Rz. 608
Zur Ermittlung, welcher Ehegatte bereichert ist, ist ein Vergleich der von jeden Ehegatten eingebrachten Vermögenswerte erforderlich. Diese sind mit dem Verkehrs- bzw. gemeinen Wert anzusetzen (zivilrechtliche Bereicherung). Da beide Ehegatten am Gesamtgut gleichermaßen beteiligt sind, besteht die Obergrenze der Bereicherung des weniger vermögenden Ehegatten in der Hälfte der Differenz der eingebrachten Vermögenswerte zueinander. Hat z. B. der Ehemann 500.000 EUR ins Gesamtgut eingebracht und die Ehefrau 100.000 EUR, so ist die Ehefrau bereichert, und zwar maximal um 200.000 EUR (500.000 EUR ./. 100.000 EUR = 400.000 EUR; 400.000 EUR × 1/2 = 200.000 EUR). Nach Feststellung des bereicherten Ehegatten und Ermittlung des Bereicherungshöchstbetrages ist die steuerrechtliche Bereicherung zu ermitteln. Diese ergibt sich unter Zugrundelegung der steuerlichen Bewertungsmaßstäbe nach § 12 ErbStG i. V. m. dem BewG zum Zeitpunkt der Begründung des Güterstands der Gütergemeinschaft (§ 11 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Steuerbefreite Vermögensgegenstände, z. B. das nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerbefreite Familienwohnheim, sind außer Acht zu lassen. Bestehende Verbindlichkeiten sind gem. § 10 ErbStG zu berücksichtigen. Die Anwendung der Grundsätze zur gemischt-freigebigen Zuwendung sind nach herrschender Ansicht nicht anwendbar, da die Verbindlichkeiten der Ehegatten infolge der Regelung des § 1416 BGB zu Gesamtgutsverbindlichkeiten werden, was mit einer Gegenleistung nicht vergleichbar ist (ebenso Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 113; Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 310; Weinmann in M/W, § 7 Rn. 207). Nach Ermittlung des steuerlichen Werts der beiden Vermögensmassen, die von den Ehegatten in das Gesamtgut eingebracht werden, ist festzustellen, ob der Ehegatte, der unter Zugrundelegung der Verkehrswerte als der Bereicherte anzusehen ist, auch unter Zugrundelegung der steuerlichen Werte bereichert ist. Die Bereicherung beläuft sich sodann auf die Hälfte der Differenz der einzubringenden Vermögenswerte unter Zugrundelegung der steuerlichen Wertermittlung.
Rz. 609
Eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG kann daher nur eintreten, wenn sowohl nach zivilrechtlichen Bewertungsmaßstäben als auch nach steuerrechtlichen Bewertungsmaßstäben beim selben Ehegatten eine Bereicherung festzustellen ist. Die Bereicherungshöhe ergibt sich sodann aus der Ermittlung der steuerrechtlichen Bereicherung, die allerdings ihre Obergrenze in der Höhe der zivilrechtlichen Bereicherung findet (ebenso Hannes/Holtz in M/H/H; § 7 Rn. 114; Felix, KÖSDI 1981, 4283; Schuck in V/S/W, § 7 Rn. 131).
Rz. 610
Der Güterstand der Gütergemeinschaft muss nicht zu Beginn der Ehe begründet werden. Vielmehr besteht auch die Möglichkeit, von einem anderen Güterstand in den Güterstand der Gütergemeinschaft zu wechseln. Wechseln die Eheleute vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütergemeinschaft, so entsteht bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft ein Zugewinnausgleichsanspruch, der gem. § 5 Abs. 2 ErbStG steuerfrei ist. Bei der Berechnung der nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG anfallenden Schenkungsteuer ist dieser Zugewinnausgleichsanspruch, der mit Begründung der Gütergemeinschaft in das Gesamtgut übergeht, zu berücksichtigen. Da der Zugewinnausgleichsanspruch beim anderen (vermögenderen) Ehegatten eine Verbindlichkeit darstellt, ist diese ebenfalls im Rahmen der Ermittlung der Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu berücksichtigen (FG Münster vom 09.01.1992, EFG 1993, 587; Schuck in V/S/W, § 7 Rn. 133; Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 113; Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 311; Weinmann in M/W, § 7 Rn. 208). Dies hat zur Folge, dass sich in diesen Fällen die Wertdifferenzen der beiden ins Gesamtgut einzubringenden Vermögensmassen weitgehend nivellieren.
Rz. 611
Endet der Güterstand der Gütergemeinschaft durch Scheidung, so erhält jeder Ehegatte gem. § 1478 BGB das Vermögen zurückerstattet, das er ursprünglich in das Gesamtgut eingebracht hatte. Damit kommt es zum Wegfall der Bereicherung, die infolge der Begründung der Gütergemeinschaft eingetreten ist, ohne dass es allerdings zu einem Erlöschen der Steuer gem. § 29 ErbStG kommen würde. Da die Interessenlage in diesen Fällen allerdings den in § 29 ErbStG geregelten Fällen vergleichbar ist, sollte eine analoge Anwendung in Erwägung gezogen werden (ebenso Hannes/Holtz in M/H/H, § 7 Rn. 114; Weinmann in M/W, § 7 Rn. 212; Geck in K/E, § 7 Rn. 111.1; zweifelnd Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 312).
Beispiel 1:
Bei Eheschließungen mit Wahl des Güterstandes der Gütergemeinschaft bringt der Ehemann M ein Bankguthaben i. H. v. 1.200.000 EUR, die Ehefrau F ein Wertpapierdepot i. H. v. 800.000 EUR in das Gesamtgut ein.
Lösung:
Nach zivilrechtlichen Bewertungsgrundsätzen ist F die Bereicherte. Die zivilrechtliche Bereicherung beläuft sich auf 200.000 EUR (1.200.000 EUR ./. 800.000 EUR = 400.000 EUR; 400.000 EUR × 1/2 = 200.000 EUR).
Die steuerrechtliche Bereicherung von F entspricht der zivilrechtlichen Bere...