Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Ausgewählte Literaturhinweise:
Eisele in R/T, BewG § 200, Vereinfachtes Ertragswertverfahren; Erb/Regierer/Vosseler, Bewertung bei Erbschaft und Schenkung, 2018, München; Hannes/Onderka, Die Bewertung von Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften nach der "AntBVBewV", ZEV 2008, 173; Kirchhain/Lorenz, Erbschaftsteuer- und bewertungsrechtliche Behandlung von Anteilen an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften, DStR 2014, 1941; Kowanda, Das vereinfachte Ertragswertverfahren und der bewertungsrechtliche Substanzwert, 2017; Kowanda, Problemfelder bei der Bewertung ausländischer Beteiligungen im Ertragswertverfahren, ErbStB 2019, 45; Mannek, Anteile an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer, NWB 2013, 3449; Piltz, DStR 2008, 745, 749 Ramb, Bebaute (Betriebs-)Grundstücke im neuen Bewertungs- und Erbschaftsteuerrecht, NWB 2010, 524; Rössler/Troll/Eisele, § 200 Rn. 11 Wälzholz, Der Entwurf zur neuen Bewertung von Anteils- und Betriebsvermögen nach dem ErbStR, BBEV 2008, 139.
1 Ermittlung des Ertragswerts
Rz. 1
§ 200 BewG ist der Ausgangspunkt des vereinfachten Ertragswertverfahrens. Nach Abs. 1 ist der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag mit dem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren. Der nachhaltig erzielbare Jahresertrag ergibt sich aus den §§ 201 und 202; der Kapitalisierungsfaktor ist nach § 203 zu ermitteln.
Rz. 2
Kern des § 200 BewG ist die Aussonderung bestimmter Wirtschaftsgüter aus dem Ertragswert (Abs. 2 bis 4). Gem. R B 200 Abs. 1 ErbStR setzt sich der Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren zusammen aus:
Rz. 3
Der Kapitalisierungsfaktor beträgt gem. § 203 Abs. 1 BewG 13,75. Mit diesem ist der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag i. S. d. §§ 201 und 202 BewG zu multiplizieren.
Rz. 4
Es kommt durch die in Rz. 2 gezeigten verschiedenen Bewertungsschritte zu einer Vermischung des vereinfachten Ertragswertverfahrens mit dem Substanzwertverfahren. Während die Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens nach dem vereinfachten Ertragswert erfolgt, wird bspw. nicht betriebsnotwendiger Grundbesitz mit dem Substanzwert angesetzt. Für Anteile an PersG erfolgt außerdem eine gesonderte Bewertung des Sonder-BV (s. dazu Rz. 7).
2 Nicht betriebsnotwendiges Vermögen
Rz. 5
Nicht betriebsnotwendiges Vermögen gem. § 200 Abs. 2 BewG sind WG (einschließlich mit diesen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Schulden), deren Anwesenheit das operative Geschäft des zu bewertenden Unternehmens nicht beeinflusst. Zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen gehören demnach WG, die sich aus dem Unternehmen herauslösen lassen, ohne die eigentliche Unternehmenstätigkeit zu beeinflussen (s. R B 200 Abs. 2 Satz 2 ErbStR). Dieses Vermögen wird auch als betriebsneutrales Vermögen bezeichnet (vgl. Piltz, DStR 2008, 745, 749; Eisele in R/T, § 200, Rn. 3). Eine Veräußerung dieser WG ist möglich, ohne dass die Leistungsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigt wird (s. Eisele in R/T, § 200, Rn. 3). Je nach Unternehmenszweck können dies beispielsweise Grundstücke, Gebäude, Kunstgegenstände, Beteiligungen, Wertpapiere oder Geldbestände sein.
Rz. 6
Die Zuordnung von WG (darunter auch Grundstücke) zum BV richtet sich nach ertragsteuerlichen Maßstäben (s. Ramb, NWB 2010, 524 (539); Mannek in S/L, § 200 Rn. 28). Dies betrifft jedoch lediglich die Frage, ob das WG zum BV gehört oder nicht. Anders gestaltet sich die Beurteilung, ob es sich um nicht betriebsnotwendiges BV handelt. Es muss aufgrund der Betriebsbezogenheit keine zwingende Deckungsgleichheit mit ertragsteuerlich gewillkürtem BV oder mit VV i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG vorliegen (s. R B 200 Abs. 2 ErbStR). Folglich richtet sich der Begriff des nicht notwendigen BV nicht nach ertragsteuerlichen Grundsätzen (Mannek in S/L, § 200 Rn. 39). Es ist auch möglich, dass der Gegenstand des (ertragsteuerlich) notwendigen BV i. R.d. Hinzurechnung nach § 200 Abs. 2 BewG nur teilweise hinzugerechnet wird, wenn es nur teilweise für betriebsfremde Zwecke genutzt wird (auch wenn es sich um Sonder-BV handelt (s. ausführlich zum Thema Betriebsgrundstück: Ramb, NWB 2010, 524 (525 f.)).
Rz. 7
Beispiel:
Gesellschafter A (Privatperson) ist mit 10 % an der B-GmbH beteiligt. Er verstirbt im Dezember 2019. Zum BV der GmbH gehört ein nicht betriebsnotwendiges Mietwohngrundstück mit einem gesondert festgestellten Bedarfswert von 690.000 EUR. Im Jahr 2018 erwarb die B-GmbH einen 100 %igen Anteil an der C-GmbH (Tochtergesellschaft) für 400.000 EUR. Der Mindestwert der GmbH i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG beläuft sich auf 740.070 EUR.
Auszug aus der GuV-Rechnung der B-GmbH:
Lösung:
Bewertungsverfahren: Vereinfachtes...