Tz. 8
Stand: EL 130 – ET: 02/2023
Steuerrechtlich kann ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht zu Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen durch das zuständige Finanzamt führen. Die Buchführung der Verbände/Vereine kann in einem solchen Fall nicht als ordnungsgemäß angesehen werden (s. § 162 Abs. 2 AO, Anhang 1b).
Durch Schätzungen können hohe Steuerbeträge durch das Finanzamt festgesetzt werden, die ggf. bestandskräftig werden. Eine Androhung und Festsetzung von Bußgeldern ist ebenfalls nicht ausgeschlossen. Die schuldhafte Nichtaufbewahrung von aufbewahrungspflichtigen Unterlagen kann zudem als Steuerstraftat oder strafrechtlich als Urkundenunterdrückung (§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder Insolvenzstraftat (§§ 283 Abs. 1 Nr. 6, 283b Abs. 1 Nr. 2 StGB) aufgegriffen werden.
Beispiel:
Der Vorstand des Vereins A möchte im Januar 2023 wissen, welche Unterlagen er im Archiv des Vereins entfernen kann, das schon seit 2009 nicht mehr entrümpelt wurde. Die jeweils letzten Aufzeichnungen wurden immer ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres vorgenommen. Alle Steuerbescheide für den Verein bis einschließlich 2018 sind bestandskräftig und nach erfolgter Betriebsprüfung unabänderbar.
Ergebnis:
Der Vorstand kann alle Bücher und Aufzeichnungen, Inventare und Jahresabschlüsse der Jahre 2011 und früher vernichten. Er kann alle Bruttolohnlisten, empfangene oder abgesandte Geschäftsbriefe sowie sonstige Unterlagen der Jahre bis 2015, deren Aufbewahrungsfrist sechs Jahre beträgt, ebenfalls entsorgen. Die Gründungsunterlagen einschließlich Eröffnungsbilanz sollten im Original aufbewahrt bleiben. Darüber hinaus kann ein Teil der aufzubewahrenden Unterlagen nach Ablauf der Fünfjahresfrist (s. Rz. 5) gegebenenfalls elektronisch aufbewahrt werden, falls in der Zwischenzeit Daten ausgelagert oder das Datenverarbeitungssystem entsprechend umgestellt wurden.
Die Frist zur Aufbewahrung beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in welchem die letzte Eintragung vorgenommen wurde (s. § 147 Abs. 4 AO, Anhang 1b). Sind die Fristen abgelaufen, so sind nur solche Unterlagen noch aufzubewahren, die für eine begonnene Außenprüfung, eine vorläufige Steuerfestsetzung, für steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen oder zur Begründung von Anträgen des Vereins bedeutsam sind. Für die ordnungsmäßige Aufbewahrung der genannten Unterlagen ist das/der jeweils vertretungsberechtigte Präsidium/Vereinsvorstand verantwortlich (s. § 34 AO, Anhang 1b; s. § 35 AO, Anhang 1b; s. § 69 AO, Anhang 1b). Unterlagen, die die Sozial-, Kranken-, Renten-, Arbeitslosenversicherung und Berufsgenossenschaft betreffen, sind mindestens sechs Jahre aufzubewahren.
S. "Aufzeichnungspflichten (Auswertungen SKR 049)" und s. "Buchführungspflicht".
Beachte!
Ist die Frist für die Steuerfestsetzung nach Ablauf der regulären Aufbewahrungsfrist noch nicht abgelaufen, beispielsweise weil eine finanzgerichtliche Klage oder eine Betriebsprüfung noch anhängig ist, sind die Akten und Belege über diese Fristen hinaus, bis zur unabänderlichen Steuerfestsetzung, aufzubewahren.