Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Rz. 213
Hat der Erwerber einen Behaltensfristverstoß nach Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, 2, 4 oder 5 ausgelöst, so bestimmt sich der Umfang der Nachversteuerung nach Abs. 6 Satz 2. Hiernach beschränkt sich der rückwirkende Wegfall des Verschonungsabschlags auf den Teil, der "dem Verhältnis der im Zeitpunkt schädlichen Verfügung verbleibenden Behaltensfrist einschließlich des Jahres, in dem die Verfügung erfolgt, zur gesamten Behaltensfrist entspricht". Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass für jedes abgelaufene volle Jahr seit dem Übertragungsstichtag ein Fünftel (Regelverschonung) bzw. ein Siebtel (Optionsverschonung) des Verschonungsabschlags gewährt wird. Veräußert der Erwerber daher z. B. unter der Behaltensfrist nach Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 stehende Anteile an einer Kapitalgesellschaft im dritten laufenden Jahr nach dem Übertragungsstichtag, fällt der Verschonungsabschlag im Falle der Regelverschonung lediglich zu 51 % (= 85 % Verschonungsabschlag × 3/5) weg. Der Abzugsbetrag hingegen entfällt unabhängig davon, in welchem Jahr der Behaltensfristverstoß begangen wird, vollständig (R E 13a.19 Abs. 1 Satz 5 ErbStR).
Rz. 214
Betrifft der Behaltensfristverstoß nicht das gesamte begünstigt erworbene Vermögen, weil z. B. nur ein Teil davon veräußert wird, so erstreckt sich die Nachversteuerung auch nur auf den veräußerten Teil, während der Verschonungsabschlag sowie der Abzugsbetrag für den restlichen Teil weiterhin gewährt werden (R E 13a.19 Abs. 1 Satz 6 ErbStR).
Rz. 215
Nicht vom Wortlaut des Abs. 6 Satz 2 erfasst ist ein Behaltensfristverstoß nach Nr. 3, weshalb bei einem Verstoß gegen die Überentnahmeregelung der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag für den Betrag der Überentnahme vollständig mit Wirkung für die Vergangenheit wegfallen (vgl. bereits Rn. 188). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass während der Behaltensfrist eine drohende Überentnahme bis zum Ablauf des letzten in die Behaltensfrist fallenden Wirtschaftsjahres durch entsprechende Einlagen ausgeglichen und folglich ein Verhaltensfristverstoß in der Regel auch erst zum Ende der Behaltensfrist festgestellt werden kann (Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 414).
Rz. 216
Für die Ermittlung der Höhe der Nachversteuerung wird keine Neuberechnung des gemeinen Werts des begünstigten Vermögens im Zeitpunkt des Behaltensfristverstoßes vorgenommen, sondern der Wert im Zeitpunkt der Steuerentstehung herangezogen. Nur im Falle einer Überentnahme nach Nr. 3 wird ausnahmsweise auf den ertragsteuerlichen Wert der Entnahme im Entnahmezeitpunkt abgestellt (R E 13a.19 Abs. 1 Satz 4 ErbStR).
Rz. 217
Wurde das begünstigte Vermögen von mehr als einem Erwerber erworben und haben daher mehrere Erwerber die Verschonungsregelungen in Anspruch genommen, ist der Verstoß eines Erwerbers gegen die Behaltensfrist für die restlichen Erwerber ohne Bedeutung (R E 13a.19 Abs. 4 Satz 2 ErbStR).
Rz. 218
Wird das begünstigt erworbene Vermögen während der Behaltensfrist im Wege der Schenkung an einen anderen Erwerber weiterübertragen, so hat sich der Zwischenerwerber einen Behaltensfristverstoß des Letzterwerbs zurechnen zu lassen mit der Folge, dass auch bei dem Zwischenerwerber eine Nachversteuerung stattfindet (R E 13a.19 Abs. 5 ErbStR). Bei einer Weiterübertragung des begünstigt erworbenen Vermögens sollte daher im Schenkungsvertrag eine Widerrufsmöglichkeit für den Fall eines Behaltensfristverstoßes durch den Letzterwerber aufgenommen oder zumindest ein Anspruch auf Ersatz des bei dem Zwischenerwerber durch die Nachversteuerung entstandenen finanziellen Schadens vereinbart werden.
Rz. 219
vorläufig frei