Rz. 244
Abzugsfähig sind auch die weiteren Kosten zur Erlangung des Erwerbs. Hierzu zählen folgende Kosten:
Rz. 245
- Prozesskosten für einen Rechtsstreit, den der Erwerber führen muss, um als Erbe anerkannt zu werden, oder einzelne Nachlassgegenstände zu erlangen, sind als Erwerbskosten zu berücksichtigen (s. Hannes/Holtz in M/H/H, § 10 Rn. 61). Schwieriger ist die Beurteilung, wenn der Kläger erfolglos ist, jedoch andere Gegenstände bereits erhalten hat. Hier hat das FG Nürnberg einen Abzug jedenfalls dann abgelehnt, wenn die Klage zur Erlangung weiterer Gegenstände erst längere Zeit nach Erhalt des im Erbschaftsteuerbescheid erfassten Erwerbs erhoben worden ist (s. FG Nürnberg vom 18.03.1999, EFG 1999, 661).
- Erbenermittlungskosten, Beratungskosten im Hinblick auf die Erlangung und Sicherung des Erwerbs
Rz. 246
- Abfindungen, die ein Erwerber aufwenden muss, um in die Person des Erwerbers einzurücken, also insbesondere Abfindungen für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, sind abzugsfähig, ebenso Abfindungen, die bereits vor der Erbschaft für einen Erbverzicht aufgewandt werden, der dem Erwerber zugutekommt (s. hierzu auch BFH vom 25.01.2001, BStBl II 2001, 457, 458). Ebenfalls hierunter fallen auch Abfindungen, die an den Begünstigten einer Lebensversicherung gezahlt werden, damit dieser den Erwerb gem. § 333 BGB zurückweist, wodurch dieser in den Nachlass fällt und den Erben zugutekommt.
Rz. 247
- Ebenfalls abzugsfähig sind Abfindungen, die ein Erwerber aufwendet, um Erbfallschulden zum Erlöschen zu bringen, also z. B. Aufwendungen des Erben an den Vermächtnisnehmer, damit dieser das Vermächtnis ausschlägt, falls kein Ersatzvermächtnisnehmer vorhanden ist, oder Zahlungen an den Pflichtteilsberechtigten zum Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils (s. Meincke, ZEV 2000, 215 f.).
Rz. 248
- Das Entgelt, das beim Kauf eines Nacherbenanwartschaftsrechts gezahlt worden ist, kann vom Käufer als Erwerbskosten beim späteren Nacherbfall geltend gemacht werden (s. BFH vom 28.10.1992, BStBl II 1993, 158, 160). Verkauft der Nacherbe sein Anwartschaftsrecht an den Vorerben, der dadurch zum Vollerben wird, so sollen die Kosten hierfür lt. BFH nicht als Kosten zur Erlangung des Erwerbs abzugsfähig sein. Dies wird vom BFH damit begründet, dass der Vorerbe gem. § 6 Abs. 1 ErbStG ohnehin schon als Vollerbe besteuert werde und die Beschränkungen, die durch den Kauf des Nacherbenanwartschaftsrechts wegfallen, erbschaftsteuerlich ohnehin nicht berücksichtigt werden (s. BFH vom 23.08.1995, BStBl II 1996, 137, 138).
Rz. 249
Beim entgeltlichen Erbvertrag gehören hierzu auch Kosten, die der Erbe zu Lebzeiten des Erblassers aufgewandt hat, um die Erbeinsetzung zu erlangen (s. BFH vom 13.07.1983, BStBl II 1984, 37). Zum Problem im Hinblick auf den Kostenbegriff bei Pflegeleistungen s. BFH vom 20.06.2007, BStBl II 2007, 722.
Verspricht der Erblasser dem Pflegenden, ihn als Erben einzusetzen, ohne dass ein rechtsgültiger Erbvertrag vorgelegen hat, so dass nur eine Erwartung für eine spätere Erb- oder Vermächtniseinsetzung gewährt wurde, so lehnt die Rechtsprechung einen Kostenabzug gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ab (s. FG München vom 18.01.1995, UVR 1995, 116). Stattdessen soll ein Schuldenabzug gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG in Betracht kommen, was jedoch abzulehnen ist (dazu s. Rn. 190 ff.). Dem Wortlaut von § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG lässt sich nicht entnehmen, dass ein Kostenabzug für Leistungen an den Erblasser nur beim Erbvertrag möglich sein soll. Der BFH (vom 13.07.1983, BStBl II 1984, 38) argumentiert beim Erbvertrag damit, dass der Erblasser faktisch einen anlässlich seines Todes rückzahlbaren Kredit aufnehme. Da ein tatsächlicher vom Erben gewährter Kredit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen sei, müsse § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG so ausgelegt werden, dass in diesem Fall die Kosten bereicherungsmindernd berücksichtigt werden. Diese Argumentation lässt sich auf den Testamentserben übertragen. Schließt dieser einen verbindlichen Pflegevertrag mit dem Erblasser, so ist der Erblasser im Falle einer Nichteinsetzung zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet. Durch die Berücksichtigung als Erbe/Vermächtnisnehmer kommt es nicht zur Entstehung eines Entgelts, dies ist beim Pflegenden bereicherungsmindernd zu berücksichtigen.
Rz. 250
Hinweis: Ein Abzug der Unterhalts- oder Pflegeleistungen setzt stets voraus, dass Leistungserbringer und zukünftiger Erblasser eine Vereinbarung vor Beginn der Leistungen abschließen, sei es in Form eines entgeltlichen Erbvertrages, sei es in Form einer bloßen Erwartung auf einen Vergütungsausgleich im Erbwege. Allerdings muss der Erblasser sich darüber im Klaren sein, dass er in diesem Fall gebunden ist (Erbvertrag) oder zumindest den Nachlass mit dem üblichen Vergütungsanspruch der Dienstleistenden belastet.