Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
Stand: EL 130 – ET: 02/2023
In Deutschland sollten Ende 2022 die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Aufgrund der wegen des Ukraine-Konflikts im Winter 2022/2023 befürchteten Energieknappheit wurde nun (letztmalig?) die Laufzeit der letzten drei in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke (Isar 2, Neckarwestheim 2 sowie Emsland) bis zum 15.04.2023 im sog. Streckbetrieb verlängert.
Unabhängig von der Laufzeit der letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland wird man mit dem Abriss und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle noch Jahrzehnte beschäftigt sein, zumal die Endlagerfrage immer noch nicht geklärt ist.
Ein Verein, der sich gegen den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken und deren Folgen engagiert, kann wegen Förderung des Umweltschutzes (§ 52 Abs. 2 Nr. 8 AO; Anhang 1b) als steuerbegünstigte (gemeinnützige) Einrichtung anerkannt werden (BFH vom 29.08.1984, I R 215/81, BStBl II 1984, 844), soweit seine Satzung und tatsächliche Geschäftsführung den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen entsprechen.
Die Förderung des Umweltschutzes umfasst alle Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen zu sichern, den Naturhaushalt (Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere, Pflanzen) zu schützen und eingetretene Schäden zu beheben. Es kommt dabei weder auf den tatsächlichen Erfolg der Maßnahme noch auf die Vollendung der Förderung an (BFH vom 23.11.1988, I R 11/88, BStBl II 1989, 391). Ausreichend ist vielmehr, dass die von der Körperschaft entfaltete Tätigkeit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des in § 52 Abs. 2 AO (Anhang 1b) genannten Gemeinwohlzwecks darstellt. Eine eher weite und die effektive Förderung des Schutzzwecks ermöglichende Auslegung der Gemeinwohlziele "Umweltschutz" und "Naturschutz" ist auch deshalb geboten, weil der Verfassungsgeber den "Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen" in Art. 20a des Grundgesetzes (GG) durch eine eigene Staatszielbestimmung hervorgehoben hat. Dabei handelt es sich um ein verfassungsrechtliches Rechtsgut von hohem Wert (BVerfG vom 06.12.2016, 1 BvR 2821/11, NJW 2017, 217, Rz. 303). Dies hebt diese Gemeinwohlziele über andere steuerbegünstigte Betätigungen, die der einfache Gesetzgeber in den Katalog des § 52 Abs. 2 AO (Anhang 1b) aufgenommen hat, heraus (BFH vom 20.03.2017, X R 13/15, BStBl II 2017, 1110).
Die mit dem Engagement gegen die Nutzung der Atomenergie zwingend auch verbundene politische Betätigung ist unschädlich, wenn diese lediglich zur Verfolgung der satzungsmäßigen Zwecke dient und parteipolitisch neutral bleibt (AEAO zu § 52, Nr. 16).