Ausgewählte Literaturhinweise:
Dißars, Einspruchs- und Klagebefugnis bei einheitlicher und gesonderter Feststellung, NWB 2011, 1715; Halaczinsky/Volquardsen, Rechtsbehelfsbefugnis in Erbschaft- und Schenkungsteuerangelegenheiten – Feststellungs- und Festsetzungsverfahren, ErbStB 2010, 274.
Ausgewählte Rechtsprechung:
BFH vom 16.03.2020, BFH/NV 2020, 912;
BFH vom 07.06.2018, BFH/NV 2018, 1156;
BFH vom 06.07.2011, BStBl II 2012, 5;
BFH vom 27.11.2008, BFH/NV 2009, 783;
BFH vom 07.04.2003, BFH/NV 2003, 916;
BFH vom 13.09.1989, BFH/NV 1990, 355;
FG Hamburg vom 18.01.2016, ZEV 2016, 229;
FG Hamburg vom 07.07.2015, ZEV 2015, 603;
FG Hamburg vom 20.01.2015, EFG 2015, 1000.
1 Bedeutung der Vorschrift
Rz. 1
Ein Feststellungsbescheid über den Steuerwert ist als Grundlagenbescheid für die Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer oder der Grunderwerbsteuer bindend (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO). Einwendungen gegen die Höhe der Steuer können, soweit sie Bedarfswerte betreffen, daher nur gegen die Feststellungsbescheide, nicht aber gegen die Steuerbescheide als Folgebescheide erhoben werden. Grds. ist gegen Feststellungsbescheide und andere Verwaltungsakte, die die gesonderte und ggf. einheitliche Feststellung betreffen, nur derjenige rechtsbehelfsbefugt, der durch den Feststellungsbescheid unmittelbar beschwert ist (§ 350 AO).
Darüber hinaus räumt § 155 BewG als bewertungsrechtliche Sonderregelung allen am Feststellungsverfahren nach § 151 BewG Beteiligten Rechtsbehelfsbefugnisse, insb. Einspruchs- und Klagebefugnisse, ein (zum Beteiligtenbegriff s. a. § 154). Damit sind auch Personen rechtsbehelfsbefugt, die nicht durch die Feststellung beschwert sind, da sie bspw. nicht Erwerber i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sind.
2 Rechtsbehelfsbefugnis
2.1 Inhaltsadressaten und Steuerschuldner
Rz. 2
Beteiligter i. S. d. § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG und damit rechtsbehelfsbefugt ist der Inhaltsadressat des Feststellungsbescheids, also derjenige, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. Die Zurechnung des Feststellungsgegenstandes richtet sich im Erbschaftsteuerrecht nach zivilrechtlichen Grundsätzen (vgl. Halaczinsky/Volquardsen, ErbStB 2010, 275).
S und T sind beide zu gleichen Teilen an der X-OHG beteiligt, die wiederum ein Betriebsgrundstück besitzt.
Die Anteile an der X-OHG sind jeweils den beiden Gesellschaftern zuzurechnen. Das Grundstück ist hingegen der Gesellschaft selbst zuzurechnen (sog. Teilrechtsfähigkeit).
Für Beteiligte i. S. d. § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG ergibt sich die Rechtsbehelfsbefugnis jedoch auch aus § 350 AO und § 40 Abs. 2 FGO.
Rz. 3
Ebenfalls Beteiligte i. S. d. § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG und damit immer gegen alle sie betreffenden Feststellungsbescheide rechtsbehelfsbefugt sind die Steuerschuldner der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer (s. a. § 154 Rn. 4 f.). Bei Erwerben v.T.w. sind dies grds. die Erben und weitere Bedachte, wie bspw. Vermächtnisnehmer.
E erbt von seiner Tante den 100 %-Anteil der nicht börsennotierten X-GmbH. Die X-GmbH wird für Zwecke der Erbschaftsteuer zur Abgabe einer Feststellungserklärung verpflichtet. Nachdem sie die Feststellungserklärung abgegeben hat, wird vom zuständigen FA ein Feststellungsbescheid erlassen.
Neben der X-GmbH ist auch E gem. § 155 Satz 1 i. V. m. § 154 Abs. 1 BewG rechtsbehelfs- und klagebefugt, da ihm die bewerteten Anteile gem. § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG zuzurechnen sind, er Schuldner der Erbschaftsteuer i. S. d. § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG ist und die Feststellungen für seine Besteuerung von Bedeutung sind (FG Hamburg vom 20.01.2015, EFG 2015, 1000).
Bei Schenkungen ist neben dem Beschenkten auch der Schenker rechtsbehelfsbefugt, sofern er die Schenkungsteuer nach § 10 Abs. 2 ErbStG selbst übernommen hat oder gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 HS 2 ErbStG als Schuldner der Schenkungsteuer in Anspruch genommen werden soll (FG Hamburg vom 07.07.2015, ZEV 2015, 603). Für den rechtsbehelfsbefugten Schenker genügt das vom Beschenkten durchgeführte Einspruchsverfahren (BFH vom 06.07.2011, BStBl II 2012, 5; FG Hamburg vom 07.07.2015, ZEV 2015, 603). Erhebt der Schenker neben dem Beschenkten nicht selbst Klage, ist er gem. § 60 Abs. 3 FGO zur Klage des Beschenkten beizuladen (FG Hamburg vom 18.01.2016, ZEV 2016, 229).
2.2 Drittbeteiligte
Rz. 4
Abweichend von § 350 AO und § 40 Abs. 2 FGO sind nach § 155 Satz 1 BewG neben den materiell betroffenen Inhaltsadressaten des Feststellungsbescheids auch diejenigen rechtsbehelfsbefugt, die vom Feststellungs-FA zur Abgabe einer Feststellungserklärung auf Grundlage des § 153 Abs. 2 oder 3 BewG aufgefordert wurden (s. § 154 Rn. 3). Ihnen wird eine formelle Rechtsbehelfsbefugnis in Form der Prozessstandschaft eingeräumt (BFH vom 13.09.1989, BFH/NV 1990, 355). Durch das in § 153 Abs. 2 BewG normierte Auswahlermessen kann das Feststellungs-FA somit in gewissem Umfang auch Einfluss auf die Beteiligteneigenschaft und damit auf die Rechtsbehelfsbefugnis nehmen.
2.3 Zurechnung auf eine Erbengemeinschaft
Rz. 5
Gem. § 151 Abs. 2 Nr. 2 HS 2 BewG erfolgt im Fall mehrerer Miterben die Zuordnung des Feststellungsgegenstan...