Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Rz. 193
Hat der Erwerber Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG begünstigt erworben, so fallen der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit die Anteile an der Kapitalgesellschaft ganz oder teilweise veräußert oder verdeckt in eine andere Kapitalgesellschaft eingelegt werden (Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 Satz 1). Wie auch für die Veräußerung von Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftlichem Vermögen gilt für die Veräußerung von begünstigt erworbenen Anteilen an Kapitalgesellschaften der ertragsteuerliche Veräußerungsbegriff. Die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften regelt § 17 EStG, so dass sämtliche Veräußerungen, die unter § 17 EStG fallen, als Veräußerung i. S. d. Abs. 6 Nr. 4 Satz 1 anzusehen sind. Darunter zählen insb. die Veräußerung durch Kaufvertrag gegen eine Geldleistung, ein Tauschgeschäft und eine Leistung an Erfüllung statt (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 376), aber auch der Erwerb eigener Anteile durch die Kapitalgesellschaft (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 380).
Rz. 194
Werden die Anteile an der Kapitalgesellschaft in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft eingebracht, so liegt hierin nur dann eine schädliche Veräußerung, wenn die Anteile in der gesamthänderisch gebundenen Rücklage verbucht werden (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 378). Eine verdeckte Einlage in eine Personengesellschaft unter Buchung auf das Kapitalkonto oder in eine personengebundene Rücklage des Erwerbers ist vom Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst und sollte daher keinen Behaltensfristverstoß auslösen. Es ist allerdings unsicher, wie die Finanzverwaltung eine solche verdeckte Einlage in eine Personengesellschaft bewertet. Insb. da im Rahmen der verdeckten Einlage keine Gesellschaftsrechte gewährt werden, besteht das nicht unerhebliche Risiko, dass die Finanzverwaltung auf Grundlage der allgemeinen Systematik die verdeckte Einlage als schädlich betrachtet. Dasselbe gilt für die Einbringung der Anteile in das Betriebsvermögen oder das Sonderbetriebsvermögen des Erwerbers.
Rz. 195
Der jeweilige Hintergrund der schädlichen Verfügung über die begünstigt erworbenen Kapitalgesellschaftsanteile ist für Zwecke der Behaltensfrist nach Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 nicht relevant, so dass es z. B. nicht auf einen Veräußerungsentschluss des Erwerbers ankommt (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 382). Auch eine Zwangsabtretung mit Anteilsübergang gegen Entgelt kann grundsätzlich eine schädliche Veräußerung darstellen. Ist der Erwerber der Kapitalgesellschaftsanteile laut dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet, die erhaltenen Anteile an einen Anderen abzutreten und erhält er hierfür eine Abfindung, ist der Vorfall so zu beurteilen, als hätte der Erwerber von vornherein die Abfindung erhalten und der Enderwerber die begünstigungsfähigen Kapitalgesellschaftsanteile. Insoweit liegt in einer solchen gesellschaftsvertraglichen Regelung keine schädliche Veräußerung vor. Dasselbe gilt im Fall der Einziehung eines Kapitalgesellschaftsanteils nach § 34 GmbHG mit Anteilsuntergang. Bereits ertragsteuerlich ist umstritten, ob eine solche Einziehung gegen Entgelt eine Veräußerung i. S. d. § 17 EStG darstellt (vgl. hierzu Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 17 Rz. 29 m. w. N.). Nachsteuerrelevanz hat die Einziehung begünstigt erworbener Kapitalgesellschaftsanteile aber durch Nr. 4 Satz 2 HS 1 Alt. 2, wonach die Herabsetzung des Nennkapitals unter Kapitalrückzahlung ebenfalls einen schädlichen Vorgang darstellt (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 383). Eine nur nominelle Herabsetzung des Nennkapitals ohne Kapitalrückzahlung stellt nach der Finanzverwaltung dagegen explizit keinen Behaltensfristverstoß dar (R E 13a.16 Abs. 2 ErbStR).