Rz. 87
Die auflösende Bedingung ist in einem Widerrufsvorbehalt für den Verwaltungsakt des Erlasses geregelt. Dieser Widerrufsvorbehalt ist eine unselbstständige Nebenbestimmung kraft Gesetzes. Damit wird ermöglicht, bei einer Änderung der Steuerfestsetzung auch den Verwaltungsakt über den Erlass der Steuer entsprechend zu ändern. Tritt eine auflösende Bedingung i. S. d. Satz 1 ein, ist der Verwaltungsakt über den Erlass der Steuer kraft Gesetzes mit Wirkung für die Vergangenheit ganz oder teilweise zu widerrufen. Eines gesonderten Widerrufsvorbehalts im Verwaltungsakt bedarf es daher nicht.
Rz. 88
Eine auflösende Bedingung wird in § 158 BGB definiert. Die auflösende Bedingung ist eine Bestimmung, die die Rechtswirkungen des Grundgeschäfts – hier des gewährten Erlasses – von einem ungewissen zukünftigen Ereignis – hier der Einhaltung der Lohnsummen- und der Behaltefristregelungen – abhängig macht. Umgekehrt heißt dies, dass der gewährte Erlass der Steuer aufgelöst bzw. widerrufen wird, sobald eine der Bedingungen nicht eingehalten wird. Darüber hinaus wirken weitere Zuwendungen durch Erbfälle oder Schenkungen im Zehnjahreszeitraum nach der Steuerentstehung, die als verfügbares Vermögen i. S. d. § 28a Abs. 2 ErbStG zu qualifizieren sind, ebenfalls als Eintritt einer auflösenden Bedingung für die gewährte Verschonung.
Rz. 89
Die Regelung ist bereits dafür kritisiert worden, dass sie bei jeder Schenkung ohne Berücksichtigung eines Freibetrages gelten soll (Viskorf/Löcherbach/Jehle, DStR 2016, 2425, 2433; vgl. Maier, ZEV 2017, 10, 14, der eine teleologische Reduktion der Norm vorschlägt). Das bedeutet, dass auch die sonst steuerfreien Gelegenheitsgeschenke, Zuwendungen vom Familienwohnheim usw. einbezogen werden können bzw. sollen. Auch von wem die Zuwendung erfolgt, soll unbeachtlich sein, d. h. eine Beschränkung auf den Zuwender, für dessen Zuwendung § 28a ErbStG in Anspruch genommen wurde, findet nicht statt. Konsequent umgesetzt bedeutet die Regelung, dass nach jeder Zuwendung, die jeweils dem FA anzuzeigen ist, eine erneute Verschonungsbedarfsprüfung durchgeführt werden muss. Dies stellt sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die FinVerw aus meiner Sicht eine unzumutbare Verwaltungsbelastung dar.
Rz. 90
Noch schwieriger wird die Situation, wenn zunächst das Erlassmodell gewählt wurde, dies aber bei einem Nacherwerb ausgehebelt wird. Ein Wechsel in das Abschmelzungsmodell nach § 13c ErbStG ist dann nicht mehr möglich (vgl. § 13c Abs. 2 Satz 5 ErbStG), zumal der maßgebliche Steuerbescheid zum Zeitpunkt der weiteren Zuwendung bereits bestandskräftig sein dürfte. So würde zwar der Erlass mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen, dies stellt jedoch einen neuen Verwaltungsakt (Steuerbescheid) dar, der keine Auswirkung auf die Bestandskraft des ersten Bescheides haben dürfte. Dies kann dann sogar trotz Einhalten der Bedingungen Lohnsumme und Behaltefrist dazu führen, dass der Erwerber die volle Steuer von 100 % zu zahlen hat. Hier gilt es aus meiner Sicht, durch entweder klarstellende gesetzliche Änderungen oder entsprechende Verwaltungsanweisungen zu einer handhabbareren und faireren Lösung zu finden.