Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlerische Tätigkeit eines Büttenredners
Leitsatz (redaktionell)
Ein Büttenredner kann eine nicht der Gewerbesteuer unterliegende künstlerische Tätigkeit ausüben, wenn er keine vorgefertigte, unter Verwendung von Grundmustern variierte Rede vorträgt, sondern bei seinen spontan den Erwartungen des Publikums angepassten humoristischen Darbietungen eine von ihm selbst kreierte und in individueller Weise verkörperte Figur im Vordergrund steht.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; GG Art. 5 Abs. 3 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 1992 bis 1998 gewerblich oder künstlerisch tätig war.
Der Kläger erklärte in seinen Einkommensteuererklärungen 1992 bis 1998 u. a. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Humorist, die er durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelte. Bei den jeweiligen Steuerfestsetzungen berücksichtigte der Beklagte diese Einkünfte erklärungsgemäß als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.
Bei einer im Jahr 1999 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass der Kläger keine selbständige (künstlerische) Tätigkeit ausübe. Bei seinen Auftritten…handle es sich vielmehr um eine gewerbliche Tätigkeit, da die von der Rechtsprechung geforderte eigenschöpferische Leistung nicht geben sei (vgl. Tz. 11. des Betriebsprüfungsberichtes vom 20.01.2000). Auf den weiteren Inhalt des Betriebsprüfungsberichtes vom 20.01.2000 wird verwiesen.
Der Beklagte schloss sich der Ansicht des Betriebsprüfers an. Er qualifizierte die bisher als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit veranlagten Gewinne um und behandelte diese als Gewinne aus Gewerbebetrieb. Für die Jahre 1992 bis 1998 erließ er erstmalig Bescheide über den (einheitlichen) Gewerbesteuermessbetrag.
Hiergegen legte der Kläger Einsprüche ein. Zur Begründung führte er aus:
Er sei als ein herausragender Vortragskünstler…im Karneval bei vielerlei verschiedenen Veranstaltungen tätig. Außerhalb des Karnevals trete er als Humorist bei Betriebsfeiern, Vereinsfesten und ähnlichen Veranstaltungen auf.…Bei seiner Vortragstätigkeit handle es sich um eine eigenschöpferische Leistung. Sie beruhe auf Umsetzung eigenen Gedankengutes in Form eines qualifizierten humoristischen Vortrages. Er entwerfe seine Reden und Vorträge selbst und passe sie der jeweiligen Veranstaltung an. Vortragsart und Vortragsinhalte seien je nach Art der Veranstaltung völlig unterschiedlich. Er habe einen eigenen Stil entwickelt, der sowohl in seinen Vorträgen selbst als auch in der Art seines Vortrages zum Ausdruck komme.…Sowohl nach dem Inhalt als auch nach der Art und Weise der Darstellung beschreite er einen anderen Weg als viele der „üblichen” Büttenredner.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.11.2001 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er führte aus: Der Kläger übe eine gewerbliche Tätigkeit aus, die der Gewerbesteuer unterliege. Seine Büttenreden bestünden aus Witzen und pointierter Beschreibung witziger und komischer Situationen im wesentlichen aus dem Alltagsleben. Es sei festzustellen, dass der Kläger seine Reden zwar unter Einsatz von Mimik und Gestik in humorvoller Weise vortrage; das erforderliche Mindestmaß an künstlerischer Gestaltungshöhe werde jedoch nicht überschritten. Das Vorliegen einer eigenschöpferischen Gestaltung sei zu verneinen, da sich die Büttenreden als „schablonenhafte” Wiederholungen dargestellt hätten.…Es sei nicht möglich, für jede Veranstaltung eine eigene Rede zu verfassen. Anders als bei Schauspielern und Musikern, bei denen die ständige Wiederholung eines Werkes über viele Jahre der Einstufung als Künstler nicht entgegenstehe, spiele sich die Tätigkeit als Büttenredner nicht im Rahmen eines traditionell künstlerischen Berufszweiges ab.
Mit seiner am…erhobenen Klage wiederholt der Kläger sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor:
Im Gegensatz zur Tätigkeit des Redners im herkömmlichen Sinne (Festreden, Trauerreden etc.), dessen Arbeitsergebnisse in der Regel einen praktischen Nutzen habe, handle es sich bei der Tätigkeit des Büttenredners - wie bei der eines Schauspielers, Sängers, Tänzers etc. - um darstellende Kunst. Es komme auf die natürliche Begabung des Künstlers an. Er (der Kläger) gestalte nicht nur die Art und Weise seines Vortrages selbst, er sei auch hinsichtlich des Inhaltes schöpferisch tätig.…Zudem verstehe er es wie ein Improvisationskünstler oder Stand Up Comedian, spontan und improvisierend auf die Reaktion des jeweiligen Publikums einzugehen und seinen Vortrag entsprechend zu gestalten. Er arbeite nicht mit einer Redeschablone, vielmehr halte er spontane Einfälle und Ideen auf Grund des aktuellen Tagesgeschehens, persönlicher Erlebnisse usw. auf Zetteln in der Form von Stichwörtern fest. Bei seinen Auftritten verwende er lediglich Stichwörter, die er auf seinen Handrücken schreibe.
In den dem Beklagten zur Verfügung gestellten Videos seien nur Aussc...