Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Preißer
Rz. 330
Gem. § 109 Abs. 2 i. V. m. § 97 Abs. 1a BewG wird der gemeine Wert des Anteils an einer Personengesellschaft grundsätzlich wie folgt ermittelt:
(1a) |
Nach Ermittlung des Ertragswerts für die gesamte Personengesellschaft werden die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz den Gesellschaftern vorweg zugerechnet. |
(1b) |
Der verbleibende (d. h. übersteigende) Ertragswert ist nach dem vertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu verteilen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. |
(2) |
Die WG des Sonder-BV (gemeiner Wert) werden den jeweiligen Gesellschaftern gesondert zugerechnet; Schulden im Sonder-BV sind einzubeziehen. |
(3) |
Die Werte aus (1) und (2) ergeben den gemeinen Wert des Anteils an der Personengesellschaft. |
An der A-B-C-OHG sind die Gesellschafter A, B und C zu je einem Drittel beteiligt. A hat ein Kapitalkonto von 100.000 EUR, B und C haben ein Kapitalkonto von jeweils 70.000 EUR. Der gemeine Wert für die OHG (ermittelt nach Ertragswertgesichtspunkten) beträgt 580.000 EUR.
B überlässt der OHG ein – schuldenfreies – Grundstück, das mit 200.000 EUR in der Sonderbilanz I des B ausgewiesen ist (Grundbesitzwert nach § 179 BewG 300.000 EUR). C hat den Gesellschaftsanteil von D erworben und den Kaufpreis, soweit er das Buchkapital überschritten hat, in eine positive Ergänzungsbilanz C eingestellt, die zum Stichtag ein Mehrkapital von 80.000 EUR aufweist. Wie sind die Anteile von A, B und C zu bewerten?
Lösung:
Hinweis: Ergänzungsbilanzen (C) finden keine Berücksichtigung (Änderung der Rechtslage), weil die Ergänzungsbilanzen bei der betriebswirtschaftlichen Ermittlung des Unternehmenswerts nicht berücksichtigt werden; noch gewähren sie den Gesellschaftern zusätzliche Entnahmerechte.
7.3.2.1 Auflösungsklausel (aus einer werbenden Personengesellschaft wird eine Liquidationsgesellschaft)
Rz. 331
Die Wandlung der Personengesellschaft in eine Liquidations-Gesellschaft hat keinen Einfluss auf ihre Bewertung. Gem. § 97 Abs. 1a BewG wird der Einheitswert der Personengesellschaft auf die Gesellschafter aufgeteilt. Der Anteil an der Personengesellschaft, der auf die Erbengemeinschaft übergeht, wird schließlich nochmals entsprechend der Erbquote auf die einzelnen Miterben aufgeteilt. Die Verschonungsregelungen können grundsätzlich wegen § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG (Betriebsaufgabe) nicht gewährt werden.
Rz. 332
Fazit: Bei der Auflösungsklausel erfolgt die anteilige Wertermittlung der ererbten Anteile an der Personengesellschaft in Liquidation anhand § 12 Abs. 5 ErbStG mit dem gemeinen Wert.
7.3.2.2 Fortsetzungsklausel (Fortbestand der Personengesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern)
Rz. 333
Nachdem den Erben eine Abfindung nach § 738 BGB gegen die Personengesellschaft zusteht, fällt diese in den Nachlass und ist als Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtig. Nachdem dieser Auseinandersetzungsanspruch nach h. M. keine betriebliche Forderung mehr darstellt, sondern privater Natur ist, wird der gemeine Wert mit dem Nennwert der Kapitalforderung (= echter Unternehmenswertanteil) nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 1 BewG angesetzt (s. auch Wälzholz in V/S/W, § 3 Rn. 86).
Rz. 334
Zusätzlich fingiert § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG für die verbleibenden Altgesellschafter ebenfalls einen Erwerb von Todes wegen, soweit der ihnen zugewachsene Anteil des ausscheidenden Erblassers mehr wert ist als der Abfindungsanspruch seiner Erben. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, einen Abfindungsanspruch gesellschaftsvertraglich im Falle todesfallbedingten Ausscheidens des Gesellschafters auszuschließen (s. Ulmer/Schäfer in MüKo, § 738 BGB, Rn. 62). Auch solche Klauseln fallen in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG. Ein Erwerb von Todes wegen auf Seiten der verbleibenden Gesellschafter liegt auch vor, wenn der Erblasser sog. "vorletzter Gesellschafter" war und aufgrund einer Übernahmeklausel der verbleibende Gesellschafter die Personengesellschaft als Einzelunternehmer fortführt. In beiden Fällen unterstellt § 3 ErbStG eine Schenkung des Erblassers auf den Todesfall zu Gunsten seiner/s Partner/s, und zwar auch ohne subjektive Bereicherungsabsicht des Erblassers (s. R E 3.4 Abs. 1 ErbStR 2011 sowie s. BFH vom 01.07.1992, BStBl II 1992, 912). Für die Praxis sei angefügt, dass dieser Erwerbstatbestand immer dann greift, wenn der Abfindungsanspruch auf den Buchwert begrenzt ist und der Steuerwert entsprechend höher ist. Darüber hinaus kann er auch bei der selten vereinbarten "Unter-Buchwert-Klausel" vorkommen, die jedoch zumindest seit der Einführung der verlängerten Maßgeblichkeit aufgrund des BiRiLiG 1993 – bereits im Vorfeld – ernsthafte Zweifel an der Stellung des Erblassers als Mitunternehmer aufkommen lässt. Den Altgesellschaftern stehen beim Anwachsungserwerb auch die Vergünstigungen des § 13a ErbStG zu (s. R E 13b.1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ErbStR sowie H E 3.4 ErbStH). S. hierzu auch die Parallelvorschrift des § 7 Abs. 7 ErbStG!
Rz. 335
Fazit: Bei der Fortsetzungsklausel haben die Erben den Abfindungsanspruch als (nicht nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigte) Kapitalforderung zu versteuern. Die verbleibenden Gesellschafter, denen der Anteil des Erb...