Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Dr. Christoph Regierer
Ausgewählte Literaturhinweise:
Götz, Lebzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft als Gestaltungsmittel zur Erlangung rückwirkender Steuer- und Straffreiheit bei unbenannten Zuwendungen, DStR 2001, 417;
Jülicher, Vertragliche Rückforderungsrechte und Weiterleitungsklauseln in Schenkungsverträgen, DStR, 1998, 1977; Kamps/Stenert, Erlöschen der Schenkungsteuer bei überschüssigen Zuwendungen, DStR 2018, 2465; Lüdicke, Das Nämlichkeitsprinzip im Rahmen der Steuerbefreiung für die Überführung von Vermögensgegenständen in den gemeinnützigen Bereich, ZEV 2007, 254; Mack/Stenert, Entfällt die Steuerbefreiung nach § 29 Absatz 1 Nummer 3 ErbStG bei sog. überschüssigen Zuwendungen vollständig?, DStR 2017, 2645; von Oertzen und Schienke-Ohletz, Verbrauchsstiftungen als begünstigte Empfänger i. S. d. § 29 Absatz 1 Nr. 4 ErbStG, ZEV 2015, 609; Piltz, Die verunglückte Rückabwicklung einer Schenkung: der größte anzunehmende Unfall, ZEV 2009, 70; Troll, DB 1991, 672, Wachter, Störungen der Geschäftsgrundlage im Schenkungsteuerrecht, ZEV 2002, 176, Wälzholz, ZEV 2009, 623
Ausgewählte Rechtsprechung:
BFH vom 11.11.2009, BFH/NV 2010, 896;
BFH vom 24.05.2000, BFH/NV 2001, 39;
BFH vom 13.09.1989, BStBl II 1989, 1034;
FG Hessen vom 07.05.2018, EFG 2018, 1253;
FG Köln vom 18.01.2018, EFG 2018, 1584;
FG Düsseldorf vom 30.11.2016, EFG 2017, 143.
1 Bedeutung der Vorschrift
Rz. 1
Die unentgeltliche Übertragung eines Vermögensgegenstandes ist grds. auch dann steuerpflichtig, wenn es sich um eine Rückübertragung bzw. Rückschenkung handelt. Auch ändert sich durch die Rückschenkung grds. nichts an der Steuerpflicht der ursprünglichen Übertragung. Diesem häufig unbilligen Ergebnis hilft die Vorschrift des § 29 ErbStG für bestimmte Fälle ab. § 29 Abs. 1 ErbStG enthält hierzu jedoch eine abschließende Aufzählung von Fällen, in denen die Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit erlischt. Dies sind insbesondere die Fälle der Rückforderung eines Geschenks aufgrund eines gesetzlichen oder vertraglichen Rückforderungsrechts, die Anrechnung von Schenkungen i. R.d. Durchführung eines Zugewinnausgleichs und die Weitergabe von Erwerben an gemeinnützige Stiftungen. Das Erbschaftsteuergesetz enthält keine dem § 16 GrEStG vergleichbare Vorschrift, die die Rückgabe innerhalb einer bestimmten Frist generell von der Steuer befreit.
Rz. 2
Die Vorschrift ist zum einen abzugrenzen von § 13 Nr. 10 ErbStG. Danach ist der Erwerb von Vermögensgegenständen durch Eltern oder Voreltern steuerfrei, die diese Gegenstände vorher ihren Abkömmlingen zugewandt hatten. Diese Vorschrift gilt jedoch nur für einen Rückfall aufgrund Erwerb von Todes wegen, während § 29 ErbStG insbesondere auch den Rückübertragung unter Lebenden erfasst.
Rz. 3
Die Vorschrift des § 29 ErbStG ist zum anderen abzugrenzen von § 5 BewG. Danach entfällt eine Steuer rückwirkend, wenn die Zuwendung auflösend bedingt erfolgt ist und die auflösende Bedingung eingetreten ist.
Rz. 4
Die Regelung des § 29 ErbStG ist als spezialgesetzliche Ergänzungsvorschrift zu § 47 AO zu sehen, die die allgemeinen Erlöschensgründe regelt. Danach erlöschen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch Zahlung, Aufrechnung, Erlass, Verjährung oder durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.
Rz. 5
vorläufig frei
2 Herausgabe von Geschenken (Abs. 1 Nr. 1)
2.1 Allgemeines
Rz. 6
Die Herausgabe von Geschenken an den ursprünglichen Schenker oder eine dritte Person kann aufgrund gesetzlicher Rückforderungsrechte erfolgen. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist auch anwendbar bei Wegfall der Geschäftsgrundlage. Unbestritten fallen unter den Tatbestand jedoch auch bei der ursprünglichen Schenkung vereinbarte vertragliche Rückforderungsrechte und Widerrufsvorbehalte.
Rz. 7
Voraussetzung für das Erlöschen der Steuer ist der tatsächliche Vollzug der Herausgabe. Das Bestehen des Anspruches auf Herausgabe reicht nicht. Ausreichend ist, wenn das Surrogat herausgegeben wird (Jülicher in T/G/J/G, § 29 Rn. 18). Dies ist beispielsweise relevant bei der Schenkung eines Wertpapierdepots mit zwischenzeitlichen Umschichtungen oder bei der Schenkung von Unternehmensanteilen bei Umstrukturierungen nach der Schenkung. Wertveränderungen, die zwischen Schenkung und Rückübertragung eingetreten sind, sind für die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG grds. ohne Bedeutung.
Rz. 8
Erfolgt die Rückgabe nicht aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung, sondern auf Erwägungen der Moral, des Anstands oder der guten Sitten, findet die Vorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG keine Anwendung, so beispielsweise wenn die Rückübertragung wegen Verarmung des Schenkers erfolgt, jedoch die Zehnjahresfrist des § 529 Abs. 1 BGB bereits abgelaufen ist. Die Finanzämter sind hier im Einzelfall gefordert, mit Billigkeitsmaßnahmen nicht tragbaren Ergebnissen abzuhelfen.
Rz. 9
vorläufig frei
2.2 Gesetzliche Rückforderungsrechte
Rz. 10
Gesetzliche Rückforderungsrechte ergeben sich insbesondere aus den schenkungsteuerlichen Vorschriften des BGB, aus allgemeinem Vertragsrecht, aber beispielsweise auch aus dem Insolvenzrecht.
Rz. 11
Als gesetzliche Rückforderungsrechte sind insbesondere d...