OFD Frankfurt, Verfügung v. 29.3.2012, S 0171 A - 22 - St 53
Zur steuerlichen Behandlung der Verwertung gesammelten Altmaterials durch steuerbegünstigte Körperschaften i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gilt Folgendes:
1. Wird das Altmaterial von vornherein mit dem Ziel gesammelt, es zu veräußern, um Mittel für die steuerbegünstigte Tätigkeit zu beschaffen, so ist ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gegeben. Für die Gewinnermittlung kann in diesen Fällen nicht von einer Sachspende ausgegangen werden.
Die Überschüsse aus der Verwertung des Altmaterials können gemäß § 64 Abs. 5 AO in Höhe des branchenüblichen Reingewinns (Altpapier 5v.H., anderes Altmaterial 20v.H. der Einnahmen ohne die Umsatzsteuer, vgl. AEAO, zu § 64, Tz. 27) geschätzt werden, wenn die Körperschaft dies beantragt. Voraussetzung hierfür ist, dass die Verwertung des Altmaterials außerhalb einer ständig dafür vorgehaltenen Verkaufsstelle erfolgt und es sich nicht um den Einzelverkauf gebrauchter Sachen, z.B. auf Basaren und ähnlichen Einrichtungen handelt (AEAO Tz. 25 zu § 64).
2. BMF-Schreiben vom 25.9.1995 :
Nach dem BFH-Urteil vom 26.2.1992 (BStBl 1992 II S. 693) sind Kleidersammlungen gemeinnütziger Körperschaften kein Zweckbetrieb, wenn sie auch der Mittelbeschaffung durch Veräußerung der gesammelten Kleidungsstücke dienen. Es ist unerheblich, ob die Mittelbeschaffung der Haupt- oder Nebenzweck der Kleidersammlung ist. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt danach zur steuerlichen Behandlung von Kleidersammlungen gemeinnütziger Körperschaften Folgendes:
2.1 Der Einzelverkauf gesammelter Kleidungsstücke in einer Kleiderkammer oder einer ähnlichen Einrichtung kann ein Zweckbetrieb im Sinne des § 66 AO (Einrichtung der Wohlfahrtspflege) sein. Dies setzt voraus, dass mindestens zwei Drittel der Leistungen der Einrichtung hilfsbedürftigen Personen im Sinne des § 53 AO zugute kommen.
2.2 Nach Verwaltungsanweisungen der Finanzbehörden der Länder, denen eine entsprechende Entscheidung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zugrunde liegt, wurde in der Vergangenheit auch der Verkauf gesammelter Kleidung an Altwarenhändler als steuerbegünstigter Zweckbetrieb behandelt, wenn eine gemeinnützige Körperschaft Kleidung zur unmittelbaren Verwendung für ihre steuerbegünstigten Zwecke (z.B. in einer Kleiderkammer oder zur Katastrophenbevorratung) gesammelt und nur die dabei anfallenden unbrauchbaren Kleidungsstücke an Altwarenhändler veräußert hat. An diesen Anweisungen kann aufgrund des o.a. BFH-Urteils nicht mehr festgehalten werden. Die Verwertung gesammelter Kleidungsstücke durch Verkäufe, die nicht unmittelbar der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke dienen (siehe Tz. 2.1), ist als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln. Der Überschuss kann unter den Voraussetzungen des § 64 Abs. 5 AO in Höhe des branchenüblichen Reingewinns (vgl. Tz. 1) angesetzt werden.
2.3 Aus Gründen des Vertrauensschutzes kann bei den unter Tz. 2.2 genannten Sachverhalten noch nach den bisherigen Verwaltungsanweisungen (s. Tz. 2.2 Satz 1) verfahren werden, wenn die Kleidungsstücke bis zum Ende des Jahres 1995 veräußert werden.
3. Von einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist auch bei folgendem Sachverhalt auszugehen:
Auf Stellplätzen, die nicht im Eigentum der gemeinnützigen Organisation stehen, über die diese aber verfügen darf, stellt ein gewerblicher Altkleiderhändler Kleidersammelcontainer auf, die mit dem Namenszug der gemeinnützigen Organisation versehen sind. Bei der Aufstellung der Container ist die gemeinnützige Organisation aufgrund ihrer Ortskenntnisse dem Altkleiderhändler behilflich, auch hat sie die Container auf Sauberkeit hin zu kontrollieren. Dafür, dass dem Altkleiderhändler Stellplätze zur Verfügung gestellt werden, vergütet dieser einen bestimmten Betrag pro Stellplatz an die gemeinnützige Organisation. In die Container eingeworfene Altkleider gehen nach dem vorgelegten Vertrag mit Einwurf in die Container in das Eigentum der gemeinnützigen Organisation über. Mit Leerung der Container geht das Eigentum am Inhalt auf den gewerblichen Altkleiderhändler über, der je Tonne Altkleidung einen weiteren Betrag an die gemeinnützige Organisation bezahlt.
In dem vorliegenden Fall kann nicht auf eine Altmaterialverwertung durch die gemeinnützige Organisation geschlossen werden. Die Tätigkeiten der steuerbegünstigten Körperschaft (Vermittlung von Standplätzen für Container auf fremden Grund und Boden, Vergabe von Namensrechten, Werbung für die Sammlung) sind als einheitlicher Vorgang zu werten, der einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eigener Art bildet, auf den § 64 Abs. 5 AO keine Anwendung findet.
Normenkette
AO 1977 § 52;
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9