Rz. 52
Im Rahmen einer sog. Güterstandsschaukel vereinbaren die Ehegatten bei fortbestehender Ehe durch einen Ehevertrag die Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft (§ 1408 BGB) und begründen diesen anschließend erneut. I. R.d. Zugewinnausgleichs nach § 1372 BGB wird dann das Vermögen als Zugewinn auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen, wobei schenkungsteuerlich die Befreiung gem. § 5 Abs. 2 ErbStG eingreift (vgl. BFH vom 12.07.2005, BStBl II 2005, 843). Die FinVerw hat sich dem ausdrücklich angeschlossen (H E 5.2 ErbStH). Der BFH hat es in seiner Entscheidung vom 12.07.2005 sogar als unerheblich gewertet, dass die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und die Neubegründung in demselben Ehevertrag erfolgt sind. Gleichwohl wird empfohlen, nach Möglichkeit Aufhebung und Neubegründung in zwei getrennten Eheverträgen vorzunehmen (Wachter, FR 2020, 841 ff. m. w. N., auch zur Gegenauffassung). Mittels einer Güterstandsschaukel können verschiedene Gestaltungsziele erreicht werden. Hierzu zählen insb. die steuerschonende gleichmäßige Verteilung des Vermögens auf die Eheleute zur besseren Nutzung der Freibeträge der Kinder im Erbfall, die rückwirkende Beseitigung einer durch frühere Schenkungen ausgelösten Schenkungsteuer gem. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG sowie die Minderung von Risiken aufgrund von Pflichtteilsansprüchen oder insolvenzrechtlicher Ansprüche (vgl. hierzu ausf. Wachter, FR 2020, 816 ff.; Fuhrmann, KÖSDI 2013, 18538, 18542 ff.).
Rz. 53
Entscheidend für die steuerliche Anerkennung ist, dass nach der ehevertraglichen Regelung im Falle einer bloßen Aufhebung des Güterstandes unter Lebenden (d. h. bei fortbestehender Ehe) tatsächlich ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch entsteht. Geeignet für eine Güterstandsschaukel ist daher bspw. folgende Modifizierung des Güterstandes (vgl. Wachter, FR 2006, 41, 43): "Der Ausgleich des Zugewinns ist ausgeschlossen, wenn die Ehe auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet wird, also insb. im Falle einer Scheidung." Dagegen käme eine Güterstandsschaukel bei folgender Formulierung nicht in Betracht: "Der Ausgleich des Zugewinns ist ausgeschlossen, wenn der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet wird, also insb. im Falle einer Scheidung."
Rz. 54
Zu beachten ist ferner, dass die Ausgleichforderung nur in der Höhe steuerfrei ist, die sich aufgrund des Ehegüterrechts ergibt (§§ 1372 ff. BGB). Der Zugewinn muss daher korrekt ermittelt und dann tatsächlich in diesem Umfang ausgeglichen werden. Übersteigt der geleistete Betrag den gesetzlichen Ausgleichsanspruch, so liegt insoweit eine im Grundsatz steuerpflichtige Schenkung vor (vgl. Milatz/Herbst, DStR 2011, 706, 707). Wird der gesetzliche Ausgleichsanspruch umgekehrt nicht in voller Höhe erfüllt, so kann hierin ein teilweiser Verzicht des berechtigten Ehegatten liegen, worin eine Schenkung an den verpflichteten Ehegatten gesehen werden kann (vgl. R E 5.2 Abs. 1 Satz 2 ErbStR). Bei unverzinslicher Stundung der entstandenen Zugewinnausgleichsforderung kann eine steuerpflichtige Zinsschenkung vorliegen (vgl. BFH vom 22.08.2018, BFH/NV 2019, 239; Anm. Wachter, DB 2019, 215 f.); eine einkommensteuerliche Erfassung des Zinsanteils dürfte in diesem Fall aus Konkurrenzgründen zurücktreten (BFH vom 12.09.2011, BFH/NV 2012, 229).
Rz. 55
Abzugrenzen ist die steuerlich anzuerkennende Güterstandsschaukel vom sog. "Fliegenden Zugewinnausgleich" (Moench, DStR 1999, 301, 304). Dabei vereinbaren die Ehe- bzw. Lebenspartner lediglich vertraglich einen Ausgleich des bisherigen Zugewinns, ohne den Güterstand selbst zu beenden. Dieser zwischenzeitliche Zugewinnausgleich ist nach durch die Rspr. des BFH (vom 24.08.2005, BFH/NV 2006, 63) bestätigter Ansicht der FinVerw (R E 5.2 Abs. 3 ErbStR) nicht steuerfrei (vgl. auch Wefers/Carlé, ErbStB 2013, 48, 56). Dieses Ergebnis sei zwingende Folge des Umstandes, dass die Ausgleichsforderung erst mit Beendigung des Güterstandes (§ 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB) als gesetzlicher Reflex entstehe (FG Köln vom 04.06.2002, EFG 2002, 1258 (bestätigt durch BFH) mit Verweis auf Viskorf, NWB 2001, Fach 10, 1243, 1256).