Ausgewählte Literaturhinweise:
Hartmann, Bedarfswertfeststellungen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer – Verwaltungsanweisungen zum Verfahrensablauf, ErbStB 2008, 296; Höne, Steueroptimierte Übertragung von Betriebsvermögen – Vorbereitung der Übertragung, Anzeigeverpflichtungen, Antragstellungen und Freibeträge im Blick, NWB-EV 2019, 258.
Ausgewählte Rechtsprechung:
BFH vom 22.01.2020, BStBl II 2020, 573;
BFH vom 25.09.2013, BStBl II 2014, 32;
BFH vom 16.11.2016, BFH/NV 2007, 401;
BFH vom 21.06.2007, BFH/NV 2007, 1628;
BFH vom 24.05.2006, BStBl II 2007, 76;
BFH vom 26.01.2006, BFH/NV 2006, 921;
BFH vom 03.07.1997, BStBl II 1998, 86;
BFH vom 07.12.1994, BStBl II 1995, 1205.
1 Bedeutung der Vorschrift
Rz. 1
Die Entscheidung über die Bedeutung eines Bedarfswerts für die Besteuerung trifft gem. § 151 Abs. 1 Satz 2 BewG das für die Besteuerung zuständige FA (vgl. Hartmann, ErbStB 2008, 279; s. a. § 151 Rn. 3). Allerdings darf das Besteuerungs-FA die wertmäßige Bestimmung nicht selbst vornehmen (BFH vom 24.05.2006, BStBl II 2007, 76). Vielmehr fordert das Besteuerungs-FA das nach § 152 BewG örtlich zuständige FA zur gesonderten Feststellung der Bedarfswerte auf. Die Norm bestimmt, welches FA in welcher Feststellungsangelegenheit tätig werden muss, und regelt damit die örtliche Zuständigkeit abweichend von § 17 AO (vgl. BT-Drs. 16/2712). Dabei hat das anfordernde FA genaue Angaben zu dem steuerbaren Vorgang, wie bspw. zum jeweiligen Grundstück und dem Besteuerungszeitpunkt, zu machen. Das aufgeforderte FA ist nicht zu einer weiteren materiell-rechtlichen Prüfung verpflichtet (BFH vom 26.01.2006, BFH/NV 2006, 921).
Zusätzlich legt § 152 BewG auch den Umfang der sachlichen Zuständigkeit fest, da die örtlich zuständigen FÄ nicht nur für die Feststellung, sondern auch für die Sachverhaltsaufklärung, insb. die Außenprüfung (s. § 156 BewG), das Rechtsbehelfsverfahren (s. § 155 BewG), sowie für den Erlass oder die Änderung von Feststellungsbescheiden zuständig sind. Nicht in die sachliche Zuständigkeit des Feststellungs-FA fällt hingegen die Entscheidung über einen Antrag auf Optionsverschonung, da darüber i. R. d. Steuerfestsetzung zu entscheiden ist (vgl. Höne, NWB-EV 2019, 262).
Erlässt ein nach § 152 BewG nicht örtlich zuständiges FA einen Feststellungsbescheid, ist dieser anfechtbar, aber nicht aufzuheben (BFH vom 21.06.2007, BFH/NV 2007, 1628).
2 Örtliche Zuständigkeiten
2.1 Grundbesitzwertfeststellung
Rz. 2
Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit zur gesonderten Feststellung von Grundbesitzwerten gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG ist die Belegenheit des (Betriebs-)Grundstücks bzw. des LaFo-Betriebs (§ 152 Nr. 1 BewG). Örtlich zuständig ist demnach das Lage-FA.
E lebt in Stuttgart und erbt ein Grundstück. Das Grundstück ist in Esslingen belegen.
Für die Festsetzung der Steuer des E ist das Erbschaftsteuer-FA in Stuttgart zuständig. Die örtliche Zuständigkeit für die Grundbesitzwertfeststellung obliegt jedoch nach § 152 Nr. 1 BewG dem Lage-FA in Esslingen, sofern es hierzu aufgefordert wird.
Erstreckt sich die wirtschaftliche Einheit des zu bewertenden Grundbesitzes über Bezirke mehrerer FÄ, ist das FA örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil der wirtschaftlichen Einheit befindet. Maßstab für die Ermittlung des wertvollsten Teils bildet das Verhältnis der gemeinen Werte der jeweiligen wirtschaftlichen Einheit zueinander (vgl. die Kriterien für die örtliche Zuständigkeit bei Einheitswertfeststellungen gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 AO). Entsprechendes gilt auch für grunderwerbsteuerliche Zwecke.
2.2 Wertfeststellung für Betriebsvermögen
Rz. 3
Für die Wertfeststellung von BV oder von Anteilen an PersG mit BV ist nach § 152 Nr. 2 BewG vorrangig das Betriebs-FA zuständig. Dabei handelt es sich um das FA, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung (§ 10 AO) der Gesellschaft befindet (s. a. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO). Das ist regelmäßig der Ort, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet (vgl. u. a. BFH vom 03.07.1997, BStBl II 1998, 86). Befindet sich die Geschäftsleitung im Ausland, ist das FA örtlich zuständig, in dessen Bezirk eine BS i. S. d. § 12 AO unterhalten wird. Bei mehreren BS im Inland ist auf die wirtschaftlich bedeutendste BS abzustellen.
Die Bestimmung des örtlich zuständigen FA für die Feststellung des Werts des BV bei freiberuflicher Tätigkeit ist davon abhängig, in welchem Bezirk die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt wird (s. a. § 18 Abs. 1 Nr. 3 AO). Die vorwiegende Ausübung der Tätigkeit kann nach der Höhe der jeweiligen Umsätze bestimmt werden (BFH vom 16.11.2016, BFH/NV 2007, 401).
Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit bei einer gesonderten Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG kommt es auf die Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Durchführung an (H B 152 ErbStH). Eine nach dem Bewertungsstichtag erfolgte Verlegung der Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder der vorwiegenden örtlichen Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit in den Bezirk eines anderen FA führt zu einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit, sofern die gesonderte Feststellung bis zu dies...