Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Kümpel
Tz. 6
Stand: EL 139 – ET: 10/2024
Steuerbegünstigte (gemeinnützige) Vereine ohne bzw. ohne nennenswerten steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Einnahmen ≤ 45 000 EUR) müssen regelmäßig alle drei Jahre eine Steuererklärung abgeben. Bei dem dreijährigen Turnus handelt es sich um eine Kannvorschrift (AEAO zu § 59, Nr. 3, Anhang 2), welcher ggf. auch verkürzt werden kann.
Es handelt sich insbesondere nicht um eine Beschränkung der Finanzverwaltung, welche die Festsetzungsverjährungsfrist (§§ 169ff. AO, Anhang 1b) einschränkt. So können Steuern, für die keine Steuererklärung abgegeben wurde, noch sieben Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums festgesetzt werden. Diese Frist kann sich bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung oder einer Steuerhinterziehung auf bis zu zehn Jahre verlängern.
Somit gibt es für diesen Zeitraum grundsätzlich keinen besonderen Bestandsschutz und folglich keine Rechtssicherheit für die Präsidiums-/Vorstandsmitglieder eines Verbandes/Vereins bzw. dessen steuerlichen Berater.
Die Anerkennung einer steuerbegünstigten Körperschaft erfolgt regelmäßig durch Erteilung eines Freistellungsbescheids bzw. eines Körperschaftsteuerbescheids mit einer Anlage, in der die Steuerbegünstigung geregelt wird.
Tz. 7
Stand: EL 139 – ET: 10/2024
Wirkung der/des Freistellungsbescheide(s)
- Ein Freistellungsbescheid ist ein Steuerbescheid (§ 155 Abs. 1 Satz 2 AO, Anhang 1b), der daher nur nach den für Steuerbescheide geltenden Änderungsregelungen (§§ 129, 129a, 164, 165, 172–177 AO) geändert werden kann.
Durch den Freistellungsbescheid erfolgt eine Freistellung von der
und (soweit wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten werden),
- Ein Freistellungsbescheid besteht regelmäßig aus mehreren Verwaltungsakten i. S. v. § 118 AO (Anhang 1b). Wird beispielsweise ein Freistellungsbescheid für drei Veranlagungszeiträume erlassen, können u. U. sechs (3 x Körperschaftsteuer; 3 x Gewerbesteuer) Verwaltungsakte vorliegen, die – bei Beanstandungen – alle separat angefochten werden können (müssen).
- Eine Freistellung mittels Freistellungsbescheid umfasst auch den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn dieser die Besteuerungsgrenze von brutto 45 000 EUR nicht überschreitet (§ 64 Abs. 3 AO, Anhang 1b).
Wird die Besteuerungsgrenze von 45 000 EUR von dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb überschritten, kann gleichwohl eine Freistellung mittels Freistellungsbescheid erfolgen, wenn sich aber nach Abzug der Freibeträge nach § 24 KStG
(Anhang 3) bzw. § 11 Abs. 1 Nr. 2 GewStG (Anhang 7) (jeweils 5 000 EUR) keine Ertragsteuerpflicht ergibt.
- Ein Freistellungsbescheid kann mit Rechtsbehelfen (Einsprüchen) angegriffen werden.
- Der Freistellungsbescheid beinhaltet auch eine Auskunft über den Umgang mit Zuwendungen (Spenden/Mitgliedsbeiträgen) und der Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen (Entgegennahme von Zuwendungen/Spenden).
Tz. 8
Stand: EL 139 – ET: 10/2024
Beachte!
Eine nachträgliche Aberkennung der Steuerbegünstigung wegen festgestellter Verstöße hat eine Vielzahl von zum Teil sehr belastenden Folgen:
Ertragsteuerpflicht hinsichtlich des bisher steuerbefreiten
- Tätigkeitsbereichs Vermögensverwaltung (aber insoweit keine Gewerbesteuerpflicht, weil in diesem Tätigkeitsbereich keine gewerblichen Einkünfte erzielt werden),
- Tätigkeitsbereichs Zweckbetrieb:
Die Ergebnisse der bisher steuerbefreiten Zweckbetriebe werden nun – soweit die übrigen Voraussetzungen des § 15 EStG erfüllt sind –, als gewerbliche Einkünfte der Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag und der Gewerbesteuer unterworfen.
- Die Besteuerungsfreigrenze nach § 64 Abs. 3 AO (Anhang 1b) i. H. v. 45 000 EUR kann mangels Steuerbegünstigung nicht mehr in Anspruch genommen werden.
- Soweit die Summe der von einem ehemals steuerbegünstigten Verein erzielten Einkünfte mehr als 5 000 EUR (Körperschaft-, Gewerbesteuer) beträgt, werden entsprechende Ertragsteuern darauf festgesetzt.
Die bisher bei der Umsatzsteuer gewährten Steuerbefreiungen (insb. § 4 Nr. 18 UstG, Anhang 5) und Steuerermäßigungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UstG, Anhang 5) entfallen, weil die Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit, Mildtätigkeit und Kirchlichkeit nicht mehr vorhanden ist;
- der Steuersatz für die Entgelte der Vermögensverwaltung beträgt dann im Regelfall 19 %, soweit in der Vermögensverwaltung kein allgemeiner Steuerbefreiungstatbestand (§ 4 UStG, Anhang 5) greift (wie z. B. auf Zinsen § 4 Nr. 8 UStG; Vermietung von Gebäuden § 4 Nr. 12 UstG, Anhang 5);
- der Steuersatz für die ursprünglichen Zweckbetriebsumsätze beträgt ebenfalls 19 %, soweit keine allgemeine andere Steuerermäßigungsvorschrift in Betracht kommt.
- Die Haftungstatbestände für Zuwendungen (§ 10b Abs. 4 EStG, Anhang 10; § 9 Abs. 3 KStG, Anhang 3; § 9 Nr. 5 GewStG, Anhang 7) können ggf. greifen. Eine persönliche Haftung der Vorstandsmitglieder, u. U. gesamtschuldnerisch, (§ 44 AO, Anhang 1b) kann in Betracht kommen. D.h., es können Steuerhaftungsbescheide an ...