoch seit dem Veranlagungszeitraum 1999 nicht mehr möglich (s. FG Baden-Württemberg vom 27.11.2013, EFG 2014, 751). Der Liquiditätsvorteil muss gegen die o. g. Risiken abgewogen werden.
Rz. 45–47
vorläufig frei