Rz. 118
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt das Vermögen einer Stiftung oder eines Vereins, sofern diese wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet oder auf Bindung von Vermögen für diesen Personenkreis gerichtet sind, in Zeitabständen von jeweils 30 Jahren der Erbschaft- und Schenkungsteuer als sog. Ersatzerbschaftsteuer. Besteuert wird das Vermögen der Stiftung oder des Vereins so, als ob es im Generationenwechsel der Erbschaftsteuer unterliege. Es handelt sich um eine gesetzliche Fiktion. Da bei KapG die Besteuerung über die Anteilseigner erfolge, fehle eine entsprechende Regelung beim Vermögen einer Stiftung oder eines Vereins mit der Folge, dass eine Lücke zur Erbschaftsbesteuerung vorliege, die durch die Ersatzerbschaftsteuer gefüllt werde (s. Balle/Gress, BB 2008, 2660, 2664 mit Kritik an der Ersatzerbschaftsteuer als Institut).
Nach § 28a Abs. 7 ErbStG gelten die Absätze 1–6 in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 entsprechend. Hinsichtlich der Verschonungsbedarfsprüfung des § 28a ErbStG kann für Familienstiftungen und -vereine, deren Vermögen aus Großvermögen besteht, auf die allgemeinen Ausführungen zur Verschonungsbedarfsprüfung verwiesen werden. Ausführlich zur Familienstiftung s. § 1 Rn. 172 ff.
Rz. 119
Die Anwendung des § 28a ErbStG bedeutet allerdings auch, dass die Regelungen zur Verschonungsbedarfsprüfung auch bei der Besteuerung von Großvermögen von Stiftungen i. R.d. Ersatzerbschaftsteuer alle 30 Jahre anzuwenden sind. Das wiederum bedeutet aber, dass Stiftungen, die mit einem entsprechenden Großvermögen ausgestattet sind, was angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase und der gleichzeitig vorhandenen Verpflichtung der Mittelerhaltung und auch der Umsetzung der Stiftungsziele durch die aus den Mitteln des Vermögens erwirtschafteten Beträge einerseits sowie die nach der Stiftungsreform in der Zukunft immer wahrscheinlicher werdende Zusammenlegung von verschiedenen kleineren Stiftungen und der steigenden Zustiftung in bestehende Stiftungen andererseits immer häufiger auftreten wird, sich alle 30 Jahre einer kompletten Ersatzerbschaftsteuerbelastung, die außerhalb der Verschonungsbedarfsprüfung keine Begünstigung vorsieht, ausgesetzt sehen werden.
Die Verschonungsbedarfsprüfung wird in ihrer Konsequenz dazu führen, dass sich das Stiftungsvermögen, welches aus nach § 13a ErbStG begünstigtem und sonstigem Vermögen besteht, im schlimmsten Fall alle dreißig Jahre im sog. verfügbaren Vermögen (und hier dürfte im Hinblick auf das nicht begünstigte Vermögen ein Wertungswiderspruch zwischen Körperschaftsteuerstelle und Erbschaftsteuer-FA bestehen) halbiert, da 50 % des verfügbaren Vermögens für die Steuerzahlung einzusetzen sind.
Nicht geregelt ist zudem, ob bei einer Zusammenlegung von verschiedenen Stiftungen auf eine einzige, die in früherer Zeit eine Verschonungsbedarfsprüfung erfolgreich durchlaufen hat, dieser Vorgang als Hinzuerwerb von Vermögen betrachtet wird, es zu einem Wegfall des Erlasses, dem Einsetzen von 50 % des zusammengelegten, hinzugekommenen Vermögens und einer neuen Verschonungsbedarfsprüfung auf Antrag führen würde. Hier ist also bei entsprechenden Plänen genau darauf zu achten, was in den verschiedenen Institutionen vorgenommen wurde, mit den entsprechenden Nachlauffristen.
Rz. 120
Zur Vermeidung der Anwendung der Erbersatzsteuer und damit ggf. der Notwendigkeit der Verschonungsbedarfsprüfung kann geprüft werden, anstelle einer inländischen eine ausländische Stiftung zu errichten (so Oppel, SteuK 2016, 469, 476), was aber andere steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte, insb. im ertragssteuerlichen Bereich.