I. Allgemeines
Tz. 1
Stand: EL 137 – ET: 06/2024
Steuerbegünstigte Vereine gründen zur besseren Koordination ihrer Vorhaben (z. B. überörtliche Informationen, überörtliche Repräsentanz) Dach- bzw. Spitzenverbände, die oft selbst nicht unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgen. Bei einem Dach- bzw. Spitzenverband handelt es sich um den Zusammenschluss von mehreren selbständigen Vereinen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zieles. Nach § 57 Abs. 2 AO (Anhang 1b) wird ein Dach- oder Spitzenverband, in dem mehrere steuerbegünstigte Körperschaften zusammengefasst sind, den Körperschaften gleichgestellt, die ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgen. Der Verband muss allgemeine, aus der Tätigkeit der Mitgliedsvereine herrührende Interessen wahrnehmen.
Voraussetzung ist aber, dass sämtliche in dem Dachverband zusammengeschlossenen Vereine ihrerseits sämtliche Voraussetzungen für die Anerkennung als steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaften erfüllen (s. AEAO TZ 3 zu § 57 Abs. 2 AO, Anhang 2). S. "Gemeinnützigkeit".
Mitglieder des Verbandes können sowohl Vereine mit Rechtsfähigkeit (e. V.) als auch nichtrechtsfähige Vereine werden. § 57 Abs. 2 AO gilt aber nicht für Stiftungen oder Kapitalgesellschaften, die als Holding mehrerer gemeinnütziger GmbHs fungieren (vgl. hierzu § 57 Abs. 4 AO).
II. Der Dachverband übt die steuerbegünstigten Zwecke nicht unmittelbar selbst aus
Tz. 2
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Der BFH hat mehrfach die steuerliche Begünstigung gemäß § 57 Abs. 2 AO (Anhang 1b) versagt (s. BFH-Urteil vom 22.10.1971, BStBl II 1972, 204; s. BFH-Urteil vom 10.06.1974, BStBl II 1974, 664 betrifft eine Stadthalle, in der Kongresse stattfinden und s. BFH-Urteil vom 21.08.1974, BStBl II 1975, 121 betrifft einen Flughafen). Verliert nur ein Mitglied der Dach- oder Spitzenorganisation seine Steuerbegünstigung, so kann auch nachträglich die Steuerbegünstigung für den Dach- oder Spitzenverband aberkannt werden. Subjektive Unkenntnis des Dach- oder Spitzenverbandes steht der nachträglichen Aberkennung seiner Steuerbegünstigung grundsätzlich nicht entgegen.
Tz. 3
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Dach- und Spitzenverbände können sich vor derartigen Folgen dadurch schützen, dass sie die Zugehörigkeit der Einrichtung zum Verband von deren bestehender Steuerbegünstigung abhängig machen. Tritt also ein Verein einem Dachverband als Mitglied bei, hat dieser die Steuerbegünstigung durch Vorlage des durch die zuständige Finanzbehörde erteilten Freistellungsbescheids nachzuweisen. Verliert er die Steuerbegünstigung, wird die Mitgliedschaft im Dach- bzw. Spitzenverband automatisch beendet. Hierzu müssen in der Satzung des Dach- oder Spitzenverbandes entsprechende Regelungen enthalten sein. Es empfiehlt sich daher, eine Regelung wie folgt in die Satzung des Dach- oder Spitzenverbandes aufzunehmen:
"Die Mitgliedschaft im Dach- oder Spitzenverband ist von der Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit des aufzunehmenden Vereins abhängig. Sie endet, wenn bei einem Mitglied die steuerlichen Voraussetzungen der Steuerbegünstigung in der jeweiligen Fassung der §§ 51ff. AO nicht mehr erfüllt sind."
III. Der Dachverband übt die steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar selbst aus
Tz. 4
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Dach- und Spitzenverbände können wie andere Körperschaften steuerbegünstigt sein, wenn sie selbst unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgen. § 57 Abs. 2 AO (s. Anhang 1b) ist insoweit nicht anzuwenden.
Tz. 5
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Die bloße Mitgliedschaft einer nicht steuerbegünstigten Organisation im Dach- oder Spitzenverband ist für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung des Dach- oder Spitzenverbandes unschädlich, weil grundsätzlich jede natürliche oder juristische Person Mitglied einer steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft sein kann.
Die Körperschaft darf die nicht steuerbegünstigte Organisation aber nicht mit unentgeltlichen Dienstleistungen fördern (z. B. Zuweisung von Mitteln, Rechtsberatung etc.), ansonsten liegt ein Verstoß gegen die Mittelverwendung vor. Entgeltliche Dienstleistungen an die nicht begünstigen Vereine sind möglich, führen aber zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (s. AEAO zu § 57 AO TZ 3, Anhang 2).
IV. Abgaben an Dach- und Spitzenverbände
Tz. 6
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Die Abgaben, die von steuerbegünstigten Körperschaften an ihre Dach- und Spitzenverbände zu zahlen sind, stellen bei ihnen Ausgaben des ideellen Bereichs dar.
Diese Ausgaben können ertragsteuerlich weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben in anderen Tätigkeitsbereichen steuermindernd zum Abzug gelangen. Eine umsatzsteuerliche Würdigung scheidet aus, weil der Abfluss aus dem außerunternehmerischen Bereich erfolgt.
V. Zuschüsse
Tz. 7
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Zuschüsse, die von Dach- und Spitzenverbänden an die steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaften fließen und nicht für einen bestimmten Zweck bestimmt sind, sind im ideellen Bereich zu erfassen. Erfolgt eine Zweckbestimmung (z. B. für eine sportliche oder kulturelle Veranstaltung), ist eine Einordnung der Zuschüsse in den jeweiligen Tätigkeitsbereich vorzunehmen (hier: z. B. Zweckbetrieb). Grundlage für die Einordnungskriterien in den jeweil...