Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Nr. 6, § 8 Abs. 2; KStG 1977 § 5 Abs. 1 Nrn. 7, 9; StAnpG § 17 ff.; GemV § 1 ff.; AO 1977 § 51 ff.
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein am 24. September 1976 gegründeter und bald danach in das Vereinsregister eingetragener Verein, ist nach seiner Satzung unabhängig, überkonfessionell und parteipolitisch neutral. Er verfolgt ausschließlich gemeinnützige Zwecke (§ 3 der Satzung). Sein Zweck ist in § 2 der Satzung wie folgt festgelegt:
"Aufgabe und Ziel des Vereins ist die Durchführung und Förderung aller Maßnahmen, die die Schädigung des natürlichen Lebensraumes der Menschen verhindern können.
Er setzt sich vorrangig ein für eine kritische, öffentliche, umfassende sowie verantwortungsbewußte Information und Diskussion über Vor- und Nachteile, Bedarf, Alternativen und Risiken der Kernenergie.
Der Verein arbeitet mit allen öffentlichen und privaten, konfessionellen und wissenschaftlichen Organisationen zusammen, die dem Ziel des Vereins förderlich sein können.
...".
Der Kläger bildete mehrere Ausschüsse, davon einen Umweltausschuß, der sich mit Fragen der Belastung der Umwelt im täglichen Leben auseinandersetzen sollte. Im örtlichen und regionalen Bereich setzte sich der Kläger für die Erhaltung der natürlichen Landschaft, des Tierbestandes, natürlicher Flußläufe, Waldbestände und Feuchtgebiete ein. Er gab dazu Anregungen, brachte Bedenken vor und entwickelte eigene Vorstellungen zur Stadt- und Landschaftsgestaltung. Der Vorstand des Klägers und seine Mitglieder führten Gespräche und organisierten Veranstaltungen und Seminare, an denen auch Bundes-, Landes-, Kommunalpolitiker, Wissenschaftler, Behördenvertreter, andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie andere gesellschaftliche Gruppen und Bürgerinitiativen teilnahmen.
Kurz nach seiner Gründung wandte sich der Kläger gegen Pläne, im Raum A ... eine Anlage für die Wiederaufarbeitung und Endlagerung von radioaktiven Abfällen zu errichten. Er beteiligte sich an einer Demonstration ausländischer Gegner dieser Anlage und forderte den Rat der Stadt C ... auf, den Bau einer Entsorgungsanlage abzulehnen, ehe der Schutz der Bevölkerung und der Umwelt nicht völlig gesichert sei. Eine Beteiligung an der Demonstration gegen das Kernkraftwerk B ... hatte der Kläger wegen der befürchteten gewaltsamen Auseinandersetzungen abgelehnt, beteiligte sich aber an der friedlichen Demonstration in D ...
Einen Antrag des Klägers vom 11. Januar 1977, ihn als gemeinnützig anzuerkennen, lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) durch eine Verfügung außerhalb des Veranlagungsverfahrens ab. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos; seine Klage nahm er im Hinblick auf das Urteil des Senats vom 13. Dezember 1978 I R 77/76 (BFHE 127, 327, BStBl II 1979, 481) zurück.
Das FA setzte durch Steuerbescheid vom 1. Juli 1980 für die Streitjahre (1976 bis 1978) die Körperschaftsteuer jeweils auf null DM fest und lehnte eine Anerkennung des Klägers als gemeinnützig ab.
Die dagegen erhobene Sprungklage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob durch das angefochtene Urteil die Körperschaftsteuerbescheide auf. Der Kläger habe in den Streitjahren sowohl nach seiner Satzung als auch nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke, nämlich die Förderung des Umweltschutzes verfolgt.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Abs. 1 Nr. 6, § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - 1975, § 5 Abs. 1 Nrn. 7 und 9 KStG 1977). Das FG habe den Kläger zu Unrecht als gemeinnützigen Verein und nicht als politischen Verein angesehen. Eine politische Zielsetzung könne nicht zugleich als gemeinnützig gewertet werden.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat zu Recht die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide aufgehoben. Der Kläger diente in den Streitjahren nach seiner Satzung und seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken. Er war deshalb für die Streitjahre von der Körperschaftsteuer befreit (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG in der vor dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977).
1. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG waren und nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977 sind von der Körperschaftsteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Die Voraussetzungen für diese Steuerbefreiung im Jahre 1976 ergaben sich im einzelnen aus den §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) und aus der Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 StAnpG (Gemeinnützigkeitsverordnung - GemV - vom 24. Dezember 1953, BGBl I 1953, 1592, BStBl I 1954, 6), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes über die Gewährung von Investitionszulagen und zur Änderung steuerrechtlicher und prämienrechtlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1969) vom 18. August 1969 - StÄndG 1969 - (BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477); die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung ergeben sich für die Jahre 1977 und 1978 aus den §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung (AO 1977).
a) Nach dem vor dem 1. Januar 1977 geltenden Gemeinnützigkeitsrecht (altes Gemeinnützigkeitsrecht) waren gemeinnützig solche Zwecke, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert wurde (§ 17 Abs. 1 StAnpG). Anzunehmen war eine Förderung der Allgemeinheit dann, wenn die Tätigkeit dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nützte (§ 17 Abs. 2 StAnpG). In § 17 Abs. 3 StAnpG waren Beispielsfälle aufgezählt, in denen "insbesondere" die Förderung der Allgemeinheit und damit grundsätzlich auch die Gemeinnützigkeit anzuerkennen waren. Als gemeinnützige Zwecke waren u. a. (Nr. 2) genannt "die Förderung ... der Heimatpflege, Heimatkunde".
b) Nach dem seit dem 1. Januar 1977 geltenden Gemeinnützigkeitsrecht (neues Gemeinnützigkeitsrecht) verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Als Förderung der Allgemeinheit sind "anzuerkennen insbesondere:
1. Die Förderung ... des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes, des Heimatgedankens ..." (§ 52 Abs. 2 AO 1977).
c) Die Satzungsbestimmungen (neues Gemeinnützigkeitsrecht: Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung) mußten (müssen) so genau bezeichnet sein, daß aufgrund der Satzung die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung geprüft werden konnten (§ 12 Abs. 1 GemV) bzw. können (§ 60 Abs. 1 AO 1977).
2. Der Zweck des Klägers und die Art seiner Verwirklichung sind - entgegen der Meinung des FA - in der maßgebenden Satzung des Klägers hinreichend genau bestimmt i. S. des § 12 Abs. 1 GemV und des § 60 Abs. 1 AO 1977. Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß der Kläger mit seiner Satzung die Voraussetzungen der sog. formellen Satzungsmäßigkeit erfüllt. Nach der Entscheidung des Senats vom 13. Dezember 1978 I R 39/78 (BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482) genügt es, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen aufgrund einer Auslegung aller Satzungsbestimmungen ergeben.
In der Satzung des Klägers (§ 2 Abs. 1) ist dessen Zweck umschrieben mit "Durchführung und Förderung aller Maßnahmen, die die Schädigung des natürlichen Lebensraumes der Menschen verhindern können". Diese Umschreibung erfüllt die Angaben "Heimatpflege" in § 17 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG und "Umweltschutz" in der Aufzählung begünstigter Zwecke in § 17 Abs. 2 StAnpG und in § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977. Erläutert und ergänzt wird diese Zweckangabe durch die Aufführung bestimmter Ziele des Vereins (§ 2 Abs. 2 und 3 der Satzung): Danach will der Kläger vorrangig die Bevölkerung über die Vor- und Nachteile, Bedarf, Alternativen und Risiken der Kernenergie aufklären. Damit ist der Zweck des Klägers bei der Komplexität des Begriffs Umweltschutz, auf die das FG zu Recht hinweist, ausreichend bestimmt. Einer ausführlicheren Aufführung einzelner oder gar aller zu schützenden Umweltfaktoren in der Satzung des Klägers bedurfte es nicht. Der Begriff "Umweltschutz" hat schon Ende der 60er Jahre seinen heutigen weiten und allgemein bekannten Inhalt ("Die auf Umweltforschung und Umweltrecht basierende Gesamtheit der Maßnahmen (und Bestrebungen), die dazu dienen, die natürlichen Lebensgrundlagen von Pflanzen, Tier und Mensch zu erhalten bzw. ein gestörtes ökologisches Gleichgewicht wieder auszugleichen ...", so z. B. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl.) erlangt.
Die von dem FA vermißte "Konkretisierung hinsichtlich der Durchführung dieser Zwecke im einzelnen ..." ergibt sich bei verständnisvoller Würdigung im übrigen aus den Satzungsbestimmungen in § 2 Abs. 2 und 3. Diese lassen erkennen, wie der Satzungszweck des Klägers im wesentlichen verwirklicht werden soll. Das genügt für die satzungsmäßige Festlegung der Art, in der der Satzungszweck i. S. des § 12 Abs. 1 GemV und des § 60 Abs. 1 AO 1977 konkret verwirklicht werden soll. Bis ins einzelne gehende Angaben dazu werden schon wegen der verschiedenen Möglichkeiten des Schutzes der Umwelt nur in Ausnahmefällen gegeben und verlangt werden können. Die (spätere) Aufnahme der Wörter "der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch ..." (vgl. Mustersatzung im Einführungserlaß zur AO 1977 vom 1. Oktober 1976 IV A 7 - S 0015 - 30/76, BStBl I 1976, 576, 587) in die Satzung und deren Vervollständigung waren nicht erforderlich.
3. Das FG hat zutreffend bejaht, daß die tatsächliche Geschäftsführung des Klägers in den Streitjahren den Satzungsbestimmungen entsprochen hat. Die von dem FG in dem Sachverhalt des angefochtenen Urteils im einzelnen angeführten Tätigkeiten des Klägers (Bemühungen um Naturschutz und Landschaftsschutz im örtlichen und im regionalen Bereich) dienen der Verwirklichung des Satzungszwecks.
a) An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gebunden. Das FG hat die Tatsachen rechtsfehlerfrei festgestellt und gewürdigt. Das FA hat in bezug auf diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
In der Revisionsbegründung meint das FA, die Tätigkeiten des Klägers beschränkten sich hauptsächlich darauf, gegen die Kernenergie einzutreten, solange nicht "sichergestellt ist, daß eine Schädigung der Bevölkerung und der Umwelt ausgeschlossen ist". Der Kläger strebe daher bei der Verfolgung seines Satzungszwecks nach politischem Einfluß auf die staatliche Willensbildung in der Energiepolitik. Der Senat vermag dem FA nicht darin zu folgen, daß der Kläger damit den Bereich des Umweltschutzes überschritten hat. Es kann - wie der Senat schon in seiner Entscheidung in BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482 dargelegt hat (unter 4. c) - in der heutigen Zeit nach den Erkenntnissen der verschiedenen Zweige der Wissenschaft kein Zweifel daran bestehen, daß dem Schutz der Umwelt zur Verbesserung und Bewahrung der menschlichen Lebensgrundlagen sowie des Lebens in der Tier- und Pflanzenwelt eine hohe Bedeutung beizumessen ist. Zum Umweltschutz gehört es auch, natürlich gewachsene, lange bestehende Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen zu erhalten und sie vor schädigenden Eingriffen - welcher Art auch immer - zu bewahren. Damit läßt der Umweltschutz als Satzungszweck eine seinem weiten Bereich (vgl. die Umschreibung unter 2. und z. B. Rüdig, Bürgerinitiativen im Umweltschutz, in Hauff (Hrsg.), Bürgerinitiativen in der Gesellschaft, 1980, S. 119, insbesondere S. 141 ff. und die Tabelle 12 auf S. 146) entsprechende Vielzahl von verschiedenartigen und vielgestaltigen Tätigkeiten zu, ohne daß die nach seinem Inhalt gegebenen Grenzen überschritten würden. Die Vorbereitungen zum Bau einer nuklearen Entsorgungsanlage für den hochradioaktiven Abfall, der Bau solcher Anlagen und schließlich deren Betrieb im Raum A ... können erheblich in das Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen in der näheren und weiteren Umgebung des Standorts einer solchen Anlage sowie in die bestehende Landschaft und das Landschaftsbild eingreifen. Deshalb erscheint es verständlich, daß das Problem Umweltschutz im Zusammenhang mit der beabsichtigten Entsorgungsanlage (vgl. dazu Levi, "Endlagerung radioaktiver Abfälle und Stillegung von Anlagen" in "Zur Sache 2/75", Themen parlamentarischer Beratung, herausgegeben vom Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages, Umweltschutz (IV), Das Risiko der Kernenergie, S. 89 ff.) für den Kläger stärker in den Vordergrund getreten ist, seine Tätigkeiten im Rahmen seines Satzungszwecks überwiegend beeinflußt und beherrscht und sonstige Aktivitäten auf anderen Bereichen des Umweltschutzes - vorübergehend und teilweise - zurücktreten läßt. Damit verläßt der Kläger weder den in seinem Satzungszweck liegenden Bereich seiner Tätigkeit, noch überschreitet er dadurch insoweit sein satzungsmäßiges Eintreten für den Schutz der Umwelt. Im übrigen hat das FA die sonstigen, eindeutig im Rahmen des Satzungszwecks liegenden Tätigkeiten des Klägers in den Streitjahren (z. B. Einsatz für die Erhaltung der natürlichen Landschaft, des Tierbestandes, natürlicher Flußläufe und Feuchtgebiete) weder bestritten noch überhaupt angezweifelt.
b) Eine andere Beurteilung ist nach der richtigen Auffassung des FG im Streitfall auch dann weder allgemein noch steuerrechtlich geboten, wenn die Betätigung des Klägers "... Einfluß auf die staatliche Willensbildung in der Energiepolitik" nehmen will.
(1) Der Auffassung des FA, Tätigkeiten mit politischer Zielsetzung seien nicht gemeinnützig, vermag der Senat in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Das ergeben schon allgemeine Erwägungen.
In der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) stehen - wie in jedem modernen, demokratischen Staat - grundsätzlich alle gesellschaftlichen Bereiche der Gestaltung und Einflußnahme durch die Politik (im weitesten Sinne) offen. Diese bestimmt - allgemein gesagt - mit der Auswahl zwischen den verschiedenen Interessen zugleich die Lebens- und Entwicklungschancen der Gesellschaft und ihrer Mitglieder. Das gilt aufgrund der Entwicklung der Verhältnisse und der neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse seit Ende der 50er Jahre in besonderem Maße für die Umweltprobleme. Den damit zusammenhängenden Fragen wurden von den Bürgern - einzeln oder verbunden in Bürgerinitiativen (zum Begriff Bürgerinitiativen vgl. die Definition von Mayer-Tasch, wiedergegeben in Thaysen "Stellung der Parteien zu den Beteiligungsmöglichkeiten und Beteiligungsformen der Bürgerinitiativen" in Hauff (Hrsg.), a. a. O., S. 187, 192; vgl. auch Hegner, Historisch-gesellschaftliche Entstehungsbedingungen und politisch-soziale Funktionen von Bürgerinitiativen, ebenfalls in Hauff (Hrsg.), a. a. O., S. 11 f., sowie Rüdig, a. a. O.) -, von den Parteien und von der Regierung immer mehr wachsende Bedeutung beigemessen: Heute wird allgemein anerkannt, daß (auf nationaler und internationaler Ebene) Maßnahmen notwendig (geworden) sind, um den Menschen eine Umwelt zu sichern, wie sie für ein menschenwürdiges Dasein und für die Gesundheit der Menschen gebraucht wird, um Boden, Luft und Wasser, Pflanzen- und Tierwelt vor den Schädigungen menschlicher Eingriffe der verschiedensten Art zu schützen und schließlich um die eingetretenen Schäden und Nachteile durch solche Eingriffe wieder zu beseitigen. Diese Erkenntnisse sowie die Art und Reihenfolge der notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung und Beseitigung der Umweltschädigungen haben unzählbare Aktivitäten ausgelöst, von Diskussionen in kleinen Kreisen und Beratungen in wissenschaftlichen und staatlichen Gremien bis hin zu umfangreichen Maßnahmen des Gesetz- und des Verordnungsgebers sowie zu großen Konferenzen auf nationaler und internationaler Ebene. Damit ist der Schutz der Umwelt, wie ihn (auch) der Kläger als Vereinszweck in seiner Satzung ausgewiesen hat, zu einem besonders wichtigen Gegenstand der allgemeinen Politik geworden. Diese Entwicklung läßt deutlich werden, daß eine gewisse Beeinflussung der politischen Meinungsbildung (zumindest im Bereich des Schutzes der Umwelt) die Förderung der Allgemeinheit und damit auch die Gemeinnützigkeit nicht auszuschließen vermag. Dafür spricht auch noch die Überlegung, daß diese Entwicklung im politischen Bereich (Umweltpolitik) allgemein und damit auch den Gesetzgebungsorganen bekannt war, als in die AO 1977 erstmals die "Förderung ... des Umweltschutzes ..." ausdrücklich als Förderung der Allgemeinheit in § 52 Abs. 2 Nr. 1 aufgenommen worden ist. Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob eine wirkungsvolle Förderung des Umweltschutzes unter den heutigen Verhältnissen überhaupt ohne eine gewisse politische Zielsetzung denkbar und in der Praxis erreichbar und zu verwirklichen ist.
(2) Die davon abweichende Auffassung des FA findet in dem Einführungserlaß zur AO 1977 (a. a. O., zu § 52 Nr. 5, S. 584) keine Stütze. Dort werden ausdrücklich "politische Zwecke (Beeinflussung der politischen Meinungsbildung, Förderung politischer Parteien u. d. gl.)" als gemeinnützige Zwecke i. S. des § 52 Abs. 2 AO 1977 ausgeschlossen. Das kann insbesondere wegen der gewählten Formulierung und wegen § 60 AO 1977 nur dahin verstanden werden, daß eine Förderung der Allgemeinheit nicht gegeben sein soll, wenn ein solcher politischer Zweck als alleiniger und ausschließlicher oder als überwiegender Zweck in der Satzung einer Körperschaft festgelegt ist und/oder die Vereinigung mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgt. Es kann nicht gelten, wenn eine als einziger Vereinszweck festgelegte und ausdrücklich im Gesetz (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977) genannte, als gemeinnützig begünstigte Tätigkeit nach den gegebenen Verhältnissen im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist.
(3) Der Kläger hat sich - wie das FG ausdrücklich festgestellt hat - in den Streitjahren im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung i. S. des Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) betätigt (vgl. dazu BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, jeweils unter 4. am Ende). Eine Mitwirkung der Staatsbürger im politischen Bereich - auch im Zusammenschluß als Bürgerinitiativen - ist nach den Art. 2, 5, 8, 9 und 17 GG grundsätzlich möglich und zulässig.
(4) Das FG hat zutreffend die Schädlichkeit einer gewissen politischen Zielsetzung des Klägers auch mit steuerrechtlicher Begründung verneint. Die Unterscheidungen, die sich aus § 10 b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - (Behandlung von Ausgaben für gemeinnützige Zwecke), aus § 10 b Abs. 2 EStG (Spenden an politische Parteien) und aus § 10 b I EStG (Ausgaben für staatspolitische Zwecke i. S. des § 49 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV -) ergeben, schließen eine gemeinnützige Förderung der Allgemeinheit nicht schon dann aus, wenn die Zielsetzung (mehr oder weniger zwangsläufig) auch politisch beeinflußt ist. Darüber hinaus hat das FG die Vorschriften über die politischen Vereine und die politischen Parteien in § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG 1977 zu Recht zu der Abgrenzung von gemeinnützigen Zwecken und gemeinnützigen Tätigkeiten herangezogen. Der Senat hält diese Erwägungen für rechtsfehlerfrei; ihnen ist nichts hinzuzufügen.
c) Schließlich ist es in diesem Zusammenhang ohne Belang, daß sich die Aktivitäten des Klägers bezüglich der Entsorgungsanlage im Raum A ... gegen solche Maßnahmen richten, die im Rahmen der bestehenden Atomgesetze von den verfassungsmäßig zustande gekommenen Gremien des Staates genehmigt und im Interesse der Sicherheit des künftigen Energiebedarfs befürwortet werden. Das steht der Anerkennung der Gemeinnützigkeit grundsätzlich nicht entgegen (vgl. die Ausführungen des Senats in BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, jeweils unter 4. letzter Absatz, auf die verwiesen wird, und Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 7. Februar 1984 VI ZR 193/82, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1984, 1607, unter III 3 b bb).
4. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Tätigkeit des Klägers in den Streitjahren auf die Förderung der Allgemeinheit i. S. des § 17 Abs. 2 und 3 StAnpG und des § 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 gerichtet war.
a) Der Senat hat sich in seiner Entscheidung in BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482 (unter 4.) mit dem Begriff "Förderung der Allgemeinheit" näher auseinandergesetzt, diesen inhaltlich qualifiziert und auch zu der Fassung des § 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ("... darauf gerichtet ist ..."; im Gegensatz zu dem früher geltenden § 17 Abs. 1 StAnpG: "... gefördert wird ...") Stellung genommen. An den diesbezüglichen rechtlichen Auffassungen und Erwägungen hält der Senat fest und verweist darauf; sie gelten uneingeschränkt auch im Streitfall.
b) Die Hinweise der Revision, der Kläger greife in Diskussionen über Vor- und Nachteile, Bedarf, Alternativen und Risiken der Kernenergie ein und wolle eine Änderung der Energiepolitik herbeiführen, rechtfertigen es nicht, eine Förderung der Allgemeinheit durch die Tätigkeit des Klägers zu verneinen. Das folgt aus dem grundsätzlichen Interessenwiderstreit, der aus der Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zum einen und aus dem Schutz der Umwelt zum anderen herrührt.
Die Bundesrepublik hat sich für die Erzeugung und die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken entschieden (vgl. Art. 74 Nr. 11 a GG). Das Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz - AtG -) vom 23. Dezember 1959 (BGBl I 1959, 814) i. d. F. der Neubekanntmachung vom 31. Oktober 1976 (BGBl I 1976, 3053) bezweckt u. a., die Erforschung, die Entwicklung und die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu fördern und Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen ionisierenden Strahlen zu schützen und eingetretene Schäden auszugleichen (§ 1 Nr. 1 und Nr. 2 AtG). Die Vorschriften des AtG werden durch zahlreiche Verordnungen des Bundes und der Länder ergänzt, insbesondere z. B. durch die Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 AtG (Atomrechtliche Verfahrensverordnung - AtVfV -) vom 18. Februar 1970 (BGBl I 1977, 280) und durch die Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV -) vom 13. Oktober 1976 (BGBl I 1976, 2905), jeweils mit späteren Änderungen. Fassungen und Inhalt der genannten Rechtsvorschriften machen deutlich, daß der Gesetzgeber das Gefährdungspotential der Kerntechnik, das Menschen und ihre Umwelt sowie Pflanzen und Tiere bedroht, erkannt hat: Die Vorschriften enthalten neben den sachlichen Regelungen zur Kerntechnik und den Kernbrennstoffen eingehende sicherheitstechnische Bestimmungen und legen umfangreiche Maßnahmen der verschiedensten Art zum Schutze vor den Gefahren der Kernbrennstoffe und der kerntechnischen Anlagen fest. Dadurch soll das Risiko für Menschen, Tiere und Natur in der Umgebung kerntechnischer Anlagen auf das geringst mögliche Maß beschränkt werden, das entsprechend dem jeweils neuesten Stand von Wissenschaft und Technik überhaupt erreichbar ist (vgl. dazu § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 AtG und §§ 44 bis 48 StrlSchV).
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle (vgl. dazu Breest, "Beseitigung radioaktiver Abfälle" in Kumpf/Maas/Straub, Müll- und Abfallbeseitigung, Kennzahl 8650). Auch von solchen Abfällen gehen erhebliche Gefahren, insbesondere durch äußere und innere Strahlungen aus, die zum Teil über viele Jahrhunderte fortbestehen. § 9 a Abs. 1 AtG schreibt vor, daß die radioaktiven Abfälle "geordnet beseitigt werden". Dazu haben die Länder Landessammelstellen für die Zwischenlagerung angefallener Abfälle, der Bund "Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung" solcher Abfälle einzurichten (§ 9 a Abs. 3 AtG; vgl. auch die Musterbenutzungsordnung der Landessammelstellen für radioaktive Abfälle in der Bundesrepublik, Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 17. März 1981 - RS II 6 - 515 755/3 -, Gemeinsames Ministerialblatt - GMBl - 1981, 163, und die Bekanntmachung der Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke vom 19. März 1980, Bundesanzeiger - BAnz - 1980, Nr. 58, S. 2). Die Errichtung und der Betrieb von Entsorgungsanlagen bedürfen der Planfeststellung (§ 9 b AtG). Für das Verfahren gelten mit gewissen Einschränkungen (§ 9 b Abs. 5 AtG) die §§ 21 bis 29 des Gesetzes über die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz - AbfG -) vom 7. Juni 1972 (BGBl I 1972, 873) i. d. F. der Bekanntmachung vom 5. Januar 1977 (BGBl I 1977, 41); wesentliche Teile des Planfeststellungsverfahrens richten sich nach der AtVfV (§§ 4 bis 13). Ein Planfeststellungsbeschluß ist u. a. zu versagen, "wenn von der Errichtung oder dem Betrieb der geplanten Anlage Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten sind, die durch inhaltliche Beschränkungen und Auflagen nicht verhindert werden können ..." (§ 9 b Abs. 3 Nr. 1 AtG).
Das Vorstehende läßt die Ziel- und Interessenkonflikte erkennen, die aus der Erzeugung und der Nutzung der Kernenergie, insbesondere aber aus der Errichtung einer Entsorgungsanlage zur Wiederaufarbeitung und Endlagerung radioaktiver Stoffe und der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen und Gefährdungen zwangsläufig entstehen: Die Sicherstellung der künftigen Energieversorgung durch die Kernenergie (einschließlich der ordnungsmäßigen Entsorgung) als einer wesentlichen Grundlage für wirtschaftliches und industrielles Wachstum sowie für die Sicherung der Lebensqualität und des Wohlstandes der Bevölkerung einerseits und die möglichen (erheblichen) Gefahren für die Menschen, deren natürliche Lebensgrundlage und ihre Umwelt sowie für die Tier- und Pflanzenwelt durch kerntechnische Anlagen und ihren Betrieb andererseits. Dementsprechend reichen die Meinungen über die Kernenergie auch heute noch von der uneingeschränkten Befürwortung über die Hinnahme als notwendiges Übel bis hin zur grundsätzlichen Ablehnung, wobei sich für die verschiedenen Standpunkte sowohl Verständnis als auch (wissenschaftliche) Rechtfertigungen finden lassen dürften. Bezüglich der vorbereitenden Planungen, der Errichtung und des Betriebs einer nuklearen Entsorgungsanlage gilt es, diese verschiedenen und einander widerstreitenden Ziele und Interessen auszugleichen und - unabhängig von den damit verbundenen Schwierigkeiten - die dem allgemeinen Wohl am besten dienende Lösung, insbesondere bezüglich der Notwendigkeit der Gewinnung von Kernenergie, der Standorte der Anlagen, der Sicherheitsvorkehrungen und schließlich des Schutzes der Menschen und ihrer Umwelt zu finden. Dazu bedarf es eines objektiven, wohlverstandenen Abwägens der verschiedenen Belange, und zwar schon im Planungs- und Vorbereitungsstadium. Es gehört zu den berechtigten Interessen eines jeden Bürgers, Planung, Errichtung und Betrieb einer nuklearen Entsorgungsanlage, die ihn - in welcher Weise auch immer - selbst betreffen, aufmerksam und kritisch zu verfolgen, bei der Planfeststellung entsprechend den Regelungen des AtG und der AtVfV mitzuwirken und dort, wo er seine rechtmäßigen Belange berührt und beeinträchtigt meint, die für diese Fälle vorgesehenen Einwendungen (§ 9 b Abs. 5 AtG i. V. m. § 21 Abs. 4 AbfG und § 7 AtVfV) zu erheben. Das setzt neben der grundsätzlichen Bereitschaft zu sachlicher Würdigung und Kritik voraus, daß die Betroffenen bezüglich des geplanten Projekts über die grundlegenden Tatsachen, die Rechtsfragen und die Bedeutung der von ihnen erstrebten Lösung für die Allgemeinheit möglichst gut und umfassend unterrichtet sind. Es ist regelmäßig Sache des einzelnen Bürgers, sich selbst ausreichend zu informieren, sich die Kenntnisse von den naturwissenschaftlichen Grundlagen der Kerntechnik, die Planungsdaten und die sonstigen Fakten - soweit überhaupt möglich - selbst zu beschaffen und die nach seiner Meinung im Interesse der Öffentlichkeit liegenden Ziele (z. B. hinsichtlich des Umweltschutzes) zu verfolgen. Für Umweltschutzinteressen, die durch die Errichtung einer Entsorgungsanlage in erheblichem Umfang berührt werden können, kann aber auch - wie im Streitfall der Kläger - eine Bürgerinitiative als Zusammenschluß der Betroffenen eintreten. Ihre Tätigkeit dient - ebenso wie der Einsatz einzelner Bürger - der objektiven Meinungsbildung als Grundlage zur Lösung der mit den Planungen und dem Entsorgungsvorhaben entstandenen Ziel- und Interessenkonflikte. Wenn und solange der Kläger daher durch sein Wirken im Einklang mit seinem Satzungszweck mit dazu beiträgt, eine Lösung für die Umweltprobleme zu finden, die sich aus der Planung und Errichtung der nuklearen Entsorgungsanlage ergeben, so lag dies ganz allgemein im Interesse der Öffentlichkeit und war damit auf die Förderung der Allgemeinheit gerichtet.
Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger - wie vom FA vorgebracht wird - grundsätzlich gegen die Gewinnung von Kernenergie eintritt. Das FG hat diese Meinung des Klägers im Hinblick auf dessen Satzungszweck allgemein der Verhinderung und der Abwehr von Umweltgefahren zugeordnet. Das ist nicht zu beanstanden. Solange die Entsorgungs- und die Sicherheitsprobleme noch nicht vollständig und zufriedenstellend gelöst werden können, erhöhen weitere Kernkraftwerke die Gefahren für die Umwelt. Deshalb ist auch das Eintreten des Klägers für eine Verhinderung weiterer Kernkraftwerke und seine damit zusammenhängende Tätigkeit auf die Förderung des Umweltschutzes gerichtet.
5. Das FG hat zutreffend auch das ausschließliche Handeln des Klägers i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 KStG a. F. und des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 1977 sowie der §§ 4 ff. GemV und der §§ 51 und 56 AO 1977 bejaht. Die diesbezügliche Revisionsrüge des FA greift nicht durch. Der Kläger hat in den beiden Streitjahren nur seinen satzungsmäßigen Zweck (Umweltschutz) verfolgt. Der Senat hat oben unter 3. a) und b) im einzelnen und ausführlich dargelegt, weshalb gewisse (zwangsläufig) politische Zielsetzungen in der Tätigkeit des Klägers sich noch im Rahmen dessen halten, was das Eintreten des Klägers für seinen satzungsmäßigen Zweck erfordert und zuläßt. Die diesbezüglichen Ausführungen gelten auch hinsichtlich der Ausschließlichkeit der Tätigkeit des Klägers i. S. des § 4 Abs. 1 GemV und des § 56 AO 1977.
6. Das FG hat es zu Recht und mit überzeugender Begründung abgelehnt, den Kläger als politischen Verein einzustufen und dessen Tätigkeiten entsprechend steuerrechtlich (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG 1977) zu werten. Die dagegen gerichteten Ausführungen der Revision können keinen Erfolg haben. § 8 Abs. 2 KStG a. F. und § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG 1977 geben keine Bestimmung des Begriffs "politischer Verein"; er ist auch in der übrigen Gesetzgebung (z. B. im Bürgerlichen Gesetzbuch - BGB - und im Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - Vereinsgesetz - vom 5. August 1964, BGBl I 1964, 593, mit späteren Änderungen) - von der Bestimmung des § 3 Abs. 1 des Vereinsgesetzes vom 19. April 1908 (RGBl 1908, 151) abgesehen - nicht festgelegt. Die Definition "politischer Verein ist jeder Verein, der eine Einwirkung auf politische Angelegenheiten bezweckt" hat der Bundesfinanzhof - BFH - (vgl. Gutachten vom 17. Mai 1952 I D 1/52 S. BFHE 56, 591, BStBl III 1952, 228) zur Abgrenzung eines solchen Vereins von einem Berufsverband gewählt. Es kann dahinstehen, ob diese Begriffsbestimmung zu allgemein gehalten und/oder durch die Entwicklung der Verhältnisse heute überholt ist. "Politischer Verein" i. S. des § 8 Abs. 2 KStG a. F. und des § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG 1977 ist ein Oberbegriff, der sowohl politische Parteien als auch politische Vereine in engerem Sinn umfaßt. Daraus folgt zugleich, daß der politische Verein im engeren Sinne nicht die strengen Voraussetzungen zu erfüllen braucht, die § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die politischen Parteien vom 24. Juli 1967 (BGBl I 1967, 773) mit späteren Änderungen für die Wertung einer Vereinigung von Bürgern als Partei (vgl. dazu auch Art. 21 GG und Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 24. Juli 1979 2 BvF 1/78, BStBl I 1979, 612) festlegt: Ein politischer Verein im engeren Sinne ist bezüglich seiner Tätigkeiten nicht - anders eine Partei - an den Bereich des Bundes oder eines Landes gebunden, wird auch nicht - anders eine Partei - dauernd oder für längere Zeit an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, verfügt in der Regel auch nicht über eine für die Aktivitäten im öffentlichen Leben erforderliche, gefestigte Organisation sowie über die nötigen finanziellen Mittel und ist schließlich nicht in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben (vgl. BVerfG-Beschluß vom 12. Juli 1960 2 BvR 373, 442/60, BVerf-GE 11, 266 (273) unter II 1). Der Kläger hat in seiner Satzung seine Tätigkeit ausdrücklich als "parteipolitisch neutral" bezeichnet und dies in seiner tatsächlichen Geschäftsführung auch verwirklicht (vgl. oben 3.). Damit ist sein Eintreten für den Umweltschutz nicht unmittelbar auf das politische Geschehen und die staatliche Willensbildung gerichtet. Das wird bestätigt durch § 2 Abs. 2 der Satzung, wonach die Ziele des Klägers insbesondere durch Aufklärung der Bevölkerung, nicht aber durch (überwiegende oder alleinige) unmittelbare Einflußnahme auf Parteien oder auf die staatliche Willensbildung verfolgt werden sollen. Daß der Kläger seine Auffassung durch "... kritische, öffentliche ... Information und Diskussion..." der Öffentlichkeit und auch Politikern nahebringt, macht ihn noch nicht zu einem politischen Verein: Gegenüber der Förderung des Umweltschutzes tritt in solchen Fällen die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung weit in den Hintergrund und ist - insbesondere im Hinblick auf die steuerrechtliche Wertung - kaum nach Umfang und Erfolg zu erfassen.
Eine andere Beurteilung, wie sie das FA für richtig zu halten scheint, hätte wegen des weiten Bereiches der Politik (vgl. oben 3. b) (1)) zur Folge, daß fast jeder Verein steuerrechtlich als ein politischer Verein i. S. des § 8 Abs. 2 KStG a. F. und des § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG 1977 zu behandeln und gemeinnützige Tätigkeiten fast gänzlich ausgeschlossen wären. Das kann nach dem Gemeinnützigkeitsrecht, wie es in den einschlägigen Gesetzen geregelt ist, nicht Rechtens sein. Es ist in diesem Zusammenhang vielmehr auch (vgl. oben 3. b) (2)) darauf abzustellen, welchen Zweck die Satzung der Vereinigung ausweist und welche Ziele der Verein nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung verfolgt. Nur wenn sich aus dem Vereinszweck und aus der Geschäftsführung eine alleinige oder doch andere Zwecke weit überwiegende politische Zielsetzung und deren Verwirklichung ergeben, kann von einem politischen Verein i. S. des § 8 Abs. 2 KStG a. F. und des § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG 1977 auszugehen sein. Das trifft für den Kläger nicht zu.
7. Die übrigen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977 sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
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Fundstellen
BStBl II 1984, 844 |
BFHE 1985, 51 |
NJW 1985, 454 |