Rz. 160
Zu berücksichtigen sind gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG alle vom Erblasser herrührenden Schulden (sog. Erblasserschulden).
Rz. 161
Schulden, die im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Einheit (Gewerbebetrieb, Freiberufler-Praxis oder ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft) stehen, sind allerdings grundsätzlich schon bei der Bewertung des Gewerbebetriebs bzw. des Betriebes der Land- und Forstwirtschaft als Abzugsposten zu berücksichtigen. Sie können daher nicht nochmals abgezogen werden, da andernfalls eine Doppelberücksichtigung erfolgen würde. Aus dem gleichen Grund bestimmt § 10 Abs. 6 Satz 11 ErbStG, dass Nutzungsrechte, die sich bereits bei der Wertermittlung eines Grundstücks ausgewirkt haben, nicht bereicherungsmindernd abgezogen werden dürfen (s. Rn. 278).
Rz. 162
Ein durch eine Vormerkung gesichertes Angebot des Erblassers auf eine schenkweise Übertragung eines Grundstücks stellt keinen den Erwerb mindernden Umstand i. S. v. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG dar. Allein aufgrund eines solchen Angebots wird noch keine Vermögensverschiebung bewirkt (vgl. BFH vom 28.10.2009, BFH/NV 2010, 893).
Rz. 163
Da es darauf ankommt, ob zivilrechtlich eine Verpflichtung zur Zahlung besteht, kommen bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen die Grundsätze des sog. Fremdvergleichs nicht zur Anwendung (s. BFH vom 25.10.1995, BStBl II 1996, 11). Wurde z. B. ein Darlehen gewährt, dessen Konditionen nicht dem entsprechen, was zwischen Dritten üblicherweise vereinbart worden wäre, so besteht dennoch ein Rückzahlungsanspruch, da zivilrechtlich die Tatsache, dass der Vertrag zwischen Angehörigen geschlossen wurde, keine Auswirkung hat.
Rz. 164
Schulden, die z. B. auf Grund ihres höchstpersönlichen Charakters nicht auf den Erben übergehen, sind nicht abzugsfähig, da sie keine Belastung für den Erben darstellen. So erlöschen Verpflichtungen zur Erbringung von Diensten mit dem Tod des Dienstverpflichteten (s. § 613 Satz 1 BGB). Gesetzliche Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten erlöschen mit dem Tod des Verpflichteten (s. § 1615 Abs. 1 BGB), ebenso die Unterhaltsansprüche zusammen oder getrennt lebender Ehegatten oder Lebenspartner (s. hierzu im Einzelnen Marotzke in Staudinger, § 1967 BGB Rn. 8). Die Pflicht zur Zahlung eines nachehelichen oder nachpartnerschaftlichen Unterhalts geht hingegen auf die Erben gem. § 1586b BGB bzw. § 16 Abs. 2 Satz 2 LpartG über, der diese Ansprüche bei der Erbschaftsteuer geltend machen kann und zwar mit ihrem Kapitalwert. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Haftung für solche Unterhaltsansprüche beschränkt ist auf den fiktiven Pflichtteilsanspruch, den der geschiedene Ehegatte hätte geltend machen können, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes noch bestanden hätte (s. § 1986b Abs. 1 Satz 3 BGB).
Rz. 165
Geldbußen und Geldstrafen sind nicht vererblich, sie dürfen in den Nachlass nicht vollstreckt werden (s. §§ 459c Abs. 3 StPO, 101 OWiG, 45 Abs. 1 Satz 2 AO). Ein Abzug ist daher nicht möglich.
Rz. 166–169
vorläufig frei
6.2.1 Vor dem Erbfall entstandene Schulden
Rz. 170
Erblasserschulden sind alle Schulden, die schon zu Lebzeiten des Erblassers entstanden waren, unabhängig von der Frage ihrer Fälligkeit. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Rz. 171
Verpflichtungen aus schwebenden Verträgen können grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, da sich das Recht auf Leistung und die Verpflichtung zur Gegenleistung gleichwertig gegenüberstehen. Hat die Gegenseite bereits einen Teil ihrer Leistung erbracht, so ist eine entsprechende Zahlungs- oder Sachleistungspflicht als Erblasserschuld zu erfassen. Dies gilt grundsätzlich auch für Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen, so dass i. d. R. bei diesen nur Erfüllungsrückstände zu berücksichtigen sind. Insbesondere bei Mietverhältnissen ist jedoch zu beachten, dass der Sachleistungsanspruch auf Benutzung der gemieteten Räume für den Erben i. d. R. keinen wirtschaftlichen Wert hat. In diesem Fall ist daher ausnahmsweise nicht davon auszugehen, dass sich Leistung und Gegenleistung gleichwertig gegenüberstehen und damit saldieren, sondern die Mietzahlungsverpflichtung des Erblassers ist bis zum ersten möglichen Kündigungszeitpunkt zu berücksichtigen (s. Gebel in T/G/J/G, § 10 Rn. 128 m. w. N.; Hannes/Holtz in M/H/H, § 10 Rn. 42).
Rz. 172
Steuerschulden des Erblassers, soweit sie nicht mit Betriebsvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind zu berücksichtigen. Der Abzug der Steuern als Nachlassverbindlichkeiten setzt allerdings voraus, dass die Steuerschulden bei der Entstehung der Erbschafteuer (bei Eintritt des Erbfalls) rechtlich bestehen und dass diese zu diesem Stichtag eine wirtschaftliche Belastung darstellen (vgl. BFH vom 14.11.2007, BFH/NV 2008, 574 m. w. N.).
Maßgeblich ist mithin, ob die Einkommensteuerschulden aus Veranlagungszeiträumen stammen, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers enden, denn diese sind nach § 36 i. V. m. § 25 Abs. 1 EStG mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres entstanden. Nicht entscheidend ist, dass diese zum Todeszeitpunkt bereits festgestellt waren. Es wird der ma...