Rz. 19

I.d.R. wird der "echte" gemeine Wert i. S. d. § 9 BewG beim übrigen Vermögen seine Verwendung finden:

  • So sind z. B. private bewegliche Gegenstände (Pkw, Hausrat oder Kunstgegenstände) mit diesem anzusetzen. Die Wertermittlung ist jedoch gerade für diese Gegenstände problematisch. Theoretisch müsste jeder einzelne Gegenstand bewertet werden. Liegen aussagekräftige tatsächliche Verkaufspreise (z. B. bei Verkauf von geerbten Vermögen nach dem Stichtag) oder Kaufpreissammlungen (wie z. B. Schwacke-Liste im Kfz-Handel) vor, können diese herangezogen werden. Fehlen solche Bezugswerte, ist der gemeine Wert zu schätzen, ggf. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen. Da die FinBeh den bis ins Detail vorhandenen Nachlass weder kennt noch auf den Besteuerungszeitpunkt (nachträglich) überprüfen kann, ist sie auf die Angaben z. B. des Erben angewiesen. Auch er wird in den seltensten Fällen jeden vorhandenen Vermögenswert genau aufzeichnen und bewerten. Durch die Freibeträge in § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist eine solche Bewertung oft entbehrlich. Ansonsten wird eine Aufstellung mit groben Schätzwerten genügen müssen. In Ausnahmefällen (z. B. vorhandene und bekannte Luxusgüter) wird die FinBeh "genauer" hinschauen und den Wert überprüfen (z. B. durch Ableitung aus den ursprünglichen Anschaffungskosten, aus dem Versicherungswert oder ggf. durch Einholen einer gutachterlichen Bewertung).
  • Nach R B 9.3 Satz 2 ErbStR ist der gemeine Wert von Kunstgegenständen und (wertvollen) Sammlungen unter Berücksichtigung der schwierigen Verwertungsaussichten vorsichtig zu ermitteln. Nach BFH vom 06.06.2001 (BFH/NV 2002, 28) sollte man dabei zum Ausgleich der fehlenden eigenen Kenntnisse einen Sachverständigen hinzuziehen.
  • Befinden sich die Gegenstände an einem Ort im Ausland, wird der gemeine Wert grds. durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr an diesem Ort zu erzielen wäre.
 

Rz. 20

Auch die Bewertung von BV, Grundvermögen, (nicht börsennotierten) Anteilen an KG und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wird einheitlich am gemeinen Wert als dem maßgebenden Bewertungsziel ausgerichtet. Dieses Ziel wird durch die Gesetzesformulierungen ausdrücklich verankert (§ 11 Abs. 2 Satz 1, § 109 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 162 Abs. 1 Satz 1, § 177 BewG). Die dafür vom Gesetzgeber vorgesehenen Ermittlungsverfahren (z. B. das Ertragswertverfahren i. R.d. Bewertung von bebauten Grundstücken) dienen dazu, die jeweiligen wirtschaftlichen Einheiten der verschiedenen Vermögensarten in einem zugleich realitätsgerechten und praktikablen Annäherungswert an den gemeinen Wert zu erfassen; der "echte" gemeine Wert wird dadurch i. d. R. jedoch nicht erreicht.

I.R.d. vereinfachten Ertragswertverfahrens i. S. d. §§ 199 bis 203 BewG (BV) kommen im Einzelfall besondere Wirtschaftsgüter zum Ansatz (§ 200 Abs. 2 bis 4 BewG). Auch hier kommt es zum Ansatz des gemeinen Werts (oder eines davon abgeleiteten Werts, s. Rn. 21).

 

Anwendungsbereich

Gemeiner Wert (§ 9 BewG)

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?