Dr. Stefan Königer, Dennis Helwig
Ausgewählte Literaturhinweise:
Erkis, Die Neuregelung des Verschonungssystems für Betriebsvermögen im ErbStG – Vorgaben des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014 umgesetzt?, DStR 2016, 1441; Holtz, Erbschaftsteuerreform 2016 – Das neue Verschonungssystem für Unternehmensvermögen, NJW 2016, 3750; Korezkij, Finger weg vom Abschmelzungsmodell bei Erwerben begünstigten Vermögens ab 51 Mio. EUR, DStR 2017, 189; Reich, Das neue Unternehmenserbschaftsteuerrecht, BB 2016, 2647; Stalleiken, Unternehmenserbschaftsteuerreform 2016 – Neues Begünstigungsregime für Konzerne und Familienunternehmen, Der Konzern 2016, 439; Stalleiken, Erbschaftsteuerreform 2016 – Überblick über das neue Unternehmens-Erbschaftsteuerrecht, Ubg 2016, 569; Viskorf/Löcherbach/Jehle, Die Erbschaftsteuerreform 2016 – Ein erster Überblick, DStR 2016, 2425; Wachter, Erste Konturen des neuen Erbschaftsteuerrechts, FR 2016, 690.
1 Einführung
1.1 Hintergrund der Vorschrift
Rz. 1
Nach der gesetzlichen Konzeption der steuerlichen Befreiungsvorschriften für land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Betriebsvermögen sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften in der Fassung des ErbStRG 2009 (BGBl I 2008, 3108) wurde dieses Vermögen ungeachtet dessen Höhe im Fall der Regelverschonung zu 85 % und im Fall der Optionsverschonung zu 100 % von der Erbschaftsteuer befreit, soweit es zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen bestand. Hintergrund der Steuerbefreiung nach den §§ 13a, 13b ErbStG a. F. war die Befürchtung des Gesetzgebers, dass es durch die bei einem Erwerb anfallende Erbschaftsteuer in dem jeweiligen Unternehmen zu einem so hohen Liquiditätsabfluss kommen kann, dass Investitionen verhindert und Arbeitsplätze gefährdet würden (BT-Drs. 16/7918, 33). Das BVerfG sah die damalige Steuerbefreiung jedoch als unverhältnismäßig an, soweit es sich dabei um die Übertragung großer Unternehmensvermögen handelte. Nach dem BVerfG sei zwar nicht auszuschließen, dass auch in großen Unternehmen durch eine hohe Steuerlast Arbeitsplätze gefährdet würden. Allerdings erfordere die Steuerbefreiung dann vor dem Hintergrund der Lastengleichheit der Besteuerung "besondere Vorkehrungen", um eine Ungleichbehandlung aufgrund der bei Erwerben großen Unternehmensvermögens betragsmäßig hohen Steuerbefreiung auszuschließen (BVerfG vom 17.12.2014 – 1 BvL 10/12, BStBl I 2015, 50). Das BVerfG zeigte in seinem Urteil vom 17.12.2014 beispielhaft gleich zwei solcher besonderen Vorkehrungen auf. Zum einen könne eine absolute Obergrenze für die Verschonung von Unternehmensvermögen festgelegt werden. Sofern eine Steuerverschonung auch bei großen Unternehmensvermögen beibehalten werden soll, könnte die Rechtfertigung der Steuerbefreiung alternativ durch die eine individuelle Bedürfnisprüfung des Erwerbers unter Einbeziehung des miterworbenen, nicht begünstigen Vermögens bzw. des beim Erwerber bereits vorhandenen eigenen Vermögens, welches sodann zur Begleichung der entstandenen Steuerschuld eingesetzt werden könne, erfolgen.
Rz. 2
Der Gesetzgeber hat die vom BVerfG aufgezeigten Lösungsansätze durch das ErbStRG 2016 (BGBl I 2016, 2464) dergestalt umgesetzt, dass er dem Steuerpflichtigen die Wahl überlässt, ob er den Erwerb von unternehmerischem Großvermögen einer mit steigendem Wert des begünstigten Vermögens abschmelzenden Verschonung unterwirft (§ 13c ErbStG) oder ob aufgrund einer individuellen Bedürfnisprüfung die Erbschaftsteuer für den Erwerb des begünstigten Vermögens (teilweise) erlassen wird (§ 28a ErbStG).
Rz. 3
vorläufig frei
1.2 Regelungsinhalt
Rz. 4
§ 13c ErbStG regelt den Verschonungsabschlag beim Erwerb von begünstigtem Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG von mehr als 26 Mio. EUR (sog. Großerwerb). Übersteigt der Erwerb begünstigten Vermögens die Grenze von 26 Mio. EUR, so verringert sich gem. § 13c Abs. 1 ErbStG der Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 (Regelverschonung) bzw. Abs. 10 ErbStG (Optionsverschonung) auf Antrag des Erwerbers um 1 % je volle 750.000 EUR, die das begünstigte Vermögen den Betrag von 26 Mio. EUR übersteigt (§ 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Dabei wird im Falle der Regelverschonung ab einem Erwerb begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG i. H. v. 89,75 Mio. EUR bzw. im Falle der Optionsverschonung ab einem Erwerb begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG i. H. v. 90 Mio. EUR (§ 13c Abs. 1 Satz 2 ErbStG) der Verschonungsabschlag nicht mehr gewährt.
Rz. 5
§ 13c Abs. 2 Satz 1 ErbStG stellt klar, dass i. R.d. Verschonungsabschlags die Regelungen in § 13a Abs. 3 bis 9 ErbStG zu beachten sind. Damit führen Lohnsummen- oder Behaltensfristverstöße (grds.) zu einer zusätzlichen Reduzierung der Verschonung des begünstigten Vermögens. Für die Frage, ob ein Großerwerb von mehr als 26 Mio. EUR vorliegt und es ggf. zu einer Anwendung des § 13c Abs. 1 ErbStG im Sinne einer abschmelzenden Verschonung kommt bzw. wie hoch diese ausfällt, werden nach § 13c Abs. 2 Satz 2 ErbStG mehrere Erwerbe begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG von derselben Person innerhalb der letzten zehn Jahre zusammengerechnet (hinsichtli...