Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
8.1 Allgemeines
Rz. 196
Gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 3 ErbStG zählen Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine, Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände zum Verwaltungsvermögen, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte nicht der Hauptzweck des Betriebs ist. Gehört allerdings einer dieser Kunstgegenstände zum Hauptzweck des Unternehmens, so wird dieser nicht zum Verwaltungsvermögen gezählt. Als Hauptzweck wird auch die Weiterverarbeitung anerkannt, wie sie zum Beispiel bei Edelmetallen vorkommt.
A ist Juwelier und möchte T seinen Anteil an der Schmuck-für-alle-GmbH übertragen. Das Geschäft handelt ausschließlich mit Edelmetallen und Edelsteinen. Zählen diese zum Verwaltungsvermögen?
Lösung:
Nein, es liegt kein Verwaltungsvermögen vor. Da A Juwelier ist und der Hauptzweck seines Unternehmens, wie es auch der Firmenname sagt, ein Schmuckhandel ist, gehören Edelmetalle und Edelsteine nicht zum Verwaltungsvermögen.
Beispiel Abwandlung:
A ist Juwelier und möchte T seinen Anteil an der Schmuck-für-alle-GmbH übertragen. Das Geschäft handelt ausschließlich mit Edelmetallen und Edelsteinen. A ist außerdem ein Fan von Picasso- Gemälden. Er kauft einige Gemälde für die GmbH und hängt sie im Geschäft unter Panzerglas auf. Damit möchte er vor allem sein Geschäft edel erscheinen lassen. Er glaubt, wer sich teuren Schmuck kaufen kann, wird sich vielleicht auch für den Kauf eines Picasso Gemäldes interessieren. Zählen die Picasso-Gemälde zum Verwaltungsvermögen?
Lösung:
Ja, die Bilder gehören zum Verwaltungsvermögen, da der Hauptzweck seines Gewerbebetriebes nicht der Handel mit Gemälden ist. Er erscheint in dem Fall als Kunstsammler, da er lediglich die Bilder gerne sammelt. Dass er die Gemälde bei sich im Geschäft aufhängt, hat keine Bedeutung.
8.2 Altfassung vs. Neufassung aus 2016
Rz. 197
Die ursprüngliche Auflistung der Einzelgegenstände (Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, Münzen, Edelmetalle und Edelsteine) ließ die Frage aufkommen, ob es sich um eine exemplarische Aufzählung oder um eine geschlossene Gruppe, einen Numerus clausus schädlicher Hobby-Gegenstände handelt. Die grammatikalische Auslegung legte den "Numerus-clausus-Charakter" nahe, da der Gesetzgeber auf eine Supplement-Formel (z. B. "und vergleichbare") verzichtet hat. Damit stellten alle nicht vom Wortlaut erfassten fraglichen Gegenstände zwangsläufig Produktivvermögen dar. Dies entband allerdings nicht von der Verpflichtung der exakten Subsumtion. Damit verbunden war die Aussage, dass all jene Gegenstände, die sich im "Begriffskern" der genannten Gegenstände wiederfanden, zum Verwaltungsvermögen gehörten. Umgekehrt stellten Gegenstände, die nur zum "Begriffshof" zu zählen waren, sog. unschädliches Produktivvermögen dar.
Rz. 198
Das Auslegungsproblem der Altfassung löst die Neufassung aus 2016 einerseits durch eine exemplarische Erweiterung mit Oldtimern, Briefmarkensammlungen, Yachten und Segelflugzeugen. Andererseits ist die Streitfrage (exemplarische oder geschlossene Fallgruppe) durch eine Öffnungsklausel "der sonstigen typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände" beantwortet. Alle typischerweise der privaten Lebensführung dienenden Gegenstände sind darunter subsumierbar. Sie müssen allerdings die Voraussetzung erfüllen, dass ihre Herstellung, Verarbeitung oder entgeltliche Nutzungsüberlassung nicht der Hauptzweck des jeweiligen Betriebs ist. Aus R E 13b.21 Abs. 1 S. 3 ErbStR geht hervor, dass die Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum Umlaufvermögen ein Indiz dafür sein kann, dass der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung und deren Verarbeitung oder die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist. Der Wortlaut der Klausel ist jedoch zu weit geraten, so dass eine restriktive Auslegung geboten erscheint, da ansonsten auch Teile der Betriebs- und Geschäftsausstattung oder sogar wesentliche Betriebsgrundlagen erfasst werden wie beispielsweise Luxus-PKWs beim Limousinenservice (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 190).
Rz. 199
Die Ausnahme für den Handel sowie für Herstellungs-, Verarbeitungs- und Vermietungsfälle erweist sich jedoch in den Fällen einer betriebsnotwendigen (Fach)Bibliothek und bei Dienstleistungsbetrieben, in denen nicht die Vermietung, sondern die Dienstleistung im Vordergrund steht, als problematisch, da diese Fälle nicht von ihr erfasst werden (s. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b Rz. 191). Da auch nach dem aktuellen ErbStG die Nutzungsüberlassung nur für Grundstücke geregelt ist, wird man die Überlassung anderer Gegenstände nicht in den Katalog des Verwaltungsvermögens aufnehmen dürfen. Die Problematik ist vergleichbar der analogen Gegenstandsbeurteilung nach dem ErbStG (2009).
8.3 Kunst in der Erbschaftsteuer
Rz. 200
Während es für Kunstsammlung...