5.1 Zivilrechtliche Ausgangslage
Rz. 593
Beim Güterstand der Gütergemeinschaft gem. §§ 1415ff. BGB, der zur Begründung eines notariellen Ehevertrags bedarf, entsteht hinsichtlich der Vermögensgegenstände, die die Ehepartner bei Begründung der Gütergemeinschaft besitzen oder später erwerben, gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut). Hiervon ausgenommen sind lediglich Vermögensgegenstände, die dem Sondergut oder dem Vorbehaltsgut zuzuordnen sind. Unter Sondergut sind Vermögensgegenstände zu verstehen, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können (§ 1417 Abs. 2 BGB). Als Beispiel hierfür wäre die Beteiligung eines Ehegatten an einer Personengesellschaft zu nennen. Dem Vorbehaltsgut unterfallen gem. § 1418 Abs. 2 BGB Gegenstände, die die Ehegatten im Ehevertrag zu Vorbehaltsgut erklärt haben oder die ein Ehegatte von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erwirbt, ohne dass der Erblasser/Zuwendende den Zuwendungsgegenstand zu Vorbehaltsgut erklärt. Schließlich gehören auch Früchte, die aus bestehendem Vorbehaltsgut resultieren oder Surrogate für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung von Gegenständen des Vorbehaltsguts zum Vorbehaltsgut. Alle sonstigen Vermögensgegenstände der Ehegatten sind Gesamtgut. Dieses stellt bei Ehegatten, die sich für den Güterstand der Gütergemeinschaft entscheiden, in der Praxis den Regelfall dar. Sonder- und Vorbehaltsgut ist die Ausnahme. Weitere Einzelheiten zum Güterstand der Gütergemeinschaft s. § 4 Rn. 5 ff. Gleiches gilt für eingetragene Lebenspartnerschaften (§ 7 LPartG).
Rz. 594
Ebenso wie unbenannte ehebedingte Zuwendungen stellen Vermögensverschiebungen, die im Rahmen der Begründung des Güterstandes der Gütergemeinschaft eintreten, keine zivilrechtlichen Schenkungen i. S. d. § 516 BGB dar, solange es den Ehegatten um die Ordnung bzw. Neuordnung ihrer güterrechtlichen Verhältnisse geht und dieser Grund nicht durch einen Schenkungsvertrag verdrängt wird (BGH vom 27.11.1991, NJW 1992, 558). Auch der BFH (Urteile vom 29.01.1964, BStBl III 1964, 202; vom 25.05.1966, BStBl III 1966, 521) ging in seiner früheren (heute aufgegebenen) Rechtsprechung davon aus, dass derartige Vermögensverschiebungen nicht der Anwendbarkeit des Schenkungsteuerrechts unterfallen.
Rz. 595–596
vorläufig frei
5.2 Steuerliche Situation
Rz. 597
Mit dem Erbschaftsteuergesetz 1974 hat der Gesetzgeber die Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eingefügt und damit zum Ausdruck gebracht, dass güterrechtliche Motive, denen ein Vermögenstransfer bei der Begründung des Güterstandes der Gütergemeinschaft zugrunde liegt, schenkungsteuerlich eine freigebige Zuwendung des einen Ehegatten an den anderen Ehegatten nicht hindern. Nach der Rechtsprechungsänderung des BFH zu unbenannten ehebedingten Zuwendungen vom 02.03.1994 (BStBl II 1994, 366; Einzelheiten s. Rn. 460 und s. Rn. 517 ff.) ist insoweit auch wieder ein Gleichlauf zwischen unbenannten ehebedingten Zuwendungen, die § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterfallen, und Vermögensverschiebungen im Rahmen von Vermögenstransfers durch Begründung des Güterstandes der Gütergemeinschaft gegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG war notwendig, da die Besteuerung des Vermögenstransfers als freigebige Zuwendung regelmäßig an der nach der damaligen Rechtsprechung noch erforderlichen Bereicherungsabsicht des reicheren Ehegatten scheiterte (s. Weinmann in M/W, § 7 Rn. 206).
Rz. 598
§ 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erfasst die Bereicherung desjenigen Ehegatten, der nach der Begründung des Güterstands der Gütergemeinschaft durch die Begründung desselben mehr Vermögen innehat als zuvor. Bereichert durch die Begründung des Güterstands der Gütergemeinschaft ist daher der weniger vermögende Ehegatte. Da Sondergut und Vorbehaltsgut auch nach Begründung des Güterstands der Gütergemeinschaft jeweils im Vermögen des betreffenden Ehegatten verbleiben, ergibt sich die Bereicherung aus der Hälfte der Differenz des von jedem Ehegatten in das Gesamtgut eingebrachten Vermögens (Einzelheiten zur Berechnung s. Rn. 608 ff.). Soweit später Vorbehaltsgut durch Änderung des Ehevertrages in Gesamtgut "umgewandelt" wird, greift § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht ein. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die lediglich auf die Begründung der Gütergemeinschaft abstellt, aber auch durch den in § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG aufgenommenen Hinweis auf § 1415 BGB, der ebenfalls nur die Begründung der Gütergemeinschaft regelt. (ebenso Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 109; Weinmann in M/W, § 7 Rn. 209; Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 309; Schuck in V/S/W, § 7 Rn. 138; a. A.; Felix, KÖSDI 1981, 4284). Schließlich spricht hierfür auch noch die Anzeigepflicht der Notare nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG, die sich nur auf die Vereinbarung der Gütergemeinschaft bezieht (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 109). Dies schließt allerdings nicht aus, dass eine Umwandlung von Vorbehaltsgut in Gesamtgut als freigebige Zuwendung des einen Ehegatten an den anderen Ehegatten gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliegen kann und wird vielmehr in Anbetracht der niedrigen...